USA erhöhen Zölle auf E-Autos aus China auf 100%
Nicht nur Elektrofahrzeuge aus China sind von der Anhebung der Importzölle in den USA betroffen, sondern auch weitere Produkte „in strategischen Sektoren“, etwa Batterien und Halbleiter. Damit geht die Biden-Administration einen weiteren Schritt in ihrer Strategie, Produktion und Lieferketten in den USA aufzubauen und abzuschirmen. Im Gegensatz zum Inflation Reduction Act und weiteren Anreizpaketen mit seinen umfassenden Subventionen zur Anwerbung grüner Technologieunternehmen zielt die Zollerhöhung auf die Teuerung von in China hergestellten Schlüsselprodukten.
Für Elektrofahrzeuge werden in diesem Zuge in den USA die Zölle im laufenden Jahr von bisher 25 auf 100 Prozent vervierfacht. Der Zollsatz für Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz in E-Fahrzeugen oder einzelne Batteriekomponenten wird ebenfalls dieses Jahr von 7,5 auf 25 Prozent erhöht. Neu eingeführt wird 2026 zudem ein Zollsatz von 25 Prozent auf Naturgraphit, Permanentmagnete und bereits ab 2024 auf bestimmte andere kritische Materialien.
Aus dem Weißen Haus heißt es mit Blick auf die E-Autos aus China, dass diese von „umfangreichen Subventionen“ und „nicht marktkonformen Praktiken“ profitierten. Auf diese Weise herbeigeführte Überkapazitäten hätten dazu geführt, dass Chinas Exporte von Elektrofahrzeugen zwischen 2022 und 2023 um 70 Prozent gestiegen seien – „und damit produktive Investitionen in anderen Ländern gefährden“. Der Zollsatz von 100 % auf E-Fahrzeuge solle „amerikanische Hersteller vor Chinas unfairen Handelspraktiken schützen“.
Marktmacht gefährde nationale Sicherheit
Zu der Anhebung der Importzölle auf E-Auto-Batterien und deren Komponenten argumentiert die Biden-Administration nicht mit Dumping, sondern mit der beherrschenden Marktmacht der Chinesen. Diese kontrollierten derzeit „über 80 Prozent bestimmter Segmente der Lieferkette für Elektroautobatterien, insbesondere vorgelagerte Bereiche wie den Abbau, die Verarbeitung und die Raffination kritischer Mineralien“. Dies macht aus Sicht der Regierung die eigenen Lieferketten verwundbar und gefährde die nationale Sicherheit und die Ziele für saubere Energie.
Im Weißen Haus will man die Zollerhöhung als Teil einer Gesamtstrategie verstehen, die Investitionsanreize, groß angelegte Wirtschaftsprogramme, Steuergutschriften und rechtliche Vorgaben flankiert, um u.a. in den genannten Sektoren eine derartige Lenkungswirkung zu entfalten, dass „eine ausreichende industrielle Basis im Inland aufgebaut werden kann“. Auch die EU hat diese „Investing in America“-Agenda schon negativ zu spüren bekommen. Und die Hängepartie um eine etwaige Rohstoffpartnerschaft hält an, um zwischen EU und USA wieder in die Balance zu kommen.
USA prangern „künstlich verbilligte Exporte“ an
Doch der jetzige Vorstoß gegenüber China spielt in einer anderen Liga. Präsident Biden nimmt damit das Aufflammen eines neuerlichen Handelskonflikts in Kauf – auch durch den Ton, der in der offiziellen Mitteilung des Weißen Hauses angeschlagen wird. Etwa in folgender Passage: „Chinas unfaire Handelspraktiken in Bezug auf Technologietransfer, geistiges Eigentum und Innovation bedrohen amerikanische Unternehmen und Arbeitnehmer. Außerdem überschwemmt China die Weltmärkte mit künstlich verbilligten Exporten. Als Reaktion auf Chinas unfaire Handelspraktiken und um den daraus resultierenden Schäden entgegenzuwirken, weise Präsident Biden heute seinen Handelsbeauftragten an, die Zölle gemäß Abschnitt 301 des Handelsgesetzes von 1974 auf Importe aus China im Wert von 18 Milliarden Dollar zu erhöhen, um amerikanische Arbeitnehmer und Unternehmen zu schützen.“
An anderer Stelle heißt es, dass Chinas erzwungene Technologietransfers und der Diebstahl von geistigem Eigentum dazu beigetragen hätten, dass das Land 70, 80 und sogar 90 Prozent der weltweiten Produktion von kritischen Inputs für unsere Technologien, Infrastruktur, Energie und Gesundheitsversorgung kontrolliere. Damit habe China „inakzeptable Risiken für Amerikas Lieferketten und wirtschaftliche Sicherheit geschaffen“.
Auch die EU droht China mit der Einführung von Strafzöllen auf E-Autos, geht dabei aber weniger brachial vor. Im Oktober 2023 leitete die EU offiziell eine „Antisubventionsuntersuchung“ ein, die ebenfalls auf der Annahme beruht, dass chinesische Elektrofahrzeug-Importeure in ihrer Heimat von übermäßigen staatlichen Subventionen profitieren, was den Wettbewerb in Europa verzerrt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen skizzierte die Problematik Mitte September 2023 wie folgt: „Der Sektor der Elektrofahrzeuge ist ein entscheidender Industriezweig für die saubere Wirtschaft und birgt ein riesiges Potenzial für Europa. Aber die globalen Märkte werden jetzt mit billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt. Und ihr Preis wird durch enorme staatliche Subventionen künstlich niedrig gehalten.“
Zuletzt rügte die EU-Kommission die drei chinesischen Elektroauto-Hersteller BYD, SAIC und Geely dafür, im Rahmen der Untersuchung nicht genügend Informationen bereitzustellen. Inzwischen erfasst die EU auch bereits importierte Elektroautos aus China, die für Strafzölle in Frage kommen. Dies gilt als vorbereitende Maßnahme für die potenzielle Einführung des Instruments. Abgeschlossen sein soll die Anti-Dumping-Untersuchung im November 2024 , doch Strafzölle könnten rückwirkend bereits ab Juli gelten.
Zölle helfen erst ab gewisser Höhe
Sollte die EU den derzeit bei 10 Prozent liegenden Zoll um Strafzölle aufstocken, werden diese für alle Importe von Elektrofahrzeugen aus China gelten, wobei die EU bei den Prozentsätzen für die einzelnen Hersteller variieren kann. Analysten der Rhodium Group kamen unterdessen kürzlich zu dem Schluss, dass die chinesischen Hersteller von E-Autos so wettbewerbsfähig sind, dass sie auch dann noch Gewinne erzielen würden, wenn die EU Einfuhrzölle in Höhe von bis zu 30 Prozent erheben würde. Ihrer Einschätzung zufolge wären Zölle von bis zu 50 Prozent erforderlich, um den Herstellern „ernsthafte Schmerzen zuzufügen“.
In China löste die Ankündigung der Anti-Dumping-Untersuchung letztes Jahr übrigens ein enormes Echo aus: „Diese Ausgleichszolluntersuchung aus Europa basiert nur auf subjektiven Annahmen über sogenannte Subventionen und Schadensdrohungen. Es fehlt an ausreichenden Beweisen und steht im Widerspruch zu den einschlägigen WTO-Regeln, und China ist sehr unzufrieden damit“, sagte etwa ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums. Die von der EU geplanten Untersuchungsmaßnahmen dienten dazu, die eigene Industrie im Namen des „fairen Handels“ zu schützen und seien in Wirklichkeit reiner Protektionismus. Dies werde die globale Automobilindustrie und Lieferketten, auch in der EU, stören und verzerren, und sich negativ auf die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und der EU auswirken.
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