Rechtliches Tauziehen um Autobahn-Ladeinfrastruktur endet wohl erst 2025
Tesla und Fastned wollen bekanntlich nicht hinnehmen, dass das Quasi-Monopol von Tank & Rast und der Autobahn GmbH des Bundes an Autobahnraststätten auch auf das Schnellladen ausgedehnt wird. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ist deshalb seit Frühjahr 2023 eine Klage gegen die Autobahn GmbH anhängig. Von dem Urteil dürfte Signalwirkung ausgehen. Seit Monaten läuft der Ausbau von HPC-Ladern an Autobahnen schleppend, da die juristische Entscheidung als richtungsweisend gilt. Das ursprünglich für Ende Mai 2023 geplante Urteil in der Sache wurde bereits mehrfach vertagt: erst auf den 16. Juni 2023, dann auf unbestimmte Zeit, denn das OLG Düsseldorf hat den Fall „zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens“ an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) weitergereicht.
So weit, so bekannt. Die „F.A.Z.“ berichtet nun, dass die Autobahn GmbH Vorkehrungen für den Fall trifft, dass das Urteil zugunsten der beiden Kläger ausfällt. So soll die bundeseigene GmbH als Reaktion auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes der EU-Kommission, das an der Rechtmäßigkeit der mit Tank & Rast geschlossenen Vereinbarungen zweifelt, den Roll-out nun ganz eingefroren haben. Die Autobahn GmbH habe entschieden, bis zur rechtlichen Entscheidung die Vereinbarung mit Tank & Rast aus dem Jahr 2022 vorerst nicht weiter umzusetzen, so die „F.A.Z.“ Bisher soll es etwa 710 Ladepunkte mit mehr als 150 kW Leistung geben – geplant sind 2.500. Mit dem Stopp soll die Autobahn GmbH das Risiko einer teuren Rückabwicklung minimieren wollen. Auf Anfrage von electrive bestätigt Fastned die in dem Zeitungsbericht gemachten Angaben.
Auch auf den weiteren Zeitplan geht die „F.A.Z.“ in ihrem Bericht ein: „Derzeit wird damit gerechnet, dass der EuGH im Herbst 2024 sein Urteil fällen könnte. Dann muss noch das Oberlandesgericht Düsseldorf den Fall in der Sache entscheiden. Damit wird im Frühjahr 2025 gerechnet.“ Aktuell seien die Richter des EuGH dabei, Stellungnahmen in dem Verfahren einzuholen. Sollte sich die zeitliche Einschätzung bewahrheiten, verliert Deutschland ein weiteres Jahr beim wichtigen Schnellladenetzausbau für Pkw und Lkw. Darunter leidet die Langstreckentauglichkeit der Fahrzeuge. Im kommerziellen Bereich bremst dies den Hochlauf des elektrifizierten Straßengüterverkehrs auf der Fernstrecke aus.
Hintergrund des komplexen Rechtsstreits ist, dass mehr als 90 Prozent der Autobahnraststätten in Deutschland von Konzessionär Tank & Rast betrieben werden. Die Verträge gehen bis zur Privatisierung der Raststätten im Jahr 1998 zurück. Im Fokus der juristischen Auseinandersetzung steht ein von der Autobahn GmbH vor zwei Jahren an Tank & Rast vergebener Auftrag zum Aufbau von Schnellladern an den Raststätten. Tesla und Fastned klagten vor einem Jahr, da die Autobahn GmbH kein förmliches Vergabeverfahren eingeleitet hatte und sie ihrerseits Ladeparks an der Autobahn errichten wollen. Für Unmut soll zudem sorgen, dass der Bund seinem Konzessionär Tank & Rast die Stellflächen für Ladesäulen quasi kostenfrei überlassen habe.
Während sich Tesla zu dem Rechtsstreit nicht äußert, nimmt Fastned durchaus öffentlich Stellung – etwa im Sommer zur Weitergabe des Falls an den EuGH: „Auch wenn diese Vorlage an den Europäischen Gerichtshof prozessual erforderlich war, ist die hiermit verbundene, voraussichtliche Verlängerung der Entscheidungsdauer ein nicht von uns verfolgter Zweck und bringt auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht voran. Wir hoffen daher, dass Ministerium und Autobahn GmbH die nötigen Schlüsse ziehen, um einen zügigen, wettbewerblichen Ausbau der dringend benötigten Schnellladeinfrastruktur zu gewährleisten“, teilte Fastned im vergangenen Juni mit. Man wolle erreichen, dass Wettbewerb an deutschen Autobahnen herrsche und der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur beschleunigt werde. „Nur dies wird letztlich zum bestmöglichen Ladeerlebnis für alle E-Mobilist:innen führen“, ergänzte der niederländische Anbieter.
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