Leuchtturm für Batterieforschung: ZSW liefert Kathodenmaterial für Tests
Laut dem in Ulm ansässigen ZSW erlaubt die Anlage hierzulande „erstmals außerhalb der Industrie“ die Fertigung einer solchen Menge Batteriematerials. Der Baubeginn der Anlage erfolgte im Dezember 2022, die jetzige Einweihung des vierstöckigen Neubaus eineinhalb Jahre später. Das ZSW will die dort verfügbare herstellerunabhängige Entwicklungsplattform Partnern aus Industrie und Wissenschaft anbieten. Verfügbar seien dort „ausschließlich industrieerprobte Maschinen, um eine erfolgreiche Produktherstellung unter seriennahen Bedingungen zu garantieren“, wie es heißt. Der Fokus soll allen voran auf neuartigen Kathodenmaterialien liegen
Die Pilotanlage umfasst eine Nutzfläche von 2.400 Quadratmetern und deckt nach Angaben des ZSW alle Produktionsschritte für die Herstellung von hochenergetischen Batteriematerialien ab. Dazu gehören eine Fällungsanlage für Vorstufen, eine Hochtemperatur-Wärmebehandlung sowie verschiedene Varianten der Nachbearbeitung. Ebenso integriert seien neue chemische Labore sowie hochpräzise analytische Messgeräte, heißt es weiter. Ziel ist, dank der Anlage schnell unterschiedliche Produktmuster herzustellen, zu testen und so die Entwicklungszyklen zu verkürzt.
Denn bislang konnten in Deutschland zwar neue Materialien in kleinen Batterieprototypen getestet werden. „Bei erfolgreichen Ergebnissen werden dann jedoch schnell deutlich größere Materialmengen notwendig. Diese konnten bisher nur von den großen industriellen Herstellern geliefert werden, die jedoch meist nicht in Europa produzieren und nur selten bereit sind, ihre besten Produkte an Universitäten oder andere Forschungseinrichtungen abzugeben“, skizziert das ZSW die Ausgangslage.
Die in „Powder-Up!“ hergestellten Materialien sollen dagegen künftig an Pilotanlagen bei Forschungsinstituten oder bei Batterieproduzenten gehen, wobei Chargen bis 100 Kilogramm möglich sind. „Erst diese Menge an Material ermöglicht den Bau von originalgroßen Batterien, wie sie später zum Beispiel in Fahrzeugen eingesetzt werden würden. Powder-Up dient darüber hinaus der Erforschung einzelner Produktionsschritte und der hierfür eingesetzten Maschinen. Durch diese Arbeit unterstützt Powder-Up auch den deutschen Maschinenbau, von dem fast alle Maschinen und Anlagen stammen“, teilt das ZSW mit.
Der Bau der Pilotanlage wurde mit 24 Millionen Euro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Das baden-württembergische Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus bezuschusste das Powder-Up-Gebäude mit 10 Millionen Euro.
Zur Einweihung kam unter anderem Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Sie bezeichnete die neue Stätte als einen zentralen Baustein für den Aufbau einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Batteriewertschöpfungskette in Deutschland und Europa. „Die deutsche Batterieforschung ist spitze, jetzt müssen wir den Transfer in die Anwendung verbessern und neue, innovative Infrastrukturen hierfür schaffen. Mit der Pilotanlage Powder-Up! am ZSW in Ulm und der Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster entsteht in Deutschland ein zusammenhängendes Forschungsökosystem für die Entwicklung innovativer Batterietechnologien ‚Made in Europe‘. Diese Forschungsinfrastruktur stärkt die Position Deutschlands als führender Standort für die Batterieproduktion. Nun liegt es an der Industrie, dieses Angebot für einen schnellen Markthochlauf zu nutzen.“
Prof. Dr. Markus Hölzle, Leiter des ZSW in Ulm, betont, dass die Performance von Lithium-Ionen-Batterien hauptsächlich von den verbauten Materialien abhänge. „Mit der Pilotanlage Powder-Up! können nun erstmalig außerhalb der Industrie solche Kathodenmaterialien in einer seriennahen Umgebung hergestellt werden.“
Zur Ausstattung des ZSW in Ulm gehört seit 2014 auch eine große Pilotlinie für die industrielle Produktion von Lithium-Ionen-Zellen bis 80 Amperestunden sowie seit 1998 ein Batteriesicherheits- und Testzentrum. Darüber hinaus gehört die Erforschung und Implementierung von Recyclingverfahren für Produktionsabfälle und Metalle aus gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien zu den Kompetenzbereichen des Zentrums. An den ZSW-Standorten Stuttgart und Ulm arbeiten gut 300 Experten sowie rund 100 wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte. Einen der Forschungsschwerpunkte bildet das Design innovativer Batteriezellen ohne den Einsatz kritischer und umweltschädlicher Roh- und Hilfsstoffe.
0 Kommentare