USA: OEMs müssen CO2-Flottenemissionen bis 2032 um 49 % senken
Die großen Hersteller der USA verlangsamen bekanntlich ihr Elektrifizierungstempo. Das hat auch Einfluss auf die Gesetzgebung in Washington. Die US-Umweltschutzbehörde EPA schraubt die Emissionsvorgaben für Pkw und Transporter bis 3,8 Tonnen zu Beginn des im Fokus stehenden Sechs-Jahres-Zeitraums in der endgültigen Fassung der Vorgaben gegenüber den Entwürfen zurück, behält aber das Ziel für 2032 fast eins zu eins bei. Sie gewährt den Herstellern also anfangs mehr Flexibilität beim Antriebsmix, fordert aber zum Ende dennoch fast in Gänze die zuvor in Aussicht gestellte Senkung bei den CO2-Flottenemissionen.
Der ursprüngliche EPA-Vorschlag für den Zeitraum 2027 bis 2032 sah vor, dass die Automobilhersteller bis 2030 einen E-Anteil von 60 Prozent und bis 2032 von 67 Prozent an ihrer Neufahrzeugproduktion anstreben sollten, um die strengeren Emissionsanforderungen zu erfüllen. Konkret hieß es in einem im April 2023 von der EPA veröffentlichten Entwurf, dass die Emissionen neuer Pkw und Transporter (Originalbegriff: „Light-duty vehicle fleet“) der Autohersteller bis 2032 insgesamt um 56 Prozent (gegenüber 2026) sinken müssten, was nur mit den oben genannten Elektroauto-Anteilen möglich gewesen wäre.
Hintergrund ist, dass die EPA zwar keine jährlichen Verkaufsquoten festlegt, sie aber unter dem Clean Air Act die Verschmutzung begrenzen kann, die durch die Gesamtzahl der verkauften Fahrzeuge eines Herstellers entsteht. Diese Grenze kann die EPA so setzen, dass sie nur mit einem bestimmten Prozentsatz an emissionsfreien Fahrzeugen erreicht werden kann.
2032 sinkt Grenzwert auf 85 Gramm CO2 pro Meile
In der nun in Kraft tretenden Fassung sollen die Emissionen bis 2032 nicht mehr um 56 Prozent, sondern noch um 49 Prozent gegenüber dem Stand von 2026 sinken. Konkret sehen die Vorgaben vor, dass Hersteller 2027 unter einem Flottengrenzwert von 170 Gramm CO2 pro Meile (im Entwurf zuvor: 152 g/Meile) bleiben müssen. Bis 2032 werden die Vorgaben schrittweise strenger und münden 2032 in der Vorgabe von 85 Gramm pro Meile (anstelle von ursprünglich 82 g/Meile). Neben CO2-Einsparungen verlangen die Vorschriften von den OEMs auch eine deutliche Senkung der Stickoxid- und Feinstaubemissionen.
Die EPA betont, dass die neuen Vorgaben nicht eine bestimmte Antriebsart vorschreiben, sondern die Hersteller von Pkw und Transportern technologieoffen entscheiden können, wie sie die maßgeblichen CO2-Flottengrenzwerte erreichen – jedenfalls theoretisch. Die US-Umweltschutzbehörde geht nämlich davon aus, dass die Vorschriften dazu führen werden, dass zwischen 2030 und 2032 eine Bandbreite von 30 bis 56 Prozent des Neuwagen-Absatzes elektrisch sein muss, um die Ziele umzusetzen. Zur Erinnerung: Zuvor wurden 60 Prozent für 2030 und 67 Prozent für 2032 angestrebt.
Ebenfalls die CO2-Flottengrenzwerte hat die EPA übrigens für Fahrzeuge der US-Klassen 2b und 3 festgelegt, in die u. a. Pickups und Transporter mit zulässigem Gesamtgewicht von 3,8 bis 6,3 Tonnen fallen. Die neuen „Medium-duty vehicle Standards“ starten 2027 bei 488 Gramm CO2 pro Meile und ziehen sukzessive an bis zu einem Wert von 274 CO2 pro Meile im Jahr 2032.
EPA-Administrator Michael Regan wird bei „Reuters“ dahingehend zitiert, dass die neuen Regeln für die Pkw und Transporter unter 3,8 Tonnen die gleichen Treibhausgasreduktionen erzielen würden wie der ursprüngliche EPA-Vorschlag für eine weitaus aggressivere Umstellung auf Elektrofahrzeuge: „Lassen Sie mich deutlich sagen, dass unsere endgültige Regelung die gleiche, wenn nicht sogar eine höhere Reduzierung der Umweltverschmutzung bewirkt. Wir haben die Standards technologieneutral und leistungsbasiert gestaltet, um den Herstellern die Flexibilität zu geben, die für ihre Kunden am besten geeignete Kombination von Emissionsminderungstechnologien zu wählen.“
An den Anpassungen lässt sich die aktuelle Entwicklung in den USA ablesen, die von einer Abkühlung der Elektroauto-Euphorie gekennzeichnet ist: Ford macht mit seiner Elektrosparte hohe Verluste und schwächt seine E-Roadmap ab. Auch General Motors hat angesichts der mageren Nachfrage Produktionsanläufe von E-Autos nach hinten verlegt. In einem „Reuters“-Bericht von Februar hieß es, die Automobilhersteller und die Gewerkschaft United Auto Workers hätten die Regierung Biden gedrängt, den geplanten Anstieg des Verkaufs von Elektrofahrzeugen zu verlangsamen. „Sie sagen, dass die Elektroauto-Technologie für viele Verbraucher in den USA noch zu teuer ist und dass mehr Zeit für die Entwicklung der Ladeinfrastruktur benötigt wird“, so der Bericht.
Die Alliance for Automotive Innovation (AAI), eine Handelsgruppe, in der unter anderem GM, Ford, Stellantis, Toyota und Volkswagen organisiert sind, hatte den ursprünglichen EPA-Vorschlag bereits 2023 als „weder vernünftig noch erreichbar“ bezeichnet. Im vergangenen Jahr machten Elektrofahrzeuge in den USA etwa 8 Prozent der Verkäufe aus. Nach der jetzigen Veröffentlichung der EPA-Vorschriften äußert sich John Bozzella, Präsident und CEO der Alliance for Automotive Innovation, wie folgt: „Tempo ist wichtig. Die Abschwächung des Tempos der Einführung von Elektrofahrzeugen in den Jahren 2027, 2028, 2029 und 2030 war die richtige Entscheidung, weil sie vernünftigen Elektrifizierungszielen in den nächsten (sehr kritischen) Jahren des Übergangs zu Elektrofahrzeugen Vorrang einräumt.“ Die angepassten EV-Ziele („die immer noch ein Stretch-Ziel sind“) gäben dem Markt und den Lieferketten die Chance, sich zu fangen. „Sie verschaffen Zeit, um mehr öffentliche Ladestationen in Betrieb zu nehmen und die industriellen Anreize und Maßnahmen des Inflationsbekämpfungsgesetzes wirken zu lassen“, so Bozzella.
Reaktionen der größten OEMs
Ford, GM und Stellantis geben auch jeweils eigene Statements ab. „Wir schätzen die Bemühungen der EPA und die Zusammenarbeit bei der Verschärfung der Standards für Treibhausgasemissionen, die den Realitäten des Übergangs zu Elektrofahrzeugen Rechnung tragen“, so Ford. Die endgültige Regelung der Behörde sei ehrgeizig und anspruchsvoll, und um die Anforderungen zu erfüllen, bedürfe es einer engen öffentlich-privaten Zusammenarbeit. „Ford wird auch weiterhin die Emissionen senken und seinen Kunden eine große Auswahl an Hybrid-, Plug-in-Hybrid- und vollelektrischen Fahrzeugen bieten, die hochfunktional sind und Spaß beim Fahren machen – einschließlich Amerikas meistverkaufter Hybrid- und vollelektrischer Lkw.“
General Motors beteuert, die Ziele der endgültigen EPA-Regelung und die Absicht, die Emissionen deutlich zu reduzieren, zu unterstützen. „Wir glauben, dass unsere Verpflichtungen und Investitionen in eine vollelektrische Zukunft GM in eine ausgezeichnete Position versetzen, um zu den Zielen der endgültigen Regelung beizutragen, auch wenn dies eine Herausforderung darstellt. Während wir die Details prüfen, ermutigen wir die US-Bundesregierung und das California Air Resources Board zur weiteren Koordination, um sicherzustellen, dass die Automobilindustrie erfolgreich auf die Elektrifizierung umsteigen kann.“
Auch dem Stellantis-Konzern heißt es, die Elektrifizierung sei für die eigene Vision „Dare Forward“ von entscheidender Bedeutung. „Dazu gehört auch die echte Verpflichtung, unseren Kunden ein kompromissloses Fahrerlebnis zu bieten, das auch der Umwelt zugutekommt. Während die Ziele für spätere Jahre weiterhin aggressiv sind, verbessert die endgültige Regelung den Vorschlag, indem sie die erwartete Entwicklung der Marktnachfrage und der entsprechenden Infrastruktur besser widerspiegelt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die künftigen Vorschriften mit diesem Vorschlag in Einklang gebracht werden, damit die US-Hersteller ein einheitliches Regelwerk einhalten können.“
insideevs.com, reuters.com, epa.gov, epa.gov (PDF), epa.gov (Reaktionen)
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