Bundesregierung beschließt Ladesäulen-Pflicht für Tankstellen ab 2028
So sollen rund 8.000 zusätzliche Schnellladepunkte „an Tankstellen oder im direkten Umfeld“ entstehen, wie die Regierung vorrechnet. In der Mitteilung wird die nun beschlossene Ladesäulen-Pflicht als „eine Maßnahme für den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur und damit für mehr Vertrauen in die Elektromobilität“ bezeichnet.
Denn: Viele Tankstellen bieten bereits heute Schnellladepunkte (im März 2024 waren es sieben Prozent), laut der Regierung ist dieses Angebot allerdings „noch nicht flächendeckend und regional verschieden“. Um Schnelllader in der Fläche zu schaffen, gibt es zum einen das im Aufbau befindliche Deutschlandnetz, mit dem „möglichst zeitnah eine Basisversorgung mit Schnellladeinfrastruktur“ aufgebaut werden soll. „Im Hinblick auf das Ziel von 15 Millionen E-Autos im Jahr 2030 wird sich der Bedarf an Ladeinfrastruktur in Zukunft weiter erhöhen. Deshalb braucht es aus Sicht der Bundesregierung eine gesetzliche Verpflichtung, die das Angebot an Lademöglichkeiten perspektivisch sichert“, teilt die Regierung mit. Ein Statement von Bundeskanzler Scholz oder anderen Ministern ist in der Mitteilung nicht enthalten.
Ladesäulen-Auflage wurde bereits abgeschwächt
Als Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Februar erste Eckpunkte des Gesetztentwurf bestätigt hatte, hieß es noch, dass durch die Auflage rund 9.000 zusätzliche Lademöglichkeiten geschaffen werden sollen. Als „große Tankstellenunternehmen“ gelten Betreiber mit mindestens 200 Standorten, damit kleine und regionale Anbieter ausgenommen und vor „wirtschaftlicher Überforderung“ geschützt werden. Aber: Große Tankstellenbetreiber wie Aral und Shell haben mit Aral Pulse und Shell Recharge ohnehin schon eigene HPC-Produkte im Angebot und bauen von sich aus Schnelllader auf. Dieser Bestand soll bei der Verpflichtung berücksichtigt werden, heißt es.
Die Versorgungsauflage für Tankstellen geht auf den „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ zurück, den die Regierung im Oktober 2022 beschlossen hatte – damals mit dem Ziel, dass bis Ende 2026 an mindestens 75 Prozent der Tankstellen Schnelllader mit mindestens 150 kW in Betrieb sein sollen. Dieses Ziel wurde aber später abgeschwächt, als die Auflage auf die größeren Tankstellenketten beschränkt wurde – zudem wurde der Zeitrahmen bis 2028 verlängert.
Kritik an dem Plan der Regierung kommt etwa vom BDEW. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat sich mehrfach für einen bedarfsgerecheten Lade-Ausbau ausgesprochen und verweist darauf, dass bereits heute in Deutschland doppelt so viel Ladeleistung installiert sei, wie die europäischen Mindestziele vorgeben. Die Kritik an der Tankstellen-Auflage ist aber nicht nur pauschal.
„Beim Umstieg auf Elektromobilität gilt es auch, sich teils von bestehenden Denkmustern zu lösen: Laden ist nicht Tanken, der Lademarkt ist ein ganz anderer als das Tankstellen-Geschäft mit Kraftstoffen“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Das Laden von Elektrofahrzeugen findet überall dort statt, wo die Fahrzeuge länger stehen, z.B. auf dem Supermarkt-Parkplatz, am Hotel, beim Arbeitgeber oder zu Hause. Dazu kommt das Laden an Fernverkehrsstraßen oder an Schnelllade-Hubs. Das heißt, die Anwendungsfälle sind deutlich diverser als beim Tanken.“ Sprich: In der BDEW-Darstellung bauen die Unternehmen – inklusive Tankstellenbetreiber – bereits heute in Eigeninitiative Ladesäulen auf, wenn es sich aus ihrer Sicht lohnt. Eine Verpflichtung sei „weder zielführend noch bedarfsgerecht“.
Eine spezielle Förderung für die Tankstellenbetreiber hat die Regierung übrigens nicht angekündigt. In der Mitteilung wird nur auf die allgemeinen Möglichkeiten verwiesen, Unternehmen beim Aufbau von Schnellladepunkten für E-Pkw und E-Lkw zu unterstützen: Wie berichtet fördert das Bundesverkehrsministerium gewerbliche Schnelllader mit 150 Millionen Euro – Anträge sind ab dem 3. Juni 2024 möglich.
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