Rowland und Wehrlein gewinnen Formel-E-Rennen in Misano

Bei der Formel-E-Premiere im italienischen Misano hat Nissan-Werksfahrer Oliver Rowland das Rennen am Samstag und Porsche-Pilot Pascal Wehrlein jenes am Sonntag gewonnen. Zwar hat in beiden Rennen ein Porsche die Ziellinie als Erster überquert – am Samstag wurde Antonio Felix da Costa aber disqualifiziert.

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Bild: Porsche

Bisher hatte die Formel E ihre bisherigen Italien-Rennen in der Hauptstadt Rom ausgetragen. Da es an der Streckenführung bereits in der Vergangenheit Kritik der Fahrer gab und die Strecke selbst auch 2023 einen schweren Unfall begünstigt hat, ist die Elektro-Rennserie für 2024 auf die permanente Rennstrecke Misano an der Adria-Küste umgezogen.

Da die permanente Rennstrecke – wenn auch für die Formel E etwas verkürzt und mit einer zusätzlichen Schikane versehen – deutlich schneller ist als die üblichen Stadtkurse mit 90-Grad-Kurven und Spitzkehren, war bereits im Vorfeld klar, dass es bei der Misano-Premiere wieder stark auf das Energiemanagement ankommen wird. Sprich: In der ersten Rennphase wird möglichst viel Energie gespart, um dann in einem Schlussspurt möglichst weit vorne zu landen.

So kam es dann auch: Die ersten zwei Drittel des Rennens wollte de facto kein Fahrer die Führung übernehmen und den anderen Autos einen energiesparenden Windschatten geben. Da die Fahrer in dieser Phase des Rennens aber auch nicht zu weit zurückfallen wollen, kommt es im Pulk regelmäßig zu kleineren Kollisionen bei den Platzkämpfen. Opfer beim Samstagsrennen waren zum Beispiel die beiden Meisterschafts-Favoriten Pascal Wehrlein im Porsche und Nick Cassidy im Werks-Jaguar sowie Brasilien-Rennsieger Sam Bird im McLaren-Nissan, die alle nach Beschädigungen ausfielen oder nach Reparatur-Boxenstopps ans Ende des Feldes zurückfielen und außerhalb der Punkteränge ins Ziel kamen. Um die Unterschiede zwischen der Energiespar-Phase und dem Endspurt zu verdeutlichen: Anfangs lagen die Rundenzeiten bei etwa 1:26 Minuten, im Endspurt lagen die besten Zeiten im 1:19er Bereich.

In der Endspurt-Phase im Samstagsrennen hatte sich Wehrleins Teamkollege Felix Antonio da Costa am besten positioniert und genau die richtige Menge Energie für seinen Angriff gespart. Der Portugiese, der nach schwachem Saisonbeginn bereits in der Kritik stand, gab mit seinem (vermeintlichen) Sieg am Samstag die richtige Antwort. Im Rahmen einer technischen Kontrolle des Automobil-Weltverbandes FIA verlor er diesen jedoch nachträglich – der da Costa wurde disqualifiziert. Grundlage dafür ist laut den Stewards eine Feder am Strompedal von Felix da Costas 99X, die sich nicht im Einklang mit dem Reglement befunden habe. Genau genommen wurde eine Feder aus den alten Gen2-Rennwagen verbaut. Mit dem Wechsel auf die Gen3-Rennwagen hat der Einheits-Chassis-Lieferant Spark diese Feder zwar nicht geändert, für die Saison 2024 ist diese Feder aber nicht mehr auf der Liste der erlaubten Teile geführt. Sprich: Da Costa hatte keinen technischen Vorteil, formal war aber ein illegales Teil verbaut. Das Formel-E-Team von Porsche erklärte kurz nach Verkündung der Disqualifikation die Absicht, gegen die Entscheidung der FIA Berufung einzulegen, und evaluiert seitdem weitere Schritte – dafür hat Porsche 96 Stunden Zeit.

Daher wird vorbehaltlich des Porsche-Protests der Nissan-Pilot Oliver Rowland als Sieger des Samstags-Rennens geführt. Der Brite stand bereits in den vergangenen Formel-E-Rennen auf dem Podest und hat seine Form auch in Misano eindrucksvoll bestätigt. Mit dem Rennsieg übernahm Rowland auch die Führung in der Meisterschaft. Als Zweiter wurde Weltmeister Jake Dennis im Kunden-Porsche des Andretti-Teams gewertet, Dritter ist derzeit Maximilian Günter im Maserati. Günther ist somit erneut der beste Stellantis-Pilot. Im Fokus stand aber Rowland, für den es erst der zweite Formel-E-Sieg war – und der erste für das Nissan-Werksteam überhaupt.

Rowland hätte am Sonntag das Wochenende für das lange Zeit gebeutelte Team perfekt machen können, denn er lag bis zur letzten Rennrunde in Führung. Der Weltverband hatte das Sonntagsrennen mit 26 Runden etwas kürzer angesetzt, um bei der Energie-Strategie keine Kopie des 28-Runden-Rennens vom Samstag zu werden. Am Sonntag hatten sich zum Ende der Energiespar-Phase Rowland und Wehrlein vom Rest des Feldes ein wenig abgesetzt. Bereits fünf Runden vor Schluss sah es so aus, als ob Rowland zwei Prozent weniger Energie im Akku hat als Wehrlein – später verschwand diese Differenz aber, obwohl sich Rowland über eine Sekunde von seinem deutschen Verfolger absetzte.

Doch wie sich in der letzten Runde herausstellte, gab es die Differenz immer noch – aus noch unbekannten Gründen wurde sie im System aber nicht mehr angezeigt. Rowland und sein Team gingen anhand der Daten davon aus, noch genügend Energie bis zum Ziel zu haben. Tatsächlich ging der sicher geglaubte Sieg verloren, als Rowlands Nissan auf den letzten Kilometern ausrollte. Nissan selbst spricht nur von einem „technischen Datenproblem“. Wehrlein erbte kampflos den Rennsieg und übernahm damit wieder – ausgerechnet von Rowland – die Führung in der Meisterschaft. Wehrlein und Weltmeister Dennis (der auch am Sonntag Zweiter wurde), haben derzeit beide 89 Punkte auf dem Konto – da Wehrlein in dieser Saison schon zwei Rennen gewonnen hat und Dennis nur eines, wird Wehrlein als erster geführt. Mit 80 Punkten folgt Rowland auf Platz drei vor Jaguar-Werkspilot Nick Cassidy (76 Punkte), der am Sonntag hinter Wehrlein und Dennis Dritter wurde.

In der Teamwertung führt Jaguar (128 Punkte) vor Andretti-Porsche (112 Punkte) und dem Porsche-Werksteam (109 Punkte). Sollte sich Porsche aufgrund der Disqualifikation vom Samstag zu einem Protest entscheiden, könnten sich hier noch nachträglich Änderungen ergeben. Das gilt auch für Nissan auf Platz 4 mit 100 Punkten.

Das nächste Formel-E-Rennen findet am 27. April in Monaco statt.

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