Hyundai Kona Elektro: Wenn da der Preis nicht wäre…
Keine Frage, ich bleibe bei meinem Fazit aus dem Oktober: Die zweite Generation des Kona Elektro ist in zahlreichen Details besser geworden. Das Grundkonzept selbst (ein Erfolgsfaktor der ersten Generation) hat Hyundai nur leicht angepasst – auf Basis des Kundenfeedback, die sich etwas mehr Platz gewünscht haben. Unter unserem Bericht der ersten Ausfahrt haben zwar einige Kunden der ersten Kona-Generation kommentiert, dass das neue Modell aufgrund der Größe für sie nun nicht mehr in Frage kommt. Aber Hyundai wird diese Entscheidung zum einen mit Blick auf weitere Märkte und zum anderen auf Basis einer größeren Umfrage getroffen haben.
Tatsächlich muss ich persönlich sagen, dass die größere Karosserie (+15 Zentimeter Länge, +6 Zentimeter Radstand) für mich und meinen Anspruch an ein Auto ein Pluspunkt ist. Mit einem großen Hund ist der um 40 Prozent größere Kofferraum und der zusätzliche Platz auf der Rückbank eher ein Argument für die zweite Generation – aber das ist eben nur mein Anforderungsprofil. Gleichwohl kann ich jeden verstehen, dem etwa aufgrund der Wohn- und Parksituation die kleinere, erste Generation lieber ist.
Reichen die Detail-Verbesserungen aus?
Zwar werden Kaufentscheidungen für oder gegen ein Modell auch anhand von Faktoren wie der Größe, dem Nutzwert oder dem beim neuen Kona sicher etwas polarisierenden Design getroffen, aber eben nicht nur. Beim Elektroauto spielen der Antrieb und das Laden eine wichtige Rolle – und auch hier gibt es beim neuen Kona Elektro einige Punkte zu beachten, ob das Modell nun zum eigenen Bedarf passt oder nicht.
Für den ausführlicheren Test hat Hyundai einen Kona Elektro mit der großen Batterie in Top-Ausstattung zur Verfügung gestellt. Hier hat sich beim Generationswechsel auf dem Papier verhältnismäßig wenig getan: Statt 150 kW Leistung werden nun bis zu 160 kW an die Vorderräder abgegeben. Die Batterie wächst von 64 kWh minimal auf 65,4 kWh, dafür steigt die DC-Ladeleistung auf (immer noch überschaubare) 102 kW. Da der Antrieb im Normtest effizienter geworden ist, steigt die WLTP-Reichweite von 484 auf 514 Kilometer.
Mit einem Testverbrauch von 24 kWh/100km hat der Kona bei seiner Effizienz aber etwas eingebüßt. Zwar waren wir viel auf der Autobahn unterwegs und das bei niedrigeren Temperaturen, als sie derzeit in Deutschland herrschen. Das Gefühl lässt mich aber nicht los, dass ein Kona Elektro der ersten Generation unter diesen Bedingungen etwas sparsamer gewesen wäre – genau belegen kann ich dieses Gefühl mangels einer Vergleichsmöglichkeit aber nicht. Zwar waren auch jetzt Landstraßen-Verbräuche von deutlich unter 20 kWh/100km möglich, auf der Autobahn pendelte sich der Verbrauch aber schnell zwischen 20 und 25 kWh/100km ein – wie der Durchschnittsverbrauch zeigt, eher am oberen Ende dieser Spanne. Die Batterie ist zwar minimal größer, durch den aber auch leicht höheren Verbrauch dürfte die reale Reichweite ähnlich, wenn nicht sogar etwas niedriger ausfallen.
Ladeleistung ist in Ordnung – bis 60 Prozent
Mit diesem Testwagen haben wir uns von Düsseldorf aus in Richtung Nördlinger Ries an der Landesgrenze von Bayern und Baden-Württemberg aufgemacht. Mit rund 500 Kilometern entspricht diese Strecke recht genau der WLTP-Reichweite des Modells. Dass im realen Einsatz hierfür eine Ladepause nötig ist, dürfte den meisten von Anfang an klar sein. Da es an unserem Ziel keine gesicherte Lademöglichkeit gab, haben wir an der A7 noch einen zweiten Ladestopp eingelegt, um nicht mit leerem Akku anzukommen – möglich ist aber nur ein Stopp.
Nur bei diesem Stopp (und auch den weiteren auf der Rückfahrt) hat sich eine Eigenschaft des Modells gezeigt, derer man sich bewusst sein sollte: Die DC-Ladeleistung mit 102 kW bei einer 65,4 kWh großen Batterie klingt zwar an und für sich gut, allerdings bricht die Leistung bereits bei einem Ladestand von 60 Prozent spürbar ein. Im Bereich zwischen zehn und 60 Prozent lädt der Kona mit 90 bis 100 kW. Unabhängig von den Temperaturen fällt die Ladeleistung dann kurz auf etwas unter 80 kW. Ab 70 Prozent Ladestand fließen nur noch 28 kW in den Akku.
Die Folge: Um von 70 auf 80 Prozent zu kommen, dauert es fast 12 Minuten – also für einen Schnellladevorgang unverhältnismäßig lange. Für ein möglichst zügiges Vorankommen auf der Langstrecke empfiehlt es sich also, nur bis 60 oder allenfalls 70 Prozent zu laden (von 60 auf 70 Prozent dauert es sechs Minuten), um die Ladekurve auszunutzen. Das heißt aber im Umkehrschluss: Fast 40 Prozent des eigentlich für ein solches Fahrzeug großen Akkus können auf der Langstrecke nicht sinnvoll genutzt werden. Und mit unserem Autobahn-Verbrauch zeigt der Bordcomputer bei 60 Prozent Ladestand nur rund 170 Kilometer Reichweite an, bei 70 Prozent waren es 201 Kilometer.
Auch wenn sich die Werte im Vergleich zur ersten Kona-Generation leicht verschoben haben, bleibt es bei der grundsätzlichen Aussage: Wer zu Hause oder am Arbeitsplatz eine gesicherte AC-Lademöglichkeit hat und nur selten auswärts an den Schnelllader muss, kann den Kona ohne Bedenken anschaffen, wenn der Rest des Fahrzeugs zu den Anforderungen passt. Wer aber viel entlang von Autobahnen auf Schnelllader angewiesen ist oder mangels AC-Ladepunkt viel mit Gleichstrom lädt, sollte sich dieser Eigenschaft sehr bewusst sein.
Positiv ist aber, dass die versprochene Ladeleistung von 102 kW in der Spitze dank der Akku-Vorkonditionierung auch bei Kälte gut und wiederholbar zu erreichen war, weshalb Ladevorgänge von zehn auf 80 Prozent unter unterschiedlichen Bedingungen etwa 40 Minuten gedauert haben. Lädt man nur bis zum Abfallen der Ladekurve, sind auch Zeiten von 25 Minuten möglich, aber dann eben nur bis rund 60 Prozent. Die Akku-Heizung macht ihren Job gut.
In unserem Test hat sich auch gezeigt, dass die Position des Ladeports nicht immer ideal ist. Wie schon beim ersten Kona befindet sich die CCS-Buchse an der Front, in etwa vor dem Fahrer. An Ladestationen, an denen sich die Ladesäule vor den Stellplätzen befindet, ist das nahezu ideal – einfach vorwärts auf den Stellplatz fahren, fertig. Bei unserem Test kam es aber zufällig vor, dass wir innerhalb weniger Tage drei Mal an Stationen geladen haben, wo sich die Ladesäule neben dem Stellplatz befindet. Bei dem Tankstellen-artigen Konzept von Fastned war das kein großes Problem, hier kann man mit dem „Nasenlader“ einfach so parken, dass die Fahrzeugnase in etwa auf Höhe der Ladesäule ist. Zwei der Stationen waren aber von Aral Pulse, wo klassische Stellplätze neben der Ladesäule vorgesehen sind. Das kann je nach Länge des Ladekabels dafür sorgen, dass man entweder sehr weit vorne oder sehr weit hinten in der Lücke parken muss – und eventuell Wege blockiert. Auch wenn ich die Vorzüge des Nasenladers an vielen Stationen sehe: Mit dem Dreck hunderter Autobahn-Kilometer wäre eine elektrische Entriegelung der Ladeklappe ganz nett, wie die zahlreichen Abdrücke im Schmutz auf unserem Testwagen zeigen. Oder eben den Ladeport hinten rechts platzieren wie bei den E-GMP-Modellen von Hyundai – die sind nach meiner Erfahrung auch im tiefsten Winter meist sauber geblieben.
Luft nach oben gibt es noch bei der Ladeplanung. Denn unser Testwagen hatte das in unserem ersten Fahrbericht von Hyundai versprochene Software-Update offenbar noch nicht erhalten: Es wurden bei der Routenführung zwar sinnvolle Ladestopps eingeplant, aber immer bis 100 Prozent Ladestand. Das dauert nicht nur lange (laut dem Bordcomputer 45 Minuten von 80 auf 100 Prozent), sondern das System geht dann für den nächsten Routenabschnitt von einem zu hohen Ladestand aus. Also hilft es nur, jeden Ladestopp einzeln planen zu lassen und dann mit dem tatsächlichen Ladestand den nächsten Abschnitt berechnen zu lassen. Mit dem Update soll man im System einstellen können, bis zu welchem Ladestand nachgeladen werden soll. Automatisch den Ladestand für die benötigte Route zu ermitteln (wie es zahlreiche Smartphone-Apps können), ist aber auch mit dem Update nicht vorgesehen.
Auch hier gilt: Wer fast nur an der eigenen Walbox lädt, dem ist die Ladeplanung recht egal. Andererseits: Wenn es dann doch mal auf die Langstrecke geht, etwa in den Urlaub, stört es trotzdem. A propos Urlaubsfahrt: Da es jetzt einen kleinen Frunk von 27 Litern unter der Fronthaube gibt, ist das Ladekabel auch bei voller Beladung im Kofferraum zugänglich. Früher war es noch in einem Fach unter dem Kofferraumboden verstaut, dieses Staufach kann jetzt anders genutzt werden.
Wenn wir gerade bei den störenden Faktoren sind, darf natürlich das Gepiepse im Kona Elektro nicht unerwähnt bleiben. Für die Schilderung zu der „intelligenten Verkehrszeichenerkennung“ (ISLA) verweise ich auf den ersten Fahrbericht und wiederhole nicht alles. In Kurzform: Das Auto meldet jedes neu erkannte Tempolimit – egal ob per Kamera oder aus dem Kartenmaterial – mit einem Pieps. Fährt man zu schnell, wird ab dem ersten km/h zu viel ebenfalls gepiepst, in einem anderen Ton. Da dabei – vermutlich aufgrund veralteter Karten, wie der Test auf bekannten Straßen um den eigenen Wohnort gezeigt hat – auch viele Fehlalarme dabei sind und es auch ohne Tempo-Verstoß regelmäßig piepst, sorgt das System nicht immer für ein entspanntes Fahren im Kona, um es so auszudrücken.
In dem längeren Test ist auch der Aufmerksamkeitsassistent mit einem ähnlichen Verhalten aufgefallen. Ein auf der Lenksäule montierter Sensor beobachtet den Fahrer und errechnet dessen Blickrichtung – geht der Blick auf die Straße, ist alles ok. Schaut der Fahrer aber zu lange auf den Tacho, das Infotainment-Display oder zum Beifahrer, wird mit einem anderen Piepston gewarnt. Auch hier gilt: Die Intention ist gut und löblich, die Umsetzung im Kona Elektro aber leider noch zu fehleranfällig. Je nach Lichteinfall schien das System mal wirklich auf die Augen und die Blickrichtung, mal aber nur auf die Ausrichtung des Kopfes zu achten – und löst in letzterem Fall auch aus, selbst wenn die Augen auf die Straße gerichtet sind. Keine Frage, es gab Situationen, in denen das System zu Recht angeschlagen hat. Die Mehrheit aber war eher ungerechtfertigt und störend. Insgesamt ist bei dem Testwagen aufgefallen, dass man eher abgelenkt war, weil man checken wollte, weshalb jetzt wieder gepiepst wurde. Und dass per Display-Einblendung jedes Mal beim Betätigen der Scheibenwischanlage darauf hingewiesen wird, dass die Klimaanlage kurz auf Umluft gestellt wird, um die Duftstoffe des Scheibenreinigers draußen zu halten, ist zwar bei den ersten Einblendungen ganz nett, auf Dauer trägt es aber zu einer Art Informations-Overload bei.
Angenehmes Reisen, nervende Assistenten
Dabei ist das Fahren und Reisen selbst im Kona eigentlich angenehmer geworden. Der Federungskomfort ist recht ähnlich zum Vorgänger, der längere Radstand verbessert die Stabilität minimal. Dafür ist es im neuen Kona bis etwa 120 km/h spürbar leiser. Die Sitze könnten für meinen Geschmack etwas mehr Seitenhalt bieten, sind aber grundsätzlich bequem. Zusammen mit der neuen Infotainment-Generation sowie den verbesserten Ablagen in der Mittelkonsole ist der Kona an sich ein angenehmes Alltags- und Reiseauto, gemessen an seiner Größe. Wenn eben das Gepiepse nicht wäre.
Beim Design, der größeren Karosserie und auch dem Innenraum-Konzept mit sehr vielen Bedientasten scheiden sich die Geister – es kommt hier wirklich auf den persönlichen Geschmack und Bedarf an. Bei der Größe gehe ich, wie oben erwähnt, ganz klar mit. Beim Design finde ich die Kombination aus den teils rundlichen Formen mit dem kantigen Pixel-Design weit weniger stimmig als etwa beim Ioniq 5, bei dem die Pixel auf eine an sich kantige Optik treffen. Und der eher spacige Look außen trifft auf ein sehr konventionelles Tasten-Cockpit innen. Auch die kleine Klima-Anzeige mit Sieben-Segment-Darstellung für die Temperaturanzeige wirkt aus der Zeit gefallen. Unabhängig von Design-Präferenzen gilt aber: Die Druckpunkte der Tasten könnten etwas besser sein.
Denn: Der Kona ist kein günstiges Auto und darf sich daher eigentlich keine echten Schwächen leisten, wenn er im Wettbewerb bestehen will. An dieser Stelle lassen wir Rabattaktionen außen vor, wie sie Hyundai in diesem Jahr bereits durchgeführt hat. Mit der großen 65,4-kWh-Batterie werden für den Kona Elektro mindestens 47.190 Euro fällig. Mit der Ausstattung unseres Testwagens summieren sich die Brutto-Kosten sogar auf 55.140 Euro – für ein Auto von 4,35 Metern Länge. Zum Vergleich: Selbst hausintern gibt es den Ioniq 5 mit 58-kWh-Batterie ab 43.900 Euro (und dank 800 Volt mit deutlich kürzeren DC-Ladezeiten). Selbst ein nicht gerade schlecht ausgestatteter Ioniq 5 mit der größeren Batterie (derzeit noch 77,4 kWh im Konfigurator, ein Update auf 84,0 kWh kommt aber) und einer zum Kona vergleichbaren Motorleistung von 168 kW kostet mit 54.800 Euro weniger als unser Testwagen. Wer etwa auf einen VW ID.3 ausweicht oder selbst auf einen Alfa Romeo Junior (bei dem man sicher auch etwas für den Markennamen und das italienische Design zahlt), kommt ebenfalls günstiger weg. Zieht man mit dem Tesla Model 3 ein anderes Karosseriekonzept heran, gibt es zum Kona vergleichbare 513 Kilometer WLTP-Reichweite ab 40.990 Euro. In der Preisregion unseres Testwagens gibt es bei Tesla sogar die neue Performance-Version (56.990 Euro).
Fazit
Ja, der neue Kona ist in vielen Punkten besser geworden. Und dass Hyundai markenintern etwas Abstand zum E-GMP-Modell Ioniq 5 lassen und einen 65-kWh-Kona mit beispielsweise 150 kW Ladeleistung und 25 Minuten Ladedauer nicht als direkten Konkurrenten positionieren wollte, ist aus Hersteller-Sicht auch verständlich. Wenn es beim Generationswechsel in dieser noch sehr dynamischen Entwicklungsphase der Elektromobilität aber nur so geringe Weiterentwicklungen bei den technischen Daten gibt, hätten im Gegenzug die Kosten runter gemusst. Wäre der Kona 10.000 Euro günstiger (oder vielleicht auch 7.000 Euro, wie es Hyundai selbst bei seinen „Frühlingswochen“ gewährt hat), wäre er realistischer eingepreist.
Wer sich dennoch – oder im Rahmen eines (Leasing-)Angebots – für den Kona entscheidet, bekommt kein schlechtes Auto. Die Substanz passt – mit kleinen Abzügen beim Schnellladen und den Assistenten. Nur der Preis leider nicht.
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