Ampel-Parteien heben CO2-Sektorziele auf
Dass die Ampel-Koalition die einzelnen Sektorziele abschaffen will, war schon das Ergebnis mehrtägiger Verhandlungen im März 2023. Bereits damals hatte das FDP-geführte Verkehrsministerium die Ziele für 2022 deutlich verfehlt. Da auf dem Koalitionsgipfel aber nur die grundsätzliche Einigung erzielt wurde, aber nicht die Details der Reform ausgehandelt wurden, wurde das Vorhaben in über einem Jahr bisher nicht in den Bundestag zur Abstimmung eingebracht.
Nachdem Anfang dieser Woche bekannt wurde, dass der Verkehrssektor auch 2023 12,8 Millionen Tonnen CO2 zu viel ausgestoßen hat, wurden die monatelangen Verhandlungen überraschend schnell zu Ende gebracht: Die starren Sektorziele, die bisher im Klimaschutzgesetz vorgesehen sind (und bei einem Verfehlen innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm erfordern), sollen für die Bereiche Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und den Abfallsektor abgeschafft werden.
Mit dem Beschluss soll laut der Koalition auch der Weg für das geplante Paket zur Solarförderung frei sein. Und die von Bundesverkehrsminister Volker Wissing am Wochenende als Drohkulisse ins Spiel gebrachten Wochenend-Fahrverbote sind nach nur wenigen Tagen wieder vom Tisch. „Durch die Abschaffung der jährlichen Sektorziele im Klimaschutzgesetz ist sichergestellt, dass es keine Fahrverbote geben wird“, bestätigt FDP-Vizefraktionschef Lukas Köhler.
SPD-Vizefraktionschef Matthias Miersch betont, dass durch die Novelle „kein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden“ dürfte. Da mit der Reform die Regierung erstmals dazu verpflichtet werden soll, auch für den Zeitraum von 2030 bis 2040 Klimaschutzmaßnahmen aufzustellen, spricht Julia Verlinden von der Grünen-Fraktion von einem „starken Update“ des Klimaschutzes, „das ihn fit macht für die nächsten 20 Jahre auf Deutschlands Weg zur Klimaneutralität“.
Umweltverbände hatten bereits im Vorfeld das Vorhaben als Aufweichung des Gesetzes kritisiert, da gerade im problematischen Verkehrssektor nicht genügend Einsparungen erzielt werden und mit der Novelle Verbindlichkeit verloren gehe. Wie Deutschland aber sein im Gesetz weiterhin verankertes Ziel von mindestens 65 Prozent CO2-Reduktion zu 1990 erreichen will, wenn ein großer Sektor wie der Verkehr nicht ausreichend mitzieht, ist derzeit offen.
Update 29.04.2024: Der Bundestag hat die Novelle des Klimaschutzgesetzes verabschiedet, mit der wie oben berichtet die CO2-Einsparziele für die einzelnen Sektoren wie den Verkehrsbereich entfallen. Bei der Abstimmung im Parlament stimmten die Abgeordneten der Ampel-Parteien für die Neuregelung, die Opposition geschlossen dagegen.
„Die Klimaschutzpolitik wird damit vorausschauender, flexibler und dadurch effizienter. Entscheidend ist: Die Klimaschutzziele und die festgelegten jeweiligen Jahresemissionsmengen bleiben unverändert bestehen. Durch die Reform darf nicht eine Tonne mehr CO2 ausgestoßen werden als mit dem bisherigen Gesetz“, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die CDU sprach hingegen von einer „Entkernung des Klimaschutzgesetzes“ und einem Rückschritt für den Klimaschutz. Ein CDU-Abgeordneter hatte sogardas Bundesverfassungsgericht angerufen, um die Abstimmung im Plenum zu verhindern – das Gericht wies den Eilantrag allerdings ab.
Beschlossene Sache ist die Novelle aber noch nicht: Nun muss noch der Bundesrat zustimmen.
spiegel.de, zeit.de, gruene-bundestag.de, tagesschau.de, bmwk.de (beide Update)
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