EU-Kommission wirft BYD, SAIC und Geely mangelnde Kooperation vor
Das berichtet „Politico“ unter Berufung auf Briefe, die die EU-Kommission Ende April an die drei Autokonzerne verschickt hat. Die Zeitung wertet dies als Warnung, dass für das Trio möglicherweise ab Sommer Extra-Zölle eingeführt werden könnten. Die im Oktober 2023 von der EU eingeleiteten „Antisubventionsuntersuchung“ – so die offizielle Bezeichnung – basiert auf der Annahme der Europäischen Kommission, dass chinesische Elektrofahrzeug-Importeure in ihrer Heimat von übermäßigen staatlichen Subventionen profitieren, was den Wettbewerb in Europa verzerrt.
Im Falle von SAIC hatte die Kommission bereits im Dezember in einem Brief an die Anwälte des Herstellers die mangelnde Zusammenarbeit kritisiert. „Dennoch blieb Ihr Mandant bei seiner Vorgehensweise und verweigerte weiterhin den Zugang zu einigen wichtigen Informationen“, zitiert Politico aus dem neuen Schreiben an SAIC. Und: „Ihr Mandant hat fast systematisch Anträge auf Fristverlängerungen gestellt, obwohl er diese zusätzliche Zeit nicht genutzt hat, um die von der Kommission angeforderten Informationen zu liefern.“
Gegenüber Geely beklagt die EU-Kommission, dass „keine der Finanzierungsgesellschaften der Geely-Gruppe den Fragebogen der Kommission beantwortet hat“. Aus dem BYD-Brief zitiert Politico nicht. Der Tenor soll aber stets sein, dass Informationen zurückgehalten würden und die EU-Kommission daher gezwungen sei, auf das Konzept der „verfügbaren Fakten“ zurückzugreifen. „In der Praxis bedeutet dies in der Regel, dass sie freie Hand hat, höhere Zölle auf die importierten Produkte zu erheben“, so Politico.
Bereits Anfang März begann die EU mit der Erfassung von importierten Elektroautos aus China, die für Zölle in Frage kommen. Dies gilt als vorbereitende Maßnahme für die potenzielle Einführung der Zölle. Die Anti-Dumping-Untersuchung soll zwar erst im November 2024 abgeschlossen werden, doch Zölle könnten rückwirkend bereits ab Juli gelten. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis wird von Politico sogar dahingehend zitiert, dass die Untersuchung „Fortschritte“ mache und er erwarte, dass sie „vor der Sommerpause“ abgeschlossen werde. Wenn es zu Zöllen kommt, werden diese für alle Importe von Elektrofahrzeugen aus China gelten, wobei die EU bei den Prozentsätzen für die einzelnen Hersteller variieren kann.
Analysten der Rhodium Group kommen unterdessen zu dem Schluss, dass die chinesischen Hersteller von E-Autos so wettbewerbsfähig sind, dass sie auch dann noch Gewinne erzielen würden, wenn die EU Einfuhrzölle in Höhe von bis zu 30 Prozent erheben würde. Ihrer Einschätzung zufolge wären Zölle von bis zu 50 Prozent erforderlich, um den Herstellern ernsthafte Schmerzen zuzufügen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen skizzierte die Problematik Mitte September im Europaparlament in Straßburg wie folgt: „Nehmen Sie den Sektor der Elektrofahrzeuge. Er ist ein entscheidender Industriezweig für die saubere Wirtschaft und birgt ein riesiges Potenzial für Europa. Aber die globalen Märkte werden jetzt mit billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt. Und ihr Preis wird durch enorme staatliche Subventionen künstlich niedrig gehalten.“ Dadurch wird in den Augen der EU-Kommission der hiesige Markt verzerrt. „Und da wir dies nicht von innen heraus akzeptieren, akzeptieren wir es auch nicht von außen. Deshalb kann ich heute ankündigen, dass die Kommission eine Antisubventionsuntersuchung für Elektrofahrzeuge aus China einleitet. Europa ist offen für den Wettbewerb. Nicht für einen Wettlauf nach unten“, so von der Leyen seinerzeit weiter.
Die Ankündigung löste ein enormes Echo aus – allen voran natürlich aus China selbst: „Diese Ausgleichszolluntersuchung aus Europa basiert nur auf subjektiven Annahmen über sogenannte Subventionen und Schadensdrohungen. Es fehlt an ausreichenden Beweisen und steht im Widerspruch zu den einschlägigen WTO-Regeln, und China ist sehr unzufrieden damit“, sagte etwa ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums. Die europäische Seite habe China aufgefordert, innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums Konsultationen durchzuführen, es aber versäumt, „wirksame Konsultationsunterlagen“ zur Verfügung zu stellen, was Chinas Rechte und Interessen verletze, so der Sprecher. Die von der EU geplanten Untersuchungsmaßnahmen dienten dazu, die eigene Industrie im Namen des „fairen Handels“ zu schützen und seien in Wirklichkeit reiner Protektionismus. Dies werde die globale Automobilindustrie und Lieferketten, auch in der EU, stören und verzerren, und sich negativ auf die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und der EU auswirken.
Die EU betont dagegen, dass die Untersuchung nach strengen rechtlichen Verfahren im Einklang mit den EU- und WTO-Regeln durchgeführt werde. „Alle betroffenen Parteien, einschließlich der chinesischen Regierung und der Unternehmen/Exporteure können ihre Kommentare, Beweise und Argumente vorlegen.“ In China produzierende nicht-chinesische Marken wie Tesla, Renault und BMW sind von der Untersuchung übrigens nicht betroffen.
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