CAM-Studie: Deutschland verliert Position als europäischer E-Leitmarkt

Das Center of Automotive Management (CAM) hat seine neue Analyse zu den globalen Markttrends der Elektromobilität vorgestellt. In einer herausfordernden Marktlage nimmt die Wettbewerbsintensität zu – rund um den Globus.

Bild: BYD

Kurz zur Ausgangslage: Im ersten Quartal 2024 wurden in China, Europa und USA zusammen 1,75 Millionen BEV (+11 Prozent) und rund 1,1 Millionen PHEV (+52 Prozent) neu zugelassen. China leistet hierzu mit einer Million BEV und 740.000 PHEV den größten Beitrag. Es wurde also mehr als jedes zweite Elektroauto in China neu zugelassen. Mit genau 1,026 Millionen BEV konnte China das Vorjahresergebnis von 895.000 Elektroautos übertreffen, das Wachstum hat sich aber verlangsamt. Die Plug-in-Hybride konnten dort aber deutlich von 423.000 Einheiten im Q1 2023 auf 742.000 Fahrzeuge zulegen – bei den PHEV kamen also 67,5 Prozent aller Neuzulassungen im Q1 aus China.

In Europa hat sich das Wachstum noch deutlicher verlangsamt als in Fernost: Die BEV-Registrierungen stiegen auf Jahressicht von 433.000 auf 460.000 Fahrzeuge, bei den PHEV ging es von 228.000 Einheiten auf 260.000 Fahrzeuge nach oben. Einer der Gründe hierfür ist die Lage in Deutschland, wo nach dem überraschenden, vorzeitigen Ende der Kaufprämie die Nachfrage zum Jahresauftakt geringer ausfiel.

In der Folge hat Deutschland mit noch 81.000 BEV (-14 Prozent) seine Spitzenposition als europäischer Elektro-Leitmarkt nach Neuzulassungen an das Vereinigte Königreich verloren. Dort kamen im ersten Quartal 84.000 Elektroautos neu auf die Straße, was einem Wachstum von elf Prozent entspricht. Und Deutschland muss aufpassen, bei der Wachstumsdynamik im zweiten Quartal nicht direkt weiter auf Platz drei abzurutschen: Frankreich folgt mit 80.000 BEV (+24 Prozent) nur noch mit geringem Abstand. „Selbst wenn man die PHEV hinzurechnet, liegt das Vereinigte Königreich mit 127.000 Neuzulassungen knapp vor Deutschland mit 126.000 EVs und Frankreich mit 119.000 EVs“, so das CAM.

Fehlt noch der Blick nach Nordamerika: Dort haben die BEV- und PHEV-Zulassungen ebenfalls nur leicht zugelegt. Die vollelektrischen Pkw kamen auf 265.000 Einheiten (Q1 2023: 250.000 Fahrzeuge), die Teilzeit-Stromer legten von 50.000 auf 85.000 Registrierungen zu. Insgesamt ergibt sich in den USA eine geschätzte E-Quote von 9,3 Prozent, während es in Europa 20,9 Prozent aller Neuzulassungen sind. Den deutlichsten Sprung machte immer noch China von 30,9 Prozent im Vorjahr auf jetzt 36,6 Prozent.

Diese Wachstumsdynamik hat natürlich auch Folgen für die Zahlen der Hersteller, die aus deren Einzel-Publikationen bereits bekannt sind: Der BEV-Marktführer Tesla verzeichnet ein reduziertes Absatzvolumen von 387.000 Pkw (-9 Prozent) und selbst BYD meldet trotz signifikanter Preissenkungen nur eine Steigerung um 13 Prozent auf 300.000 BEV. Unter den deutschen Herstellern weist BMW (+28 Prozent) das stärkste Wachstum auf. Die VW Group (-1 Prozent) und Mercedes-Benz (-7 Prozent) müssen stattdessen Volumeneinbußen hinnehmen. „Für das Gesamtjahr 2024 rechnet das Center of Automotive Management (CAM) aufgrund der angespannten Lage mit etwa 10 Millionen BEV (+11 Prozent), davon knapp 6 Millionen in China, 2,3 Millionen in Europa und rund 1,3 Millionen in den USA“, heißt es in der Mitteilung.

Während die beiden ersten Plätze im Hersteller-Ranking mit Tesla und BYD unverändert bleiben, dürfte es dahinter eine Änderung gegeben haben: VW wird vom CAM mit seinem leicht rückläufigen E-Absatz von 136.000 Einheiten nur noch auf Platz 4 geführt. Der Grund ist SAIC, das selbst einen Absatz von 210.000 New Energy Vehicles (BEV, PHEV und FCEV) vermeldet hat. Das CAM schätzt, dass davon 150.000 Einheiten Batterie-elektrische Autos sind, was nach 133.000 EInheiten im Vorjahr bedeutet, dass SAIC vor seinem Joint-Venture-Partner aus Deutschland liegt. Bei der VW Group sei der nach wie vor niedrige Elektro-Anteil von sieben Prozent bedenklich, so das CAM. Zum Vergleich: Bei Tesla sind es logischerweise 100 Prozent, bei BYD 48 Prozent, SAIC kommt auf geschätzte 32 Prozent und auch Geely auf Platz 5 mit 130.000 BEV kommt auf 20 Prozent Elektro-Anteil.

Das CAM verweist auch auf die regional unterschiedlichen Entwicklungen und meint damit nicht nur Deutschland. In den USA ist zwar Tesla nach wie vor der dominierende Hersteller, der Tesla-Anteil aller Neuzulassungen ist innerhalb eines Jahres aber von 62 und 55 Prozent gesunken. Hinzu kommt, dass auch in den USA Plug-In-Hybride verstärkt als Alternative zum vollelektrischen Antrieb angesehen werden. Einige Hersteller, darunter auch die einheimischen Konzerne Ford und GM, haben ihre BEV-Pläne zugunsten von PHEV nach hinten korrigiert – auch wenn die Hybride aktuell nur auf ein überschaubares Zulassungsniveau kommen.

„Der Hochlauf vollelektrischer Pkw ist in einer kritischen Übergangsphase und gerät in vielen Teilen der Welt zugunsten von Verbrenner- und Hybrid-Technologien (z.B. PHEVs) ins Stocken. Diese Entwicklung kann angesichts der omnipräsenten klimatischen Bedrohungslage sowie der politischen Diskussion über eine Verschiebung von Emissionszielen als alarmierend eingestuft werden“, sagt Studienleiter Stefan Bratzel. „Was wir jetzt brauchen, ist eine Wiederbelebung der Märkte mit technologisch ausgereiften und preislich attraktiven Modellen. Nur so lassen sich schwierige Käuferschichten ohne Early-Adopter-Mindset dauerhaft überzeugen. Diese existieren bereits und stammen immer häufiger aus chinesischen Werken, was der hiesigen Industrie zu denken geben sollte.“

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7 Kommentare

zu „CAM-Studie: Deutschland verliert Position als europäischer E-Leitmarkt“
Andreas- Michal Reinhardt
16.04.2024 um 18:06
Wenig überraschend, dass Deutschland sein eines Ziel europäischer Leitmarkt Elektromobilität verliert. Vielleicht 1 bis 2 Jahre zu früh. Aber absehbar, denn die NPE hatte vor Jahren schon debattiert, was wann unter welchen Bedingungen passieren und entschieden werden muss, damit....Das hat auch wenig mit der Bundesregierung unter Merkel und jetzt unter Scholz zu tun. Eher was mit falschen Entscheidungen in Automobilindustrie ( Preissegment BEV) und Fehleinschätzungen über China und Bedeutung Akku und E- Motoren...
erFahrer
17.04.2024 um 07:31
Vielen Dank für die facettenreiche Aufbereitung der Daten. Bin gespannt. Nach diesen Aussagen müssten der C3 und der R5 dieses Jahr so richtig Bewegung in den EU-Markt bringen. Wie wäre es denn die Preise an den Ladesäulen wieder von „Abzocke“ auf „ladefreundlich“ umzustellen. Wie wäre es denn wenn IONITY endlich Insolvenz anmeldet und die EU-Autoindustrie sich dort auf einen „Ladeneustart“ einigt. Doch ggf. kommt der Schwung aus einer anderen Richtung- Erdölreserven- Es geht schneller zuende mit jedem zusätzlichen Verbrenner.
Robert
17.04.2024 um 07:31
"Deutschland verliert Position als europäischer E-Leitmarkt" das dürfte bei unserer Politk und dem Dauergebashe wohl niemand verwundern das wir jezt auch bei der E-Mobilität abgehängt werden, wie man ja auch bei der Digitalisierung sieht und unseren sehr schlechten Internet, bei mir schon wieder fast tägliche Ausfall oder extrem langsam geworden in den letzten Wochen
Rudolf
17.04.2024 um 08:53
Das ist der Fluch der Gier! Trotz Zuschuß aus Steuergeldern hat man den Kragen nicht voll bekommen und mit maßloser Ignoranz, Unsummen für E-Autos verlangt , die zum Großteil total überdimensioniert waren, um am Massenmarkt wirksam zu sein! Wer bracht schon E-Autos mit 180 PS und mehr? Wer das braucht den juckt die Umwelt ohnehin nicht und zahlt jeden Preis. Günstige Kleinwagen zum Preise eines Verbrenners -das wäre der Boom für den Pendler und den Normalo gewesen. Jetzt hat man weden eine E-Auto-Durchbruch - noch die verbummelte Lade-Infrstruktur! Die EVU's stellen sich noch recht blöde und ignorant an, wenn Nachbarn zusammen ihre Garagen "ladefähig" machen wollen. Haben wir die Zukunft noch nicht begriffen?
Markus
17.04.2024 um 11:15
Bitte aufhören sich auf die PS zu versteifen. Ich finde die höhere Rekuperation mit 150 kW im MG4 gegenüber der Reku im Mokka sehr angenehm. Das man damit ordentlich aus dem Quark kommt sehe ich eher als angenehmen Nebeneffekt. Klar, Plaid und co sind dann nochmal eine andere Hausnummer aber die hier erwähnten 180 PS (Höchst-, nicht Dauerleistung) sind doch gar nicht mehr der Rede wert.Die Frage ist ja auch eher wie die Leistung übersetzt wird wie man an den neuen Opel gut sieht. Die alten Varianten mit weniger Leistung kam besser aus dem Quark als die Neuen. Dafür sind die Neuen halt sparsamer. Viel Leistung länger übersetzen kann also grundsätzlich auch schon wieder effizienter sein. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt.Daher halte ich diese Leistungsdiskussionen für eher nebensächlich.
Simon
17.04.2024 um 10:20
Ich vermute, bei den Automobil Konzernen gibt es Abteilungen, die sehr genau analysieren welches Produkt der Markt verlangt. Aber vielleicht wissen Sie es auch einfach besser als alle Experten bei allen Herstellern zusammen. Aus meiner persönlichen Sicht verstehe ich gar nicht, warum sich heute noch jemand einen neuen Verbrenner kauft, aber den meisten Menschen ist alles neue zu kompliziert und der Klimawandel nur theoretisch ein anliegen.
Peter Wulf
18.04.2024 um 16:21
Bei der Ausstattung seiner Häuser schafft der deutsche jeden neuen Schnikschnack an. Ebenso neuste Elektronik und möglichst immer besser als beim Nachbarn. Warm klappt es nicht bei Kauf und Nutzung von E Auto? Jeder hat bei seinen EH eine Steckdose und Strom von min 230V mit 3kw oder sogar 3phasig 230V mit 11kw Also kein Problem über Nacht zu Laden. Bei unser Englandreise im September 2024 haben wir festgestellt das dort die destinationcharger nur 3 bis 7kwh leisten und nicht 11 bis 22kwh. Trotzdem haben die Engländer inzwischen mehr E autos als wir in Deutschland. Schätze weil sie preiswert fahren wollen mit niedrigen Betriebskosten. Das gleiche gilt für Niederlande DK Norwegen etc trotz niedrigeren Temperaturen E Autos. Eigene Strom/Tankstelle ist billiger als der tägliche Streß billigen Sprit für Verbrenner zu finden. Der wird in Zukunft nicht billiger

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