Streit mit VW: Händler darf den ID.6 weiterhin nicht in Deutschland verkaufen

Darf ein Händler den nur für den chinesischen Markt bestimmten VW ID.6 in Deutschland verkaufen? Um diese Frage geht es in einem Rechtsstreit zwischen Volkswagen und dem Gebrauchtwagen-Händler Gregory Brudny. Jetzt gibt es eine weitere Entscheidung in dem Verfahren.

vw id.6
Bild: VW

Während das Hauptsacheverfahren zu dem Fall bislang noch am Landgericht Hamburg anhängig ist, hat das OLG Hamburg jetzt eine Berufung des Händlers gegen eine frühere Entscheidung zurückgewiesen, wonach der offiziell nicht in Europa angebotene ID.6 in Deutschland nicht verkauft werden darf. Der Händler hatte 22 Einheiten des großen Elektro-SUVs ab dem ersten Halbjahr 2022 auf den großen Gebrauchtwagen-Plattformen zum Verkauf eingestellt, woraufhin Volkswagen den Vertrieb des ID.6 per einstweiliger Verfügung in Deutschland stoppen und die Fahrzeuge auf dieser Grundlage beschlagnahmen ließ. Seitdem sind beide Parteien im Clinch.

Volkswagen will sogar soweit gehen, die 22 Autos verschrotten zu lassen, doch so lange der Rechtsstreit anhängig ist, ist dies nicht möglich. Händler Gregory Brudny ist über dieses Gebaren fassungslos: „Das ist mein Eigentum. Wie kann man Eigentum vernichten?“, sagt Brudny gegenüber tagesschau.de. „Ich habe nichts geschmuggelt, alles war absolut legal.“

Doch das sieht Volkswagen anders und argumentiert, seine Markenrechte seien verletzt worden. Allein Volkswagen sei berechtigt zu entscheiden, ob und wann ein Modell wie der ID.6 auch in Europa eingeführt werde, argumentierte VW vor dem Langericht Hamburg, um eine Einstweilige Verfügung gegen den Autohändler zu erwirken.

Die Markenrechtsexpertin Martina Merker von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin kann die Entscheidung nachvollziehen. Die Rechtslage sei hier eindeutig. Nur Volkswagen als Markeninhaberin der Marke ID.6 könne entscheiden, ob und wann das Produkt in welche Märkte eintritt. Erst danach ist der Handel mit dieser Marke auch Dritten erlaubt.

„Deswegen geht VW auch so vehement dagegen vor in einer Art und Weise, die auch meines Erachtens richtig ist“, so die Markenrechtsexpertin gegenüber tagesschau.de. „Damit nämlich Dritte nicht motiviert werden, dem markenunabhängigen Autohändler das nachzumachen.“

Die Einstweilige Verfügung gegen Gregory Brudny hat aktuell weiter Bestand, die Hauptverhandlung steht aber noch aus. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg wies die Berufung des Händlers, die am 8. Mai verhandelt wurde, mit Entscheidung vom 12. Juni zurück. Damit darf das SUV aus chinesischer Produktion, das Volkswagen selbst nie für den Export nach Europa vorgesehen hat, in Deutschland weiterhin nicht verkauft werden. Der zuständige Senat habe die Berufung der Händlerseite als zulässig, aber unbegründet zurückgewiesen, so das OLG auf Nachfrage der „Automobilwoche“. Dabei ging es um die Dringlichkeitsfrage, also ob VW schnell genug nach Bekanntwerden der ID.6-Angebote gehandelt habe, um eine Einstweilige Verfügung zu erwirken. Das Hauptsacheverfahren zu dem Fall ist bislang noch am Landgericht Hamburg anhängig. Einen Verhandlungstermin für die Sache konnte das Gericht jedoch gegenüber der „Automobilwoche“ noch nicht nennen.

VW hatte den ID.6 für den chinesischen Markt im April 2021 vorgestellt. Im Oktober 2021 gab es Gerüchte, wonach VW pro Jahr offiziell rund 15.000 ID.6 nach Europa importieren könnte, doch die haben sich bis heute nicht erhärtet.

automobilwoche.de (aktuelles Urteil), tagesschau.de (Hintergrund)

22 Kommentare

zu „Streit mit VW: Händler darf den ID.6 weiterhin nicht in Deutschland verkaufen“
BatterieBjörn
21.06.2024 um 14:17
Die Autos zu verschrotten ist die einzig sinnvolle Möglichkeit. Absolut richtig von VW… mach kaputt, was dich kaputt macht
Matthias U
22.06.2024 um 11:05
Wieso verschrotten? zurück nach China damit.
c3po
21.06.2024 um 19:10
Man könnte die VW ID.6 einfach wieder Richtung Osten/China zurückschicken. Außerhalb der EU kann der Händler die E-Autos verkaufen und seinen Verlust so etwas reduzieren.
Hoppe
21.06.2024 um 15:28
Es wäre ja auch zu schade, wenn die unverschämte Preispolitik von VW in Deutschland durch "unabhängige" Reimporte wie ein Kartenhaus zusammen brechen würde in
Mac
21.06.2024 um 21:55
Sorry, aber ein Hyudai ist jetzt auch nicht unbedingt soviel besser! Lerne mal zu vergleichen! Ich höre das so oft, dass die Leute sich einen VW kaufen wollen, dann aber wegen dem Preis was anderes kaufen. Wenn man sie fragt, was sie bezahlt haben jnd was ich bezahlt habe, gucken die immer dumm aus der Wäsche. Also nicht glauben, was andere behaupt sondern selber gucken. Und auch Händler geben noch Rabatte
Peter
21.06.2024 um 19:30
Das sind schon merkwürdige Vorstellungen von VW in Sachen Eigentum. In Wirklichkeit geht es doch nur darum die Preise hoch zu halten. Sollte VW damit durchkommen kaufe ich kein Fahrzeug mehr aus dem Volkswagen Konzern und das für immer.
D.K.
21.06.2024 um 21:10
Ich bin der Meinung, wenn die Marke "ID.6" und "VW" bzw. "Volkswagen" geschützt ist dürfen diese auch nicht genutzt werden. Wobei die Marke "ID." wohl schon von einen Anderen alter genutzt wird. Dann muss der Importeur sich halt einen anderen Eigenen Markennamen und Markenlogos ausdenken, sich selbst markenrechtlich eintragen lassen.
Leutz
21.06.2024 um 21:31
Witzurteil, das zeigt wieder das deutsche Gerichte nicht unabhängig urteilen. Entweder für deutsche Autolobby oder Parteilinie vertreten. Warum werden Richter an höchsten deutschen Gerichten durch Parteien vorgeschlagen und nicht nach Eignung, Leistung und Befähigung ausgewählt. Wenn ich ein nicht gefälschtes Produkt erwerbe kann ich es doch einführen. Hauptsache das Fahrzeug erfüllt die Zulassungskriterien.
Peter
25.06.2024 um 12:59
Einführen kann er es auch offensichtlich. Privat nutzen dürfte er es auch (sofern das Auto durch den TÜV kommt). Damit zu handeln und Gewinne erzielen zu wollen, da hört die eigene bzw. unternehmerische Freiheit auf und der Markenschutz greift. Ob ich das gut finde, weiß ich noch nicht - da fehlt mir zu sehr der Durchblick im Thema.
Karsten
21.06.2024 um 21:43
Also wenn ich eine Uhr in China kaufe, die es von Rolex ( angenommen) nur in China gibt, und ich die mit nach Hause nehme, darf mir der Uhrenhersteller die wegnehmen.... Wenn ich die weiterverkaufen!? Also mein Eigentum enteignet? Wenn das so ist.....lächerlich.Wenn VW was auf den Markt gibt, wird es über die Globalisierung eben verbreitet. Das fängt mit der Bevölkerung an geht über die Tierwelt und hört beim Konsum eben auf.
Peter
25.06.2024 um 13:02
Privates Veräußerungsgeschäft. Hast du die Uhr länger als ein Jahr dürfte dem nichts entgegenstehen. Hast du sie kürzer als ein Jahr, wird Handel unterstellt und man ist auch auf den Gewinn Steuerpflichtig (natürlich kannst du Verluste nicht anrechnen, wo kämen wir denn dann hin...#Sarkasmussoff). Und damit sind wir hier potentiell unter der selben Thematik. So zumindest mein laienhaftes Verständnis.
Moorhuhnschubser
21.06.2024 um 22:40
Meiner Meinung nach eines der wenig gelungen Designs das VW, mit einem typischen VW Design 2024 käme. Optisch ist der ID6 der Erste VW der mich je wirklich anspricht.. Insofern wundert nicht wirklich das VWmit ihren europäischen IDs abrutscht
KBDCALLS
22.06.2024 um 13:13
Wäre mal spannend was wäre passiert wenn das ein Privatverkauf gewesen wäre ?
guest
30.06.2024 um 09:04
Das wurde in der Schweiz gemacht (da fährt ein ID6 rum).
Thomas aus Marl
22.06.2024 um 16:17
Deutsche Gerichte haben sich bisher äußerst selten als besonders verbraucherfreundlich hervorgetan, siehe etwa auch das berühmt berüchtigte Diesel Gate, wo es normalerweise ausgereicht hätte, anhand eines Fahrzeugs den Betrug nachzuweisen und den Hersteller zur Zahlung einer Entschädigung an ALLE Besitzer eines Fahrzeugs dieses Typs oder alternativ die Erstattung des Kaufpreises zu verurteilen. Stattdessen wurden die Verursacher darin bestärkt, über den Dingen zu stehen, indem jeder einzelne der Geschädigten selbst hätte klagen oder sich einer Sammelklage anschließen müssen.Auch bei dem Verfahren mit diesen Reimporten geht es allein um die Gewinnmaximierung der Hersteller.Wenn ein normaler kleiner Händler in der Lage ist, so ein Fahrzeug in China zu erwerben und hier bei uns sogar günstiger anzubieten, als der Hersteller selbst dies tut, muss das zum Wohle der Kunden auch erlaubt werden.Alles andere wäre ein Zeichen dafür, dass hierzulande etwas gewaltig stinkt.
guest
30.06.2024 um 09:08
Das hat erst Mal nichts mit deutschen Gerichten sondern Markenrecht zu tun. Wäre in anderen Ländern nicht anders. Ich frage mich nur warum man das vorher noch nie bei US Importen gehört hat. Da gibt es genug Firmen die das professionell machen und keiner der Hersteller dagegen vorgeht. Vermutlich ist da aber das Preisniveau ein anderes.
Peter S.
23.06.2024 um 09:18
VW ist einfach ein sympatischer Hersteller, erst jahrelang (bis 2018) mit Dieselgate die Leute verarschen, dann unfertige E-Autos auf den Markt werfen und alles möglichst stabil politisch begleiten lassen ... ahja Klimaschutz ist uns nur dann wichtig, wenn es uns finanziell nützt. Aber es gibt ja leider immer noch genug treudoofe Schafe, die einem längst vergangenen Image von VW nachlaufen.
Jensen
24.06.2024 um 08:29
Das Markenrecht stützt in diesem Fall leider die Vorgehensweise von VW, so wie es auch von der Expertin ausgeführt wurde. Unabhängig davon, dass VW als Hersteller und Markeninhaber natürlich eigene Interessem verfolgt, muß man sich natürlich schon fragen, ob es für ein Unernehmen dieser Größe nicht möglich ist, diese Angelegenheit ohne Öffentlichkeit zu lösen. Der Schutz von Markenrechten steht hier der Beschädigung des eigenen Markennamens gegenüber. Eine mögliche Vernichtung der Ware, die ja scheinbar im Raum steht, dürfte VW wohl kaum nachvollziehbar erklären können. Der Händler hat legal produzierte Ware importiert, wir haben es hier nicht mit einer Produktfälschung oder Vergleichbaren zu tun, bei der irgendjemand vor dem Produkt geschützt werden muß, weil es Sicherheitsbedenken oder gar erhebliche Gefahren geben würde. Die Vernichtung der Ware wäre zudem eine Bankrotterklärung des Konzerns in Bezug auf die engagierten Bemühungen um Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Man kann den Verantwortlichen im Konzern nur empfehlen eine vernünftige Lösung, auch im Sinne des Händlers, herbeizuführen.
Thomas aus Marl
24.06.2024 um 10:02
"muß man sich natürlich schon fragen, ob es für ein Unernehmen dieser Größe nicht möglich ist, diese Angelegenheit ohne Öffentlichkeit zu lösen."Ich fände es nicht richtig, wenn solche Versuche, die freie Marktwirtschaft zu verhindern, unter den Teppich gekehrt würden. Und das sogar noch über den Gerichtsweg!Gut, dass es Seiten wie electrive.net gibt, wo derartige Machenschaften öffentlich gemacht werden.
Melvin
24.06.2024 um 11:53
Ich sehe das (als ehemaliger Produktmanager bei einem Elektroinstallationstechnik-Hersteller) tatsächlich etwas anders. Als Hersteller und Inverkehrbringer von Produkten ist man für die Sicherheit der Produkte , aber auch der Eignung für die spezifischen Anforderungen der Märkte verantwortlich, in denen man diese in Verkehr bringt. Der Händler wird durch den Import zwar selbst zum Inverkehrbringer der chinesischen ID.6-Modelle im europäischen Markt und hat scheinbar auch dafür gesorgt, dass diese Fahrzeuge eine deutsche Zulassung und TÜV bekommen können, kundenseitig wird aber immer VW als Marke darüber stehen und für eventuelle Mängel oder nicht erfüllte Anforderungen des europäischen Kunden in Haftung genommen. Als Produkt für den chinesischen Markt fallen mir hier neben einem anderen Ladestecker (der in den Inseraten, soweit ich sie gesehen habe, nicht auf CCS umgebaut war!) auch spezifische Softwarekonfigurationen ein, wodurch die Fahrzeuge in Deutschland / Europa vermutlich nicht ohne großen, von VW nicht vorgesehenen Mehraufwand updatefähig sind. Die Softwarekonfiguration muss ja speziell auf die Fahrzeuge mit den entsprechenden Ausstattungen etc. abgestimmt sein und bei jedem Update muss geprüft werden, ob diese Updates in allen Konfigurationen funktionieren sowie müssen diese Updates für alle Konfigurationen angelegt werden. Je nach Setup ist das ein sehr großer Aufwand.Die Ersatzteilversorgung nach Deutschland wird für diese Modelle auch nie vorgesehen worden sein genauso wenig wie die Schulung der Mitarbeiter an den Standorten. Der Ladestecker ist auch so ein Ding - baut der Händler die Fahrzeuge auf CCS um, wird er selbst zum "Hersteller" und verändert das Fahrzeug derart, dass er für die Sicherheit und Performance haftet.Da steckt so viel Teufelswerk im Detail, dass ich das Vorgehen von VW zum Schutz der Marke und des Unternehmens durchaus nachvollziehen kann. Der Schaden, der am Unternehmen entstehen kann durch einen Händler, der eigenmächtig nicht für den europäischen Markt vorgesehene Fahrzeuge importiert, ist potenziell enorm - daher hat immer der ursprüngliche Hersteller zu entscheiden, in welchen Märkten er welche Produkte auf den Markt bringt, nicht der Händler.Nicht umsonst können bspw. auch die chinesischen Konzerne die Fahrzeuge nicht mal eben so 1:1 auch in Europa vertreiben, ohne sie auf die hiesigen Begebenheiten anzupassen.
Thomas
29.06.2024 um 19:54
Sorry, aber die Updates bekommt der Hersteller auch bei den Fahrzeugen nicht gebacken, die für den hiesigen Markt bestimmt sind. Ich kann verstehen, worauf du hinaus willst, aber wir reden von VW. Die ganze Angelegenheit ist bei der Größe eine Randnotiz mehr nicht...
Chang
25.06.2024 um 16:18
Wie wäre es damit, wenn VW die ID6 zwar unter Garantie & Haftung unter der Marke zu haften hat, wenn es irgendetwas beim Auto passiert, dann aber sagt, unter seiner Garantie Selbstmodifikation nicht geben könne, was im Grunde richtig ist. Dann kaufe VW doch die E-Autos zum halben Preis und kann dann zurück damit nach China verschiffen. Ein Win-Win Situation für beide. Der eine hat Lehre bekommen, der andere seinen geldhafte Vorteil. Wenn der Importhändler nicht will, beschlagnahmen. Aber zum 1/2 für ein Fehler muss man halt bezahlen. Auch wenn das wehtut.

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