Dataforce-Studie: E-Autos sorgen für mehr Markenvielfalt im Fuhrpark
In vielen Unternehmensflotten geht es nicht gerade divers zu. Die Dienstwagen-Policy schränkt ohnehin auf einige wenige Hersteller ein und macht dann oftmals noch weitere Vorgaben zu Lackfarbe und gewissen Ausstattungen. Mit Blick auf den Restwert sind allzu knallige Farben tabu und auch beim Antrieb zählten bisher vor allem Kosten und Wiederverkaufswert. Jeder kennt sie, die silbernen oder schwarzen Dienstwagen-Klassiker.
Was aber tun, wenn Vorstand und Fuhrparkmanagement den Umstieg auf Elektroautos beschließen, der Hoflieferant aber keine passenden Modelle im Angebot hat? Wie die Dataforce E-Mobilitätsstudie 2024 zeigt, fehlt es mehr als der Hälfte der Kunden an Auswahl bei den BEV-Modellen, vor allem in kleineren Segmenten. Auszüge der Studie hatte Michael Gergen, Senior Customer Services Specialist bei Dataforce, bereits im Februar bei unserer Online-Konferenz electrive LIVE vorgestellt.
Für die Studie wurden aktuelle Neuzulassungsdaten sowie die Daten der Fuhrpark-Datenbank „FleetBase“ für den Zeitraum Januar 2023 bis Januar 2024 mit 23.400 deutschen Flotten ausgewertet. Zusätzlich wurden die Ergebnisse einer Onlinebefragung von 450 Fuhrparkverantwortlichen, davon 350 mit BEV im Bestand, und 700 Privatpersonen, davon 500 BEV-Fahrerinnen und -Fahrer, analysiert – die ist relevant für die Aussagen, wie die Marktentwicklung eingeschätzt wird. Von den befragten Flottenmanagern gaben 61 Prozent an, dass die Auswahl von BEV-Modellen „nicht ausreichend“ sei, 39 Prozent sind bereits jetzt zufrieden.
Eine weit verbreitete Lösung für das Modell-Problem: Es werden Autos von anderen Herstellern als bisher in die Auswahl genommen. Laut der Studie haben immerhin 43,5 Prozent der Unternehmen bei der Anschaffung von vollelektrischen Autos ihr Markenportfolio erweitert und neue Hersteller in die Dienstwagen-Policy aufgenommen.
„Nicht überraschend“ sei, dass Tesla am häufigsten von der Einführung vollelektrischer Pkw in Flotten profitiert, so Dataforce. Mit 30 Prozent führt der reine Elektrohersteller das Top-3-Ranking der neu eingeführten Marken an. Nach Modellen wird an dieser Stelle nicht aufgeschlüsselt, aber alleine anhand der bekannten Zulassungszahlen lässt sich vermuten, dass das Model Y hier eine wichtige Rolle gespielt haben dürfte. Bei Tesla wird allerdings interessant zu beobachten, wie sich dieses Ergebnis in der Dataforce-Studie 2025 entwickelt – denn bekanntlich trennen sich erste Unternehmen wie SAP wieder von ihren Teslas oder bestellen keine weiteren nach.
Danach schafft es die Marke Hyundai „mit ihrem breiten Angebot an 800-Volt-Modellen in 16 Prozent dieser Flotten Fuß zu fassen“. Gemeint sind also der Model-Y-Konkurrent Ioniq 5 und die Limousine Ioniq 6. Gerade mit letztgenanntem Modell sind aufgrund des niedrigen Verbrauchs und der kurzen Ladezeiten längere Strecken ohne große Zeitverluste möglich. Auch Renault hat von der frühen Einführung des erschwinglichen Zoe profitiert und konnte in neun Prozent der Flotten neu einziehen.
Mit dem Zoe konnten die Franzosen lange Zeit das Feld der elektrischen Kleinwagen fast alleine bespielen, bis etwa die Stellantis Stromer von Opel und Peugeot kamen. Nach dem Auslaufen des Zoe soll der neue Renault 5 hier anknüpfen, ein noch günstigerer Kleinwagen in Form des Twingo Electric ist angekündigt – aber eben noch nicht auf dem Markt. Bei der Konkurrenz sieht es nicht anders aus, der VW ID.2 samt Schwestermodellen kommt 2025/2026, noch günstigere E-Modelle ab 20.000 Euro sollen noch später kommen – eventuell auch in Partnerschaft mit Renault.
Dass viele gewerbliche Kunden und auch Privatkäufer derartige Modelle gerne bereits jetzt bestellen würden, wird aus der Dataforce-Studie klar: Besonders bei den Kleinwagen sowie in der Kompakt- und Mittelklasse wird die begrenzte Modellauswahl bei den Elektroautos bemängelt. Das betrifft besonders große Flotten. Fast drei Viertel (74 Prozent) der großen Flotten mit 50 oder mehr Pkw bewerten die derzeitige Auswahl an BEVs in Pkw-Segmenten als „nicht groß genug“.
Flottenmarkt mit der Praxis-Reichweite unzufrieden
In einem Punkt sind sich Privat- und Gewerbekunden einig: Nur den Wenigsten fehlt es dabei auch am Elektro-Angebot in der Oberklasse oder bei SUV. „Dahinter steht auch sicher das Bedürfnis nach erschwinglicheren vollelektrischen Modellen in beiden Märkten“, folgert Dataforce.
Unterschiede zwischen diesen beiden Kundengruppen gibt es aber bei den Ansprüchen an die Reichweite: Die befragten Fuhrparkverantwortlichen sind zu 73 Prozent mit der BEV-Reichweite in der Praxis nicht zufrieden. Im Privatmarkt sind es laut der Umfrage nur 41 Prozent, hier ist mit 59 Prozent die Mehrheit zufrieden.
Wenn es zu Unzufriedenheit kommt, sind laut Dataforce die Kunden „nicht selten“ enttäuscht von den Abweichungen zwischen der Reichweite, die der Hersteller angibt und der tatsächlichen Reichweite. „50 Prozent der Privatkunden und 81 Prozent der Gewerbekunden gaben an, dass ihre Elektro-Pkw bei der Reichweite in der Praxis nur 80 Prozent oder weniger der Herstellerangabe erreichen. Dabei wäre die Mehrzahl der Fuhrparkleiterinnen und -leiter bereits mit einer Reichweite von etwa 500 km pro Batterieladung zufrieden“, heißt es in der Mitteilung.
Nicht nur Wechsel zu ausländischen Marken
Übrigens wurde bei der jüngsten Ausgabe von electrive LIVE zur eMobility im Fuhrpark auch klar, dass nicht nur ausländische Hersteller als „neue“ Marken in die Flotte aufgenommen werden, auch der eMobility-bedingte Wechsel von einer deutschen Marke zur anderen kommt vor. Die Firma OMS Prüfservice hat bei 625 Mitarbeitenden 556 Autos in der Flotte – die allermeisten davon rein elektrisch. Auch hier war das Angebot des langjährigen Lieferanten aus München für das eigene eMobility-Vorhaben nicht passend. „Früher waren wir bekannt als die ‚netten, blauen Prüftechniker, die in weißen BMWs‘ unterwegs waren“, sagt Alfonso Manrique aus der Zentrale der OMS Group. „Heute sind wir die ‚netten, blauen Prüftechniker, die in weißen Elektroautos‘ unterwegs sind.“ Und die kommen jetzt vom VW-Konzern.
2024 gehen die letzten Verbrenner aus der OMS-Flotte, im Laufe dieses Jahres wird es komplett elektrisch. Auch wenn der zuständige Fuhrparkmanager Markus Baur hierfür die passenden Modelle gefunden hat, heißt das nicht, dass er mit der Modellauswahl komplett zufrieden ist. So sind jetzt SUV-Modelle wie der VW ID.4 oder Skoda Enyaq für OMS im Einsatz. „Die SUV sind etwas zu groß und jedes Ersatzteil kostet mehr. Für uns wäre ein Golf Variant Elektro oder Sokda Octavia Elektro optimal gewesen. Das gab es auf dem Markt nicht, also mussten wir Kompromisse eingehen“, so der Flottenmanager. Aber auch das zeigt die OMS-Erfahrung: Bereits heute ist der E-SUV im Flotteneinsatz günstiger als der Diesel-Kombi.
Quelle: Info per E-Mail
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