Jetzt geht der Preiskampf los: Erste Probefahrt mit dem neuen Citroën ë-C3
Auf den ersten Blick möchte man sagen: „Liebling, ich habe den Avenger geschrumpft!“ Optisch ist der Citroën ë-C3 nämlich seinem Konzernbruder sehr ähnlich: Kompakte Grundfläche, dafür recht hoch, kantiges Design und peppige Farben (neben dem langweiligen Standard-schwarz-weiß-grau-Einerlei gibt es ein hübsches Baby-blau und ein knalliges Rot).
Die Ähnlichkeit kommt nicht von ungefähr, denn der ë-C3 ist quasi die nächste Evolutionsstufe von Jeep Avenger, Opel Mokka & Co. Die Basis für die meisten aktuell erhältlichen Stellantis-Elektroautos ist die „Common Modular Plattform“ (CMP), die ihre Ursprünge noch bei PSA hat. Diese hat man zur „CMP Smart Car“ weiterentwickelt, um bessere technische Daten bei niedrigeren Preisen zu erreichen.
Diesen technischen Hintergrund vor Augen ist es wenig überraschend, dass uns der Wagen nicht nur von außen, sondern auch von innen sofort bekannt vorkommt: Das Infotainment hat den bekannten Stellantis-Look und vom Gangwahlhebel bis zur Mittelkonsole kommt alles aus dem Konzernregal. Die Verarbeitungsqualität ist trotz des deutlich niedrigeren Preises weitgehend gleich geblieben: Viel Hartplastik, dieses aber sauber verarbeitet, immer noch zu viele glossy Oberflächen und etwas mehr Stoffbezüge.
Mal wieder konnte Stellantis sich noch nicht zu einem Purpose Design durchringen, sondern setzt erneut auf eine Multi-Antriebsstrategie mit entsprechenden Vor- und Nachteilen. Beispielsweise sucht man einen Frunk (Kofferraum unter der Motorhaube) weiterhin vergeblich, obwohl dort viel Platz wäre.
Neu ist statt den bekannten großen und bunten Tacho-Displays ein recht kleines, monochromes Pseudo-Headup-Display, das seine Informationen nicht direkt in der Scheibe, sondern unmittelbar darunter anzeigt. Gimmicks wie eine Navi-Karte oder gar Infotainment-Infos gibt es hier nicht, aber dafür alles, was für ein E-Auto wichtig ist: Neben der Geschwindigkeit sind das die Reichweite in Kilometern, prozentualer Akkustand, Kilometerzähler und zwei Verbrauchszähler. Das Ablenkungspotential ist gering und mehr braucht so ein günstiges Auto auch nicht. In Zeiten, in denen manch anderer Autobauer das Tacho-Display ganz weg spart (z. B. Volvo EX30 und Tesla Model 3), ist es schön, dass Citroën sich hier anders entschieden hat.
„Bring your own device“
Ähnlich aufgeräumt ist der Zentralbildschirm, der zwar ein eigenes Navi und Radio bietet, aber recht deutlich signalisiert, dass man bitte lieber Apple CarPlay oder Android Auto benutzen soll. So hat das Navi zwar eine brauchbare Online-Suche und solide Routenführung – das Ladestationsverzeichnis ist dagegen wegen fehlender Filter relativ nutzlos und einen richtigen Ladeplaner gibt es gar nicht erst. Statt auf performante Hardware im Fahrzeug setzt Citroën auf die Smartphones der Kunden: Die haben ohnehin mehr Leistung und EV-Routenplanung geht dort mit diversen Apps problemlos. Dem trägt man jetzt Rechnung und bietet eine „E-Routes“-App an, die Routenführung und Ladeplanung auf dem Smartphone durchführt und zusätzlich Daten zu Akkustand und Verbrauch direkt vom Fahrzeug erhält, damit die Infos der Echtzeitlage angepasst werden können. In der Basisversion hat man konsequenterweise gleich ganz auf den Zentralbildschirm verzichtet und stattdessen nur eine Smartphone-Halterung in die Mitte des Armaturenbretts gedübelt. Das ist zwar nicht ästhetisch, aber eine sinnvolle Sparmaßnahme, die der Tatsache Rechnung trägt, dass die vielen Kunden ohnehin lieber ihr Smartphone als die Software des Herstellers nutzen.
Gutes Platzangebot
Beim Fahren zeigt der ë-C3 sich überraschend bequem, deutlich weicher als die teils etwas hölzern abgestimmten älteren Stellantis E-Fahrzeuge. Das Raumangebot geht auf vier Sitzplätzen in Ordnung, lediglich der Mittelsitz der Rückbank ist durch eine wuchtige Mittelkonsole und wenig Sitzflächenbreite eher ein Notsitz, man könnte den Wagen auch einen 4+1-Sitzer nennen. Durch das recht hoch ansetzende Dach gibt es überall mächtig Kopffreiheit und die Vordersitze sind hoch genug, dass die Passagiere zusätzlichen Fußraum unter Fahrer- und Beifahrersitz finden. Nur die Sitzfläche auf der Rückbank ist etwas knapp, aber bei nur vier Metern Außenlänge muss man irgendwo Kompromisse machen. Etwas tückisch (und typisch Französisch) können die kleinen Pedale werden: Mit einem etwas größeren Fuß tritt man schnell ungewollt Strompedal und Bremse gleichzeitig. Angenehm ist dagegen das kleine Lenkrad, das für Go-Kart-Feeling sorgt.
Verbrauch und Laden: Solide
Die Beschleunigung geht ebenfalls in Ordnung – mit 11 Sekunden von 0 auf 100 km/h gewinnt man natürlich keinen Ampelsprint, schwimmt aber in jeder Verkehrssituation souverän mit. Lediglich auf der Autobahn wirkt der 83 kW Motor teilweise etwas schwachbrünstig. Wirklich angenehm ist die Rekuperation, die jetzt standardmäßig auf der stärksten Stufe eingestellt ist und per Knopfdruck abgeschwächt werden kann. Bis zum Stillstand bremst sie zwar nicht, aber im fließenden Verkehr kommt man gut mit nur einem Pedal zurecht.
Bei konstant 120 km/h genehmigt der Wagen sich 17,5 kWh/ 100 km – mit der 43,7 kWh netto fassenden Batterie entspricht das realen 250 Kilometern auf der Autobahn. Für so ein günstiges Auto völlig in Ordnung. Auch beim Laden erweist sich die LFP-Batterie als gutmütig, statt der 100 kW aus dem Datenblatt nimmt sie zwar nur 88 kW Spitzenleistung an, hält diese aber recht konstant und lädt in 35 Minuten von 10 auf 80 %. Auch hier wieder: Kein Benchmark, aber für ein günstiges Einsteiger-Fahrzeug völlig ausreichend.
Assistenten und Software: Beta
Oft nachgefragt wurde eine Bewertung der Assistenzsysteme, diese können wir leider nicht geben, weil die Testfahrzeuge noch nicht den endgültigen Serienstand hatten und alle Assistenzfunktionen abgeschaltet waren. So können wir hier nur die offiziellen Infos zitieren, laut welcher der ë-C3 unter anderem einen Spurverlassenwarner, Tempomat samt Limiter und eine Verkehrszeichenerkennung bekommen soll. Letztere ist samt akustischer Warnung in der EU ohnehin Pflicht geworden, Citroën hat dankenswerterweise einen gut positionierten Knopf verbaut, mit dem der Bimmelton abgeschaltet werden kann – in den meisten aktuellen Fahrzeugen ist das ständige Gepiepse recht nervig.
Preise und Ausstattungen
Wir sind zum Test in der teureren der beiden Ausstattungslinien unterwegs gewesen, die „Max“ genannte Version kostet 27.800 €, also 4.500 € mehr als die Basisvariante „You“. Neben dem Zentraldisplay kommen dann noch elektrische Fensterheber hinten, eine Rückfahrkamera, eine geteilt umklappbare Rückbank und eine induktive Ladeschale für Smartphones dazu. Außerdem bekommt die Max-Variante gleich drei zusätzliche USB-C-Anschlüsse – für quengelnde iPad-Kinder auf der Rückbank ein wichtiges Feature. Apropos Kinder: ISOFIX-Plätze gibt es zwei, hinten links und rechts.
In der Basisausstattung ist die Klimaanlage keine selbstregelnde Automatik, sondern muss manuell geregelt werden, ebenso die Scheibenwischer. Standard sind dagegen unter anderem Parksensoren hinten, Lenkradbedienung für das Smartphone und ein einphasiger 7,4 kW AC-Lader (11 kW dreiphasig gibt’s gegen Aufpreis).
Ein gelungener Zweitwagen
Nach diesem ersten Test sind wir versucht, den ë-C3 als durchaus erstwagen-tauglich einzustufen. Er lädt passabel, hat genug Reichweite für den Alltag und bei 1-2 Urlaubsfahrten im Jahr kann man für so ein günstiges Auto auch ein paar Minuten länger Pause machen. Das Platzangebot geht für zwei Personen mit viel Gepäck oder 3-4 Personen mit sehr leichtem Gepäck in Ordnung. Unterm Strich reicht der ë-C3 für die Anforderungen der allermeisten Autofahrer wahrscheinlich ziemlich gut aus.
Zwei Haken bleiben aber. Der offensichtliche zuerst: Der Verbrenner ist in beiden Ausstattungen mindestens 8.000 € günstiger. Das gibt eine gute Orientierung, was der Wagen eigentlich wert ist. Und auch mit der bereits angekündigten noch günstigeren Variante wird dieser Abstand nur bedingt besser, denn die Version für unter 20.000 € wird wohl bei der Batteriekapazität abspecken müssen.
LFP: Fluch und Segen
Das größere Fragezeichen aber steht hinter der Wintertauglichkeit, denn LFP-Batterien sind zwar günstig, brauchen es dafür aber etwas wärmer. Während unserer Testfahrt durch Niederösterreich, das Burgenland und die Steiermark fiel die Außentemperatur nicht unter 20 Grad – quasi die bestmöglichen Bedingungen. Im Winter dürfte die Reichweite ein bisschen fallen, während die Ladezeit wohl signifikant steigen wird. Und damit fällt der ë-C3 dann vielleicht doch wieder aus dem einen oder anderen Nutzungsprofil heraus.
Wer auf jeden Kilometer Reichweite angewiesen ist, ist gut beraten, auf die Testberichte aus der kalten Jahreszeit zu warten. Oder andersrum: Wer sich den ë-C3 als Erstwagen holen möchte, sollte ihn ganz genau anschauen und intensiv ausprobieren. Wer dagegen auf der Suche nach einem rundum soliden Zweitwagen ist, kann jetzt schon fast blind bestellen, denn dafür macht der ë-C3 so ziemlich alles richtig. Wer ohne Schnickschnack elektrisch von A nach B kommen will, macht mit der „You“-Ausstattungslinie nichts verkehrt, wirklich essenzielle Sachen wurden hier nicht gestrichen. Die „Max“-Variante hat zwar diverse Annehmlichkeiten, wer aber lieber 4.500 € sparen will, kann das hier ohne große Einschränkungen problemlos tun.
Der erste europäische Preis-Leistungskracher
Citroën schickt mit diesem Auto nicht nur ein Signal an chinesische Hersteller (die zwar sehr viele günstige BEVs im Heimatmarkt verkaufen, aber noch keines für unter 25.000 € nach Europa gebracht haben), sondern auch an die innereuropäische Konkurrenz. Denn im Gegensatz zum Dacia Spring ist der Citroën ë-C3 kein klappriges Sparmobil, sondern ein richtiges Auto und im Gegensatz zu VWs ID.2 ist er JETZT bestellbar.
9 Kommentare