VW baut 20.000-Euro-Stromer in Eigenregie
VW gibt in der Mitteilung selbst an, sich „bereits seit längerer Zeit“ damit zu beschäftigen, „kompakte, besonders preiswerte Elektrofahrzeuge in der Preisregion um 20.000 Euro anzubieten“. Die Mitteilung wurde wohlgemerkt vom Konzern, also der Volkswagen Group Communications, versendet und nicht von der Marke VW. Denn: Mit solchen Fahrzeugen sollen „die Volumenmarken des Konzerns“ ihr Versprechen erfüllen, Mobilität für Alle zu ermöglichen und den Einstieg in die E-Mobilität zu erleichtern. „Der Volkswagen Konzern nimmt mit seiner Markenvielfalt auch gesellschaftliche Verantwortung für bezahlbare, nachhaltige Mobilität wahr“, heißt es in der Mitteilung.
In diese Richtung äußert sich auch Konzern-CEO Oliver Blume in der Mitteilung. „Generationen von Menschen verbinden die starken Marken des Volkswagen Konzerns mit ihrem ersten Auto – und mit bezahlbarer Mobilität“, so der Wolfsburger Spitzenmanager. „Bis heute übernehmen wir als Konzern mit starken Marken diese gesellschaftliche Verantwortung. Deshalb freut es mich sehr, dass wir ein zukunftsweisendes Projekt auf den Weg bringen. Es geht um elektrische Einstiegsmobilität aus Europa für Europa. Damit verbinden wir ein klares Bekenntnis zum Industriestandort Europa, einer europäischen Industriepolitik und handeln damit letztendlich im Sinne der europäischen Kunden.“
VW setzt auf kurze Lieferwege – und wohl keine Batterie aus Fernost
VW gibt an, bei diesem Projekt auf einen hohen europäischen Lokalisierungsgrad zu setzen, „der wiederum dem Industriestandort Europa zugutekommt“. Weiterer Vorteil sei, dass lange Transportwege von Komponenten verringert und folglich CO2-Belastungen vermieden werden.
Details zu dem Fahrzeug, das im Falle von VW selbst womöglich ID.1 genannt wird, gibt der Konzern aber noch nicht bekannt. Es ist also unklar, auf welcher Plattform die Fahrzeuge basieren werden und welche Eckdaten bei Batterie, Reichweite und Ladesystem angepeilt werden. Gerade die Batterie als einer der größten Kostenfaktoren bei einem Elektroauto ist in diesem Preissegment besonders wichtig. Mit der Aussage zu den kurzen Lieferwegen scheint es eher unwahrscheinlich, dass VW auf zugekaufte Batteriezellen aus Fernost setzt.
Thomas Schäfer, CEO der Marke Volkswagen und Leiter der Markengruppe Core, hält den Basispreis von 20.000 Euro für herausfordernd, aber machbar. „Trotz günstigem Preis werden wir mit unseren Fahrzeugen Maßstäbe im Einstiegssegment setzen bei Technologie, Design, Qualität und Kundenerlebnis. Diese Aufgabe ist aufgrund der steigenden Energie-, Material- und Rohstoffkosten anspruchsvoller geworden“, sagt Schäfer.“ Klar ist: Elektromobilität aus Europa für Europa kann nur mit Unterstützung der Politik und konkurrenzfähigen Rahmenbedingungen gelingen.“
Bereits im März zur Präsentation der Geschäftszahlen für 2023 hatte Schäfer angegeben, dass ein 20.000-Euro-Stromer 2027 auf den Markt kommen soll und dass der Arbeitstitel ID.1 sei. „Wir sind schon mittendrin, wissen, wie das Auto aussehen muss“, so der VW-Markenchef damals. Nur die genaue Umsetzung war noch nicht entschieden.
Eine der Optionen war eine Partnerschaft mit Renault rund um E-Kleinwagen in dieser Preisklasse – die Franzosen arbeiten für 2026 an einer Elektro-Neuauflage des Twingo, der ebenfalls zu Preisen ab 20.000 Euro angeboten werden soll. Und Schäfer hatte offen eingeräumt, dass sich aufgrund der hohen Batteriekosten ein Fahrzeugpreis von 20.000 Euro nur mit sehr hohen Stückzahlen erreichen lasse – was für eine Kooperation sprach. Die Verhandlungen waren bereits weit fortgeschritten und Renault-CEO Luca de Meo war sich der Sache so sicher, dass er sich – untypisch für derart hochrangige Manager – zu Andeutungen rund um die Partnerschaft hinreißen lies.
Dass die Gespräche zwischen den beiden Autobauern gescheitert sind, hatte de Meo selbst in der vergangenen Woche verkündet. Warum man sich trotz der langen Verhandlungen am Ende nicht einigen konnte, ist von den Unternehmen bis heute nicht bestätigt. Früheren Berichten zufolge soll der VW-Betriebsrat gegen die Zusammenarbeit gewesen sein, da nach dem bekannten Verhandlungsstand sowohl die Renault- als auch VW-Fahrzeuge im Renault-Werk Novo Mesto hätten gebaut werden sollen. Ein so Volumen-starkes Projekt nach außen zu vergeben, während die eigenen Werke nicht gut ausgelastet sind, stieß dem Betriebsrat wohl sauer auf.
Klar ist mit der VW-Ankündigung, dass sich die Wolfsburger keinen anderen Partner für das Kleinwagen-Projekt suchen, sondern in Eigenregie umsetzen wollen. Ob sich die Franzosen jetzt für die wichtigen Stückzahlen zur Kostensenkung mit anderen Autobauern zusammentun, ist noch nicht bekannt. Renault hatte schon bekräftigt, das Projekt auch selbst umsetzen zu können. In aktuellen Berichten wird jedoch schon über eine Kleinwagen-Partnerschaft mit den Allianz-Partnern Nissan und Mitsubishi spekuliert.
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