Northvolt verliert wohl Milliarden-Auftrag von BMW
Wie das „Manager Magazin“ berichtet, soll BMW einen Auftrag im Wert von zwei Milliarden Euro zurückgezogen haben – dieser wurde im Juli 2020 vereinbart und sah die Belieferung ab diesem Jahr vor. Ende Mai habe Northvolt „die schmerzhafte Absage seinen Investoren mitgeteilt“, schreibt das Magazin ohne Angabe von Quellen. Die Münchner sollen demnach „die Geduld verloren“ haben.
Dazu sollen zwei Gründe beigetragen haben. Zum einen sei die Qualität der von Northvolt gelieferten Zellen „noch nicht wie erwartet“, wobei hier aber keine Details genannt werden. Der wohl wichtigere Punkt dürfte das genaue Timing betreffen: Northvolt hat bisher nur eine Fabrik in Schweden in Betrieb (und das seit 2022), alle anderen Werke sind noch in Planung. Und aus diesem Werk muss das 2017 gegründete Unternehmen alle bisherigen Partner beliefern – was im Falle von BMW derzeit offenbar nicht in ausreichendem Umfang möglich ist.
Und bei BMW drängt die Zeit: Denn bei Northvolt wurden prismatische Zellen bestellt, die in aktuellen Modellen verbaut werden. Die Northvolt-Zellen sollten also etwa im i4, i7 oder iX genutzt werden. Nur sind die Tage dieser Modelle, die mit Ausnahme des iX auf der Mischplattform CLAR basieren, de facto bereits gezählt: Für die Zukunft setzt BMW auf Elektroautos, die auf der neuen Plattform namens Neue Klasse gebaut werden – dort werden Rundzellen von CATL, Eve Energy und Envision genutzt.
Northvolt soll dennoch BMW-Partner bleiben
BMW benötigt also die prismatischen Zellen jetzt und nicht in einigen Jahren, wenn Northvolt seine Produktion ausgebaut und skaliert hat. Für prismatische Zellen gibt es bei den Münchnern in einigen Jahren keine Verwendung mehr, da nach aktuellem Planungsstand keine direkten Nachfolger der genannten Modelle mit prismatischen Zellen geplant sind. Die nächste Generation wird die 800-Volt-Architektur und die Rundzellen der Neuen Klasse nutzen.
Obwohl BMW nun offenbar den Auftrag storniert hat, wollen sich beide Seiten eine künftige Zusammenarbeit offen halten. „Man setze weiter auf Northvolt, kommentiert BMW. Auch bei Northvolt heißt es nur, BMW bleibe Partner“, schreibt das „Manager Magazin“. „Die Münchner halten einen kleinen Anteil an den Schweden; für das Werk in Heide sind sie als Hauptabnehmer gesetzt.“
BMW ist also an Northvolt beteiligt, diese Verbindung bleibt bestehen. Und dem Bericht zufolge soll Northvolt später die drei bekannten Batterie-Lieferanten für die Neue Klasse ergänzen. Die großvolumigen Rundzellen sollen dann aus dem norddeutschen Werk kommen. „Start wäre wohl 2028 – wenn es gut läuft“, so das Magazin.
Probleme mit der Batterieversorgung an prismatischen Zellen sollen sich für BMW aus dem stornierten Auftrag nicht ergeben. Der koreanische Hersteller Samsung SDI, der bereits heute die Zellen für die genannten Modelle produziert, kann wohl ausreichend Zellen liefern, um die aktuelle Nachfrage zu bedienen.
Weniger entspannt ist wohl die Lage bei Northvolt. Dass ein Anteilseigner einen Milliarden-Auftrag zurückzieht, dürfte als eine Art Misstrauensvotum gesehen werden – auch wenn es bei BMW handfeste Gründe in der Modellplanung gibt. Das Problem: Northvolt ist in Summe knapp zwei Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan für die Produktion in Skellefteå. Dort soll es Northvolt nur langsamer als erhofft gelingen, den Ausschuss der Produktion zu verringern. Das senkt nicht nur die Produktionsmenge hochqualitativer Ware, sondern ist auch teuer.
Alle Abnehmer von Northvolt-Zellen sollen demnach ihrerseits Experten geschickt haben, um die Produktionsprobleme zu lösen. Dabei soll es sich etwa um Scania handeln, die Traton-Tochter hatte gemeinsam mit Northvolt Batteriezellen speziell für den Einsatz in E-Lkw entwickelt. Der VW-Konzern, dem 20 Prozent des schwedischen Zellherstellers gehören, will die Northvolt-Zellen bei Audi und Porsche einsetzen. Audi hätte laut dem „Manager Magazin“ Alternativlieferanten, während Porsche beim rein elektrischen Nachfolger des 718 auf Northvolt setzt – und wohl im kommenden Jahr die Akkus benötigt.
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