Ford spendiert E-Transit größere Batterie für 400 Kilometer Reichweite

Ford führt eine neue Variante des E-Transit ein, die dank größerer Batterie künftig auf bis zu 402 Kilometer kommt – und auch schneller laden kann. Die Bestellbücher sollen noch 2024 öffnen und erste Auslieferungen im Frühjahr 2025 folgen. Electrive hat sich dieser Tage selbst ein Bild von der Produktion des E-Transporters in der Türkei gemacht.

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Bild: Ford

Die Elektro-Version des Transit wird in Europa seit 2022 vermarktet und läuft bei Ford Otosan, also dem türkischen Joint Venture der Koc Holding und der Ford Motor Company, vom Band. Aktuell kommt der in der Zwei-Tonnen-Klasse antretende Transporter auf 316 Kilometer WLTP-Reichweite. Das war beim Marktstart ein ordentlicher Wert, inzwischen ist die Konkurrenz aber dabei, Lieferwagen mit 400 Kilometern und mehr Reichweite zu bringen: Der für dieses Frühjahr angekündigte Renault Master E-Tech kommt auf 410 Kilometer, der seit Anfang des Jahres bestellbare neue Mercedes eSprinter auf 400 Kilometer und die vergleichbaren Stellantis-Modelle auf 420 Kilometer.

Ford rühmt sich, dass der E-Transit in Europa 2023 annähernd fünf Mal so viele Abnehmer gefunden hat wie der nächstbeste Wettbewerber. Marktanteil: gut 55 Prozent. Um die Pole Position nicht zu gefährden, will der Hersteller mit dem E-Transit bei der Reichweite also aufschließen, wenn auch etwas später als die genannten Wettbewerber. In den USA wurde die neue Fahrzeugvariante bereits im März angekündigt. Es handele sich um „eine neue Modelloption für die weltweiten Märkte“, heißt es in einer heute veröffentlichten Mitteilung von Ford Pro. Die Version mit 68-kWh-Batterie für 316 Kilometer bleibt also im Sortiment.

DC-Ladeleistung klettert von 115 auf 180 kW

Schauen wir ins Datenblatt: Die „Long-Range“-Version beherbergt künftig einen größeren Akku mit 89 kWh nutzbarer Kapazität, was zu einer Reichweiten-Steigerung um 28 Prozent auf 402 Kilometer nach WLTP führen soll. Einen Anteil an dem größeren Radius hat Ford zufolge zudem eine künftig serienmäßig verbaute Wärmepumpe mit Dampfeinspritzung, wie sie im kleineren Ein-Tonnen-Transporter Ford E-Transit Custom debütiert.

Hand angelegt hat Ford zudem bei den Ladefähigkeiten des Elektro-Transit: Die Version mit 89-kWh-Akku wird künftig 22 statt 11 kW AC laden können, womit sich der Ladevorgang zur vollständigen Aufladung der Batterie auf sechs Stunden verkürzt. Die DC-Schnellladeleistung verbessert Ford gleichzeitig von aktuell 115 auf 180 kW, sodass ein Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent Batterieladestand bald nur noch rund 28 Minuten dauert.

Wichtig für Gewerbekunden ist natürlich, was die Neuerung für Modellauswahl, die Nutz- und Anhängelast bedeutet. Laut Ford Pro wird der reichweitenstärkere E-Transit in 19 Modellvarianten auf den Markt kommen, „darunter auch Versionen mit den zusätzlichen Radständen L3 und L4, die Kastenwagen-Version mit Einzel- und Doppelkabine sowie Fahrgestelle mit zulässigen Gesamtgewichten von 3,5 bis 4,25 Tonnen“, präzisiert das Unternehmen. Die maximale Nutzlast der Kastenwagen beziffert Ford auf bis zu 1.460 Kilogramm, die der Fahrgestelle auf bis zu 1.814 Kilogramm. Das liegt ganz grob auf dem Niveau des 2022 gelaunchten E-Transit (1.600 kg). Das maximale Laderaumvolumen der neuen Variante gibt Ford übrigens nicht an, aktuell sind es 15,1 Kubikmeter. Die Anhängelast bleibt mit bis zu 750 Kilogramm identisch. Optional bietet der elektrische „Long-Range“-Transit einen V2L-Anschluss mit 2,3 kW zur Versorgung externer Geräte.

Keine Neuerungen gibt es bei der Motorisierung: Das Modell bietet weiterhin wahlweise 135 oder 198 kW. Zu den Preisen des reichweitenstärkeren E-Transit äußert sich Ford noch nicht. Die aktuelle Version ist ab 59.890 Euro netto erhältlich. Für die USA wurde im März ein Einstiegspreis angekündigt, der nur leicht über dem aktuellen Basispreis liegt (51.095 gegenüber 49.995 Dollar), was Hoffnungen nährt, dass es auch in Europa zu keinem großen Preissprung kommt.

Ford verspricht sich neue Kundensegmente

Ford geht davon aus, dass die Reichweitenverlängerung für den Ford E-Transit „viele Kunden aus unterschiedlichsten Branchen und mit individuellen Anforderungen interessiert“. In den Worten von Hans Schep, General Manager Ford Pro Europa, klingt das wie folgt: „Die E-Transit-Modellvariante mit vergrößerter Reichweite liefert ein weiteres Beispiel dafür, wie Ford Pro europaweit die Produktivität elektrifizierter Flotten verbessert. Unsere Kunden können damit längere Distanzen zwischen zwei Ladevorgängen zurücklegen. Im Verbund mit der großen Auswahl an Karosserievarianten und der Unterstützung durch das vernetzte Ökosystem von Ford Pro bauen wir unsere Position als zuverlässiger Partner für umfassende Flottenlösungen weiter aus.“

Flankiert wird das neue Angebot von der Einführung eines neuen E-Minibus, der auf dem 2024er E-Transit basiert und als Umbauvariante ab Werk verfügbar sein wird. Er bietet Sitzplätze für bis zu 15 Personen (darunter bis zu drei vorne) – und richte sich an Taxiunternehmen, Schulen und kommunale Organisationen, heißt es. Auch hier ist die 89-kWh-Batterie optional verfügbar, wirkt sich aber auf die Sitzplatzanzahl aus: Als „Long-Range“-Version bietet der Minibus hinten bis zu neun Passagieren Platz, während die „Standard-Range“-Version bis zu zwölf Sitze unterbringen kann. Und: Ford gibt an, mithilfe seines Netzwerks aus mehr als 200 Umbauspezialisten bereits weitere Optionen zu prüfen, „wie der Ford E-Transit Kombi für spezielle Einsatzbereiche umgerüstet werden kann, etwa für die Beförderung von Rollstuhlfahrern“.

Türkei als Produktionsdrehscheibe

Die Transporter-Sparte verantwortet mit Ford Pro die 2021 ins Leben gerufene Ford-Geschäftseinheit für Dienste rund um Nutzfahrzeuge. Gebaut werden die leichten Nutzfahrzeuge für den europäischen Markt von Ford Otosan am türkischen Standort Kocaeli, wo die beiden Werke Gölcük und Yeniköy dicht nebeneinander sitzen.

Den E-Transit mit beiden Batterieoptionen wird Ford Otosan im Werk Gölcük bauen. Dort läuft die Fertigung der derzeitigen Elektroversion bereits länger auf einem Band mit den Verbrenner- und Plug-in-Hybrid-Varianten des Transit. „Diese Flexibilität wird eine große Stärke von uns werden“, äußerte Hans Schep dieser Tage bei einer Werksbesichtigung mit Medienvertretern, an der auch electrive teilgenommen hat. Schep schlüsselte dort zwar den Antriebsmix der im vergangenen Jahr in der Türkei vom Band gelaufenen Transits nicht auf, äußerte aber mit Blick auf den Marktanteil von Elektro-Transportern in Europa („2023 rund 7 Prozent“), dass Ford seine Kapazitäten so aufgestellt habe, dass die absehbare Kundennachfrage adressiert werden könne. „Sicher ist, dass bis 2035 in Europa das Zero-Emission-Ziel gilt. Die Frage ist, wie sich der Markt auf dem Weg dorthin entwickelt. Gerade sehen wir in Europa ein Down in der Nachfrage nach E-Transportern. Darauf müssen wir reagieren.“

Pläne zu Zellenwerk bleiben in der Schublade

Die Batteriemontage kann Ford Otosan dank eigener Anlagen dosieren, die Zellen für die PHEV- und BEV-Batterien liefern LG Energy Solution und SK On aus Polen bzw. Ungarn zu. Die Pläne für ein eigenes avisiertes türkisches Batteriezellenwerk in Regie von LG Energy Solution und Koç zur Eigenversorgung liegen allerdings auf Eis. Hintergrund ist ein vom Ford-Konzern eingeschlagener Sparkurs als Reaktion auf Milliarden-Verluste bei der Ford-Elektrosparte Model e und einer sich abschwächenden Nachfrage.

Bei seinen Transportern geht Ford mit dem Angebot von Plug-in-Hybriden als Alternative zu klassischen Verbrenner- und reinen Elektrofahrzeugen einen recht eigenwilligen Weg. Schep betont, dass „Plug-in-Hybride für unsere Kunden als Alternative sehr wichtig sind“. Auch diese zahlten auf die langfristigen EU-Klimaziele ein und ermöglichten schon jetzt die Einbindung von E-Fahrzeugen in sonst schwer zu elektrifizierenden Anwendungsfällen. Auf die Frage, ob es sich um eine Übergangstechnologie handele, verweist Schep auf das von der EU beschlossene Verbrenner-Aus für 2035, wodurch PHEVs zwangsläufig auslaufen werden. Brennstoffzellenantriebe als weitere Alternative für Unternehmen mit großem Radius sieht der Ford-Pro-Geschäftführer für Europa im Transporterbereich übrigens nicht kommen – im Gegensatz zu Renault oder Mercedes, die H2-Varianten ihrer großen Lieferwagen planen.

Ford baut VW-Ableger des E-Transit Custom

Dieselbe Strategie (Elektro und Plug-in-Hybrid ja, Wasserstoff nein) wendet Ford übrigens auf den kleineren Ford Transit Custom an. Die Elektroversion ist seit Januar bestellbar und soll ab Sommer bei Ford Otosan im Werk Yeniköy ebenfalls in einem flexiblen Antriebsmix auf einem Band gebaut und ab dem vierten Quartal ausgeliefert werden. Bemerkenswert dabei: In Yeniköy laufen die Vorbereitungen, auch einen VW-Ableger des Ein-Tonners zu bauen.

Bekannt ist schon länger, dass Volkswagen Nutzfahrzeuge 2024 die nächste Generation seines Transporters auf den Markt bringen wird – auf Basis einer mit Ford geteilten Plattform und unter anderem auch rein elektrisch. Damit geht einher, dass der neue VW Transporter nicht mehr in Hannover, sondern in der Türkei gebaut wird. Die Kooperation von VW (Nutzfahrzeuge) und Ford geht noch auf die Zeit der früheren Konzern-CEOs Herbert Diess bei VW und Jim Hackett bei Ford zurück. Damals wurde nicht nur die MEB-Kooperation für den Ford Explorer und ein weiteres Ford-Modell aus Köln mit MEB-Technik der Wolfsburger geschlossen, sondern auch eine Zusammenarbeit der Sparten für leichte Nutzfahrzeuge sondiert. Im Ergebnis übernimmt der Pickup VW Amarok die Technik vom Ford Ranger (inklusive Plug-in-Hybrid) und der VW Transporter rückt eben enger an den Ford E-Transit Custom heran.

media.ford.com, presseportal.de

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