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Bild: ARTVISU Krause
InterviewBatterie

Die „FFB PreFab“ der Forschungsfertigung Batteriezelle geht in Betrieb – Acht Fragen an Prof. Achim Kampker

Im Sommer 2019 hat der Standort Münster den Zuschlag für die Forschungsfertigung Batteriezelle erhalten – eines der zentralen Projekte Deutschlands beim Aufbau einer eigenen Batterieindustrie. Am Dienstag geht mit der „FFB PreFab“ die erste Ausbaustufe in Betrieb. Achim Kampker aus der FFB-Institutsleitung spricht im Interview über den erreichten Meilenstein, die anstehenden Schritte und die aktuelle Lage bei der Forschungsförderung.

Als offene Batteriezellfabrik zu Forschungs- und Entwicklungszwecken soll die Fraunhofer FFB einen zentralen Beitrag dazu leisten, die innovative und wirtschaftliche Produktion von Batteriezellen aus Deutschland und Europa voranzutreiben. Das ist die Mission der 2019 auf den Weg gebrachten Forschungsfertigung Batteriezelle. Seinerzeit wurde der Zuschlag nach Münster vergeben.

Die Aufbauarbeiten der FFB in Münster haben nun einen Meilenstein erreicht: die offizielle Eröffnung des ersten Bauabschnitts der „PreFab“. Mit Hilfe innovativer europäischer Maschinentechnologie startet die Einrichtung auf 6.450 Quadratmetern nun ihren Forschungsbetrieb. Das ist laut dem Fraunhofer-Institut ein bedeutsamer Schritt hin zum Aufbau der „FFB Fab“, die eine industrienahe Produktionsforschung mit Anlagentechnik im großindustriellen Maßstab in Münster ermöglichen wird.

Wir haben anlässlich der Eröffnung der „PreFab“ mit dem Aachener Professor Achim Kampker, dem Gründer und Inhaber des Lehrstuhls für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) an der RWTH Aachen gesprochen. Kampker ist neben seiner Tätigkeit in Aachen Mitglied der dreiköpfigen Institutsleitung der Fraunhofer FFB.

Mit der Eröffnung des ersten Bauabschnitts der FFB PreFab wird ab sofort auf knapp 6.500 Quadratmetern an neuen Batteriezellen geforscht. Was ist in der PreFab jetzt möglich, was an den bisherigen Standorten der FFB nicht möglich war?

Die Fraunhofer FFB betreibt bislang zwei Bürostandorte und das Labor „FFB Workspace“ im Norden von Münster, wo bereits die ersten drei von etwa 18 Prozessschritten abgebildet werden: die Herstellung von Elektroden-Slurry und die Beschichtung sowie die Trocknung der Elektrodenfolie. Für die negative Elektrode, die Anode, war das schon realisierbar, jetzt gilt das auch für die positive Elektrode, die Kathode. Die Erweiterungen in der „FFB PreFab“ ermöglichen zwei wesentliche Dinge. Erstens wird die Prozesskette der Batteriezellproduktion vervollständigt – es können jetzt also alle Prozessschritte der Batteriezellproduktion abgebildet werden, von der Elektrodenfertigung über die Zellassemblierung bis hin zur anschließenden Formierung, was bedeutet, dass wir in der Pilotlinie vollständige Batteriezellen im Pouch-Format reproduzierbar herstellen können. Zweitens haben wir jetzt die Möglichkeit, innovative Anlagentechnik weiterzuentwickeln. Auf sogenannten Innovationsflächen in der „FFB PreFab“ stehen Partnern aus der Industrie – also etwa Batteriezellherstellern, Automobilherstellern, Maschinen- und Anlagenbauern – und aus der Forschung Erprobungsflächen zur Verfügung. Diese kann man sich – vereinfacht ausgedrückt – wie Garagen vorstellen, die zur temporären Unterbringung von Anlagenprototypen oder zur gemeinsamen Erprobung und Weiterentwicklung von Produktionstechnologien dienen. Das ermöglicht im ersten Schritt einen Stand-alone-Betrieb der Prototypen, um Erfahrungen zu sammeln. Im zweiten Schritt können diese Prototypen dann auch in die Pilotlinie zur Erprobung einer verketteten Produktion integriert werden.

Welche Arbeiten genau werden in der PreFab durchgeführt, welche später an der „großen“ FFB Fab? Wann wird die FFB Fab in Betrieb genommen?

Sowohl in der „FFB PreFab“ als auch in der „FFB Fab“ geht es um die Weiterentwicklung von Technologien, also um ihre Skalierung. Dafür erreichen uns vor allem Prototypen. In der „PreFab“ können wir eine erste Aussage zur Eignung und Tauglichkeit mit Blick auf einen Pilotmaßstab treffen, und in der „Fab“ lassen sich diese Prozesse dann skalieren – zum Beispiel, indem die Geschwindigkeit erhöht oder der Durchsatz gesteigert wird. Die „PreFab“ ist also eine Vorstufe zur „FFB Fab“. Um Technologien nahezu marktreif zu entwickeln, sind allerdings beide Schritte zwingend notwendig. 2026 beginnt der Einbau der Rein- und Trockenräume, und 2027 starten wir mit der Anlagentechnik, deren Einbau 2028 abgeschlossen ist, sodass die erste Inbetriebnahme erfolgt.

In der PreFab stehen zunächst Pouch- und prismatische Zellen im Fokus, Rundzellen sollen erst später gefertigt werden. Wie groß ist der Unterschied in der Produktionstechnik für die jeweiligen Zellformate – und welches ist aus Produktionssicht am besten?

Ein aus Produktionsperspektive „bestes“ Verfahren gibt es nicht. Alle Zellformate haben ihre Daseinsberechtigung und Einsatzbereiche. Betrachten wir die Produktionsprozesse näher, kann die Fertigung der Elektroden identisch sein. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Zellassemblierung. Vor allem, weil das Innenleben von Rundzellen aus Wickeln oder Jellyrolls besteht, während Pouch-Zellen in der Regel gestapelt werden. Auch in den anschließenden Produktionsschritten – also Schweißen, Befüllung, Entgasung – kommt es zu erheblichen Abweichungen der Prozessführung.

Bei den Fahrzeugen geht der Trend in Richtung prismatische Zellen oder Rundzellen, da die Batteriezellen mit festem Gehäuse auch strukturell belastet werden können – etwa für Cell-to-Pack- oder Cell-to Body-Konzepte. Spielt die Pouch-Zelle im E-Auto der Zukunft überhaupt noch eine Rolle?

Vor allem asiatische Hersteller haben weiterhin großes Interesse am Einsatz von Pouch-Zellen im Segment der Elektrofahrzeuge. Zum einen ist langjährige Erfahrung vorhanden, und zum anderen bietet das Pouch-Format die größtmögliche Energiedichte. Durch „Cell-to-Pack“- oder „Cell-to-Body“-Konzepte lassen sich Nachteile in der Energiedichte kompensieren – mit neuen Herausforderungen in der Batteriesicherheit. Es ist richtig: Der Trend in Europa geht zum prismatischen Rund- beziehungsweise Hardcase, aber das sind alles Momentaufnahmen in einem sehr dynamischen Markt. Das Pouch-Format ist außerdem für Feststoffbatterien aufgrund guter und gleichmäßiger Druckapplikation sehr bedeutsam und interessant.

Der Zuschlag für die Forschungsfertigung Batteriezelle ist 2019 vergeben worden. Wenige Monate später hat CATL am Erfurter Kreuz mit dem Bau seiner europäischen Batteriefabrik begonnen, seit Ende 2022 werden dort Batteriezellen in Serie gefertigt. Auch VW baut im großen Stil in Salzgitter, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen. Ist die Eröffnung der FFB PreFab im Jahr 2024 nicht „too little, too late“?

Nein, definitiv nicht. Die Aufgabe der Fraunhofer FFB ist es, Innovationen zu skalieren, zu fördern und die Produktion von Batteriezellen aus Deutschland und Europa voranzutreiben. Das wird schon jetzt von Automotive-OEMs und vielen KMU stark nachgefragt. Die „FFB PreFab“ ist der erste Schritt, industrielle Partner bei der Erprobung und Umsetzung neuer Batteriezellkonzepte und Fertigungsverfahren zu unterstützen. Wir spüren eine starke Nachfrage nach unseren Dienstleistungen, weil der Bedarf aus der Industrie an den Kompetenzfeldern der Fraunhofer FFB sehr hoch ist – zum Beispiel zu innovativer Prozesstechnologie, Technologiemanagement, Musterproduktion oder Qualitätsmanagement in der Batteriezellproduktion. Im Themenbereich „Qualitätsmanagement“ geht es in unseren Projekten häufig darum, entsprechende Konzepte aus der Automobilindustrie in die Batteriezellfertigung zu übertragen. Werfen wir einen Blick auf Deutschland und Europa, dann zeigt sich klar: Es gibt noch nicht viele laufende Batteriezellfabriken, und die Fertigungsprozesse lassen sich noch erheblich optimieren. Darüber hinaus erhalten wir verstärkt Anfragen aus dem US-amerikanischen Raum, die sich für die Struktur und den Aufbau unserer Einrichtung interessieren.

Die FFB hat bereits im August 2021 die Forschungsaktivitäten aufgenommen. Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit?

Wir sind mit den bisherigen Arbeiten und Erfolgen in der Fraunhofer FFB sehr zufrieden. Der bisherige Fokus lag stärker auf den Arbeiten zum Aufbau und zur Inbetriebnahme der „FFB PreFab“. Die Umsetzung hat das Team in Münster zusammen mit den Partnern der einzelnen „FoFeBat“-Projekte zur sukzessiven Errichtung erfolgreich gemeistert. Diese Arbeiten sind auch schon Forschungsgegenstand, zu dem es spannende Erkenntnisse gibt, die bereits weitergegeben wurden. Im vergangenen Jahr haben wir eine mittlere zweistellige Anzahl von Industrieprojekten abgearbeitet und mehrere hochrangige Veröffentlichungen erzielt. Es gibt auch schon Ideen für erste Ausgründungen aus der Fraunhofer FFB. Es geht also voran in Münster!

Die FFB will mit ihren Arbeiten die Innovations- und Kommerzialisierungsprozesse von Produktionstechnologien für bestehende und zukünftige Zellformate beschleunigen. Haben es schon Entwicklungen aus Münster in Serien-Produkte oder -Fabriken geschafft?

Entwicklungen aus Münster haben es bisher noch nicht in die Serienreife geschafft, weil dafür in der Regel eine Demonstration der Innovation notwendig ist. Das war aufgrund der fehlenden Infrastruktur bisher nicht möglich. Es gibt aber Entwicklungsprojekte, die sich auf einem ausgesprochen vielversprechenden Weg befinden, bei denen Infrastruktur und Anlagen von Partnern aus der Industrie eingesetzt wurden und die Fraunhofer FFB mit batteriespezifischem Know-how unterstützt hat.

Im Bundeshaushalt 2024 wurden die Etats für die Batterieforschung stark zusammengestrichen, die FFB Münster war nicht so stark betroffen. Welche Auswirkungen wird die neue Lage in der Batterieforschung auf den Betrieb der FFB haben, wenn Unternehmen und Institute mangels Budget weniger forschen und ihre Entwicklungen nicht mehr in der FFB testen müssen?

Wir betrachten die Entwicklungen rund um die geplante Streichung von 75 Prozent der Batterieforschungsförderung weiterhin mit großer Sorge, weil sie einen bedenklichen Schatten auf den Innovationsstandort Deutschland werfen. Auch wenn die Fraunhofer FFB und der Aufbau der Forschungsfertigung – soweit wir derzeit wissen – nicht direkt betroffen sind, erschwert die Situation doch unsere Arbeit. Einem in den vergangenen Jahren erfolgreich aufgebauten und gewachsenen Batterie-Ökosystem für Innovationen aus der Forschung und zur Ausbildung von Fachkräften droht die Grundlage entzogen zu werden. Als Fraunhofer FFB sind wir auf diese innovative Forschungslandschaft angewiesen, um die frühzeitig gesetzte Saat zu ernten und innovative Technologien schnell zur industriellen Umsetzung bringen zu können.

Herr Professor Kampker, wir danken für das Gespräch!

1 Kommentar

zu „Die „FFB PreFab“ der Forschungsfertigung Batteriezelle geht in Betrieb – Acht Fragen an Prof. Achim Kampker“
Malthus
30.04.2024 um 13:34
>die Herstellung von Elektroden-Slurry und die Beschichtung sowie die Trocknung der Elektrodenfolie.Ahja.Währenddessen sucht (micht nur) VW händeringend nach dem Stein der Weisen bzgl. Trockenbeschichtung, um wenigstens theoretisch eine wirtschaftliche heimische Fertigung seiner berüchtigten "Einheitszelle" darstellen zu können...5 Jahre. Guten Morgen.

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