Fraunhofer IZM entwickelt besseren Onboard-Charger

Dem Fraunhofer IZM ist es gelungen, einige der jüngsten Errungenschaften aus dem Bereich der Leistungselektronik für die nächste Generation der Onboard-Charger zu kombinieren. Das Ergebnis: Ein Onboard-Charger mit doppelter Ladeleistung bei halbem Volumen, der zudem bidirektional einsetzbar ist.

fraunhofer izm on board charger
Bild: Fraunhofer IZM | Volker Mai

Dass Elektroautos an Schnellladestationen mit bis zu 350 kW besonders schnell geladen werden können, besagt schon der Name. Doch quasi niemand hat eine Schnellladestation zu Hause – und auch im öffentlichen Raum gibt es noch viele AC-Lader mit maximal 22 kW Leistung. Damit ist für viele Automodelle ein vollständiges Laden des Akkus in vier Stunden möglich. Ein Großteil der aktuellen E-Flotte ist aber nur für die Aufnahme von maximal 11 kW konzipiert – wegen ihres Ladegeräts, dem verbauten Onboard-Charger (OBC).

Zudem bestehen die bisherigen OBC aus mehreren Bauteilen, darunter große Spulen, die teils in aufwändiger Handarbeit gefertigt und zusammengefügt werden müssen und letztlich viel Platz benötigen. Für einige wenige Automodelle ist ein Upgrade von 11 auf 22 kW zu haben – durch Einbau eines zweiten oder größeren OBC-Moduls, das den ohnehin großen Platzbedarf weiter erhöht und den Preis in die Höhe treibt. Außerdem funktionieren die meisten OBC nur in eine Richtung, nämlich fürs Laden der Autobatterie. Den Strom können sie von dort nicht wieder ins Netz einspeisen oder die große Fahrzeugbatterie als Heimspeicher für die eigene Solaranlage nutzen. Das Speicherpotenzial der Auto-Akkus kann damit auch nicht für die anvisierte Energiewende genutzt werden.

Hier hat das Fraunhofer IZM angesetzt und einen Onboard-Charger entwickelt, der das Volumen solcher Geräte auf drei Liter reduziert und damit im Vergleich zu gängigen Ladegräten halbiert, die Ladeleistung jedoch von 11 auf 22 kW verdoppelt. Das Modul ist mit 400- und 800-Volt-Batterien kompatibel und hat einen Wirkungsgrad von über 97 Prozent. Nicht zuletzt ist es mit dem neuen OBC möglich, den Strom bidirektional in beide Richtungen fließen zu lassen, also auch von der Batterie ins Netz – eine wichtige Voraussetzung für die Energiewende.

Um diesem neuen Onboard-Charger den Weg zu ebnen, wurden am Fraunhofer IZM mehrere Komponenten entwickelt und auf kleinem Raum kombiniert. Eine dieser Komponenten ist ein Sinus-Amplituden-Converter (SAC) – ein resonanter Hochfrequenz-Transformator, der zunächst die galvanische Isolation der Fahrzeugbatterie vom Versorgungsnetz gewährleistet. Den eigentlichen Fortschritt des SAC aber ermöglichen die verwendeten Galliumnitrid-Halbleiter (GaN) – neuartige und leistungsstarke Halbleiter mit breitem Bandabstand, besser bekannt als Wide-Bandgap-Halbleiter. Sie ermöglichen es, den Transformator mit einer Taktfrequenz von 1,3 MHz, also 1,3 Millionen Mal in der Sekunde, ein- und auszuschalten. Dazu Oleg Zeiter vom Fraunhofer IZM, der federführend an der Entwicklung des OBC beteiligt war: „Durch diese hohen Taktfrequenzen können wir die Bauteile gänzlich anders auslegen.“

Eine andere zentrale Komponente in einem OBC ist der so genannte Power-Factor-Correction-Konverter (PFC). Er bildet die Schnittstelle zum Versorgungsnetz und stabilisiert die Wechselspannung auf der Eingangsseite in Sinusform bei – je nach Netz – 50 bzw. 60 Hz. Dazu werden Drosseln benötigt – in bisherigen Onboard-Chargern ein sehr sperriges Bauteil, das zudem bei der Fertigung hohe Kosten verursacht.

Am Fraunhofer IZM konnte nun eine flache PFC-Drossel auf Leiterplattenbasis entwickelt werden, mit vier magnetisch gekoppelten Wicklungen auf einem gemeinsamen Ferritkern. Das hat den großen Vorteil einer kostengünstigen maschinellen Fertigung und spart dabei viel Platz. Die planare Bauform mit PCB ermöglicht zwar nur niedrigere Induktivitäten, die allerdings für die mit SiC-Schaltern aufgebaute und mit 140 kHz getaktete PFC kein Hindernis darstellen. „Weil wir so schnell takten können, ist es uns möglich, die geringe Induktivität zu handhaben“, sagt Oleg Zeiter. „Wenn wir den Strom nur für sehr kurze Zeit einschalten, erreicht er die großen Stromstärken gar nicht erst, auch bei niedriger Induktivität. Die kurzen Schaltfolgen machen es möglich.“

Durch diese cleveren Aufbau- und Verbindungstechniken konnte am Fraunhofer IZM schließlich der neue Onboard-Charger entwickelt werden. „Wir nehmen jetzt im Prinzip nur eine große Leiterplatte. Durch unsere Packaging-Lösungen braucht alles andere nur noch von der Maschine auf diese Leiterplatte aufgebracht werden,“ so Oleg Zeiter. Auf diese Weise können die Herstellungskosten deutlich gesenkt werden.

Wer sich den neuen Onboard-Charger anschauen möchte, kann dies vom 11. bis 13. Juni 2024 in Nürnberg am Stand des Fraunhofer IZM (Halle 5, Stand 300) tun. Dort wird der das Gerät auf der PCIM Europe, einer internationalen Fachmesse für Leistungselektronik, der Öffentlichkeit vorgestellt.

izm.fraunhofer.de

9 Kommentare

zu „Fraunhofer IZM entwickelt besseren Onboard-Charger“
Andreas
07.06.2024 um 16:00
Tolle Sache. Ich bin ein großer Fan von 22 kW AC Laden.Ob es wohl möglich wäre auf dieser Basis einen "Adapter" zu bauen, welcher an einer Seite an einer 22 kW AC Ladesäule angesteckt wird, und an der anderen Seite am CCS Anschluss des Autos angesteckt wird? Damit könnten dann auch BEV die sonst nur einen 11 kW AC Lader haben mit 22 kW an einer AC Säule mit Typ 2 Buchse laden.
Wolfbrecht
11.06.2024 um 12:02
"Ich bin ein großer Fan von 22-kW-AC-Lade[r]n." –>Grundsatz: Es ist ein Adapter denkbar, der einen AC-22-kW-Lader mit dem DC-Eingang (D)eines eAutos verbindet! Neben der (eigentlich eher simplen!) Gleichrichtung muß ausgangsseitig natürlich auch noch das DC-Protokoll vom Adapter bereitgestellt werden (was ein wenig aufwendig ist)! Und freue Dich: Was es nämlich dafür aber überhaupt NICHT braucht – ist so ein Fraunhofer Onboard-Charger! :) Frank hat schlicht nicht verstanden, dass Du eben EINERSEITS die Standorte von AC-Ladern nutzen willst und ANDERERSEITS dein Onboard-AC-Lader keine 22 kW schafft ... :) Da ist Deine Adapter-Idee zum DC-Anschluß Deines Autos keineswegs unsinnig. Die Frage ist halt nur, ob sie wirtschaftlich darstellbar ist!
Frank
07.06.2024 um 20:17
@Andreas, wie soll das gehen? AC ist Wechselstrom und der CVS Anschluss am Auto ist Gleichstrom (die beiden unteren Pins) Also die Säule gibt Wechselstrom ab und der E-Auddowagen kann dann auch nur Wechselstrom über sein onboard charger verwenden. Wo soll im einem Adapter, ohne aufwendige Elektronik, der Wechselstrom gleichgerichtet werden? Es würde mehr Sinn ergeben, wenn man ein doppelten onboard charger verbaut.Nächste Frage Wozu? Zuhause mit 11 kW über Nacht nachladen. Unterwegs auf Langstrecke am Schnelllader. Ja, keine Angst. Schnellladen schadet dem Akku nicht. Was ja immer wieder gerne behauptet wird. Schaden wird verursacht, durch zulange stehen, mit 100% oder unter 20% Über diese neuen Themen, gibt es auf YouTube, unzählige Videos.
Tobias
13.06.2024 um 21:51
Ich hatte beim Kauf die Option für einen 22 kW OBC nicht gewählt und nach nun drei Jahren mit dem Elektro hätte ich den Aufpreis besser doch auf mich genommen. Ich habe oft die Situation, dass an der Innenstad-Ladesäule nach 4 Stunden umparken muss aber ich das Auto doch gerne noch 2 Stunden stehen lassen wollen würde um den Akku voller zu bekommen.
Frank
07.06.2024 um 20:23
@Andreas... Und noch mal zu dem schnellladen... Ein als Flughafentaxi eingesetztes Tesla Model S hat in England mit der Originalbatterie und den Originalmotoren innerhalb von acht Jahren 430.000 Meilen (rund 692.000 Kilometer) zurückgelegt – trotz intensiver Nutzung und praktisch täglichen Schnellladungen. Quelle: electrive.net
Andreas
07.06.2024 um 20:36
Genau diese "aufwändige Elektronik" ist ja der im Artikel beschriebene Onboard Charger. Damit sollte man auch eine externe Lösung bauen können. Natürlich wäre da im Kabel dann eine größere Box.Wie viele andere kann ich halt nicht Zuhause laden und die nächste öffentliche Ladesäule ist nur 22 kW AC. Zu einem Schnelllader müsste ich erst hinfahren und würde dann auch deutlich teurer laden.
Frank
08.06.2024 um 22:03
@Andreas, schaue dir mal dieses Video auf YouTube an. Suche nach - Elektrobays Zuhause schnell Laden Neue 30 kW Wallbox. Dort wird ein 30 kW DC Lader vorgestellt. Ich meine mich zu erinnern, dass das Gerät um 3k€ kostet. Und schaue dir mal die größe von den Gerät an. Zumindest kannst du damit Zuhause schnellladen. Und zu dem Argument HPC Laden zu teuer... Wenn du mehr als 160 kWh im Monat auswärts lädst lohnt sich der Tarif L von EnBW für 17,99€ Dann kannst du für 39 Cent an EnBW eigenen HPC Laden. Ich komme mit meinem 28 kWh Akku vom ioniq VfL ohne Probleme durch ganz D nur mit EnBW. Zusätzlich zu der guten App gibt es kostenlos eine Ladekarte mit der man auch bei fremd Anbieter Laden kann. Überall gibt es Ladesäulen auch abseits von BAB, Bundesstraßen bis hin zu kleinen Ortschaften
Stefan F.
07.06.2024 um 21:27
Ich finde die Idee von Andreas gar nicht so abwegig. Damit könnte man an jeder 22 kW Wallbox jedes Auto mit 22 kW DC laden, unabhängig vom verbauten Onbord- Lader. Zugegeben, ein koffergroßes Gerät benötigt man schon dafür. Aber vielleicht wäre das als stationäre Aufrüstung der heimischen Wallbox interessant? Ich lade meist mit 2 kW, das schafft die PV- Anlage fast immer allein.
Markus P.
10.06.2024 um 09:30
Was ihr dabei vergessen habt, ist dass nur die Elektronik geschrumpft ist, die braucht aber auch noch eine Kühlung die am Fahrzeugkühlkreislauf angeschlossen ist. Denn selbst wenn der Wirkungsgrad von dem Ladegerät bei 97-98% liegen sollte ist das bei 22kW eine ganze Menge Abwärme die man erst mal weg bringen muss.

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