Votum vollendet: EU gibt sich strengere CO2-Standards für Lkw und Busse
Beschlossen ist nun konkret, dass Hersteller die durchschnittlichen Emissionen von Lkw mit einem Gewicht ab 7,5 Tonnen und Reisebussen ab 2030 um 45 Prozent, ab 2035 um 65 Prozent und ab 2040 um 90 Prozent senken müssen. Als Referenz gelten dabei die CO2-Emissionen von 2019. Ab 2035 müssen die neuen Vorschriften auch von sogenannten Berufsfahrzeugen wie Müll- und Baufahrzeuge eingehalten werden. Auch die Hersteller von Lkw-Anhängern haben die Emissionswerte von Anhängern bis 2030 um 10 Prozent zu verbessern. Und: Bis 2030 müssen 90 Prozent der neuen Stadtbusse emissionsfrei sein und bis 2035 dann 100 Prozent erreicht werden.
Das Europäische Parlament gab den Weg für diese neuen CO2-Standards vor rund einem Monat frei. Die Abgeordneten sprachen sich mit 341 Ja-Stimmen, 268 Nein-Stimmen und 14 Enthaltungen für die Vorlage aus. Damit fehlte nur noch die Zustimmung des Europäischen Rats, die nun erfolgt ist. Die neue Verordnung wird nun unterzeichnet und im Amtsblatt der EU publiziert. Sie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Durchbruch bei Verhandlungen bereits im Februar
Die beschlossenen CO2-Vorgaben entsprechen im Groben den ursprünglichen Vorschlägen der Kommission und fast 1:1 der vorläufigen Einigung von Parlament und Rat, die im Februar den Durchbruch für die vorgeschlagenen neuen Standards bedeutete. Eine der wenigen Änderung zum Ursprungsvorschlag von Anfang 2023 ist, dass nicht mehr das Jahr 2030 für 100 Prozent emissionsfreie Busse angestrebt wird, sondern die EU für dieses Ziel fünf weitere Jahre Zeit gewährt.
Mit den neuen Vorschriften wird der Zeitraum ab 2030 in den Blick genommen. Das bestehende Ziel für 2025, wonach die Emissionen von schweren Lastkraftwagen mit einem Gewicht ab 16 Tonnen um 15 Prozent reduziert werden müssen, bleibt unangetastet. Verschärft wird dagegen die Zielmarke für 2030, die nach alter Verordnung bei 30 Prozent Einsparung lag und nun auf 45 Prozent angehoben wird. Die Wirksamkeit und die Auswirkungen der geänderten Verordnung werden dabei von der Kommission im Jahr 2027 überprüft.
Interessant ist unter anderem der Blick auf die Berufsfahrzeuge, die zwar erst ab 2035 unter den Geltungsbereich der Regelung fallen (das 2030er-Zwischenziel von -45 % betrifft sie also nicht), dann aber gleich die -60 Prozent erfüllen müssen. Der Aufschub ist also nur klein. Fakt ist, dass dadurch der Geltungsbereich der Vorschriften erheblich ausgeweitet wird. Denn die noch aktuell geltenden Normen betreffen nur 65 Prozent der neu verkauften Lkw, die neuen werden 90 Prozent abdecken. Ausgenommen sein sollen nur noch:
- Kleinserienhersteller und Fahrzeuge für den Bergbau, die Forstwirtschaft und die Landwirtschaft,
- Fahrzeuge für den Einsatz bei Bundeswehr und Feuerwehr,
- Fahrzeuge für den Einsatz im Katastrophenschutz, der öffentlichen Ordnung und der medizinischen Versorgung.
Zugeständnis mit Blick auf eFuels
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass auch die FDP ihren Willen hinsichtlich einer möglichen späteren Berücksichtigung von E-Fuels bekommt – und zwar in Form einer Zusage zur bereits erwähnten Überprüfung der Verordnung im Jahr 2027. Wir erinnern uns: Im Februar standen die neuen CO2-Standards für Lkw und Busse überraschend noch einmal auf der Kippe – wegen einer drohenden Blockade durch Deutschland, erzwungen von der FDP. Dabei hatten sich Rat und Parlament eigentlich schon Mitte Januar vorläufig geeinigt. Die größten Hürden galten seitdem als abgeräumt.
Doch im Februar zeichnete sich ab, dass ein Vorhaben der gesamten EU einmal mehr durch die kleinste deutsche Regierungspartei FDP torpediert werden könnte. Tatsächlich legten die Liberalen seinerzeit ein Veto gegen die geplante Begrenzung des CO2-Ausstoßes bei Lastwagen und Bussen ein. Damit wäre Deutschland gezwungen gewesen, sich bei der finalen Abstimmung zu enthalten. Daraufhin kam es zu einem Kompromiss, bei dem es sich im Kern um eine Hintertür für Lkw handelt, die künftig E-Fuels tanken. Damit konnten die Vorbehalte der FDP ausgeräumt werden, die sich zuvor für eine „technologieoffene“ Lösung eingesetzt hatte.
Nicht der erste Zoff durch FDP-Alleingänge
Zu einer ähnlichen Drohhaltung der FDP, ein schon geschnürtes Paket auf EU-Ebene platzen zu lassen und dadurch Zugeständnisse für E-Fuels zu erzielen, kam es schon bei den Flottengrenzwerten für Pkw vor etwa einem Jahr. Auch seinerzeit gab es erst Zoff und dann einen Kompromiss mit der Kommission – und weniger Tage später wurde das De-facto-Aus für Verbrenner beschlossen. Die FDP erhielt das Zugeständnis eines Verweises auf E-Kraftstoffe in der Verordnung und die Zusage, dass die Kommission einen Vorschlag für die Zulassung von Fahrzeugen vorlegen werde, „die nach 2035 ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden“.
So oder so: Ein komplettes Verbrenner-Aus beim Lkw ist im Gegensatz zum Stadtbus- und Pkw-Bereich vom Tisch. Der politische Konsens auf EU-Ebene ist eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 90 Prozent im Vergleich zu 2019. Klar ist aber: Die Reduktion um 90 Prozent wird nicht mit effizienteren Verbrennern zu erreichen sein, sondern nur mit einer Elektrifizierung im großen Stil.
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