ford explorer fahrbericht slowenien 2024 06
Bild: Ford
FahrberichtAutomobil

Erste Ausfahrt im Ford Explorer: So fährt sich der MEB-Stromer aus Köln

Den Start haben sie ordentlich verstolpert. Dabei wollte Ford doch eigentlich Zeit sparen und hat sich deshalb für das erstes elektrische Modell aus Europa auf eine Kooperation mit VW eingelassen. Die trägt jetzt – mit bald einem Jahr Verspätung – endlich Früchte, denn im Sommer geht der Explorer an den Start. Hat sich das Warten wenigstens gelohnt?

Der Name klingt nach Amerika, Freiheit und Abenteuer und aus den Tiefen der Mittelkonsole grüßt die Silhouette des Kölner Doms – wenn Ford jetzt zu ausgesprochen selbstbewussten Preisen ab zunächst 49.500 Euro den neuen Explorer verkauft, dann soll an dessen pflaumenblauem Blut keiner zweifeln.

Doch ganz so einfach ist die Genese des elektrischen Crossovers nicht. Denn um Zeit zu sparen bei der Entwicklung und als Retourkutsche für den Bau des nächsten VW-Transporters auf der Plattform des Transit hat Ford den Explorer eben nicht selbst entwickelt, sondern sich des MEB aus Wolfsburg bedient – und den Start dann doch gehörig verstolpert. Obwohl sie für den Neuzugang schon im vergangenen Sommer den Fiesta geopfert und das Stammwerk am Rhein für zwei Milliarden Euro umgebaut haben, kommt der Hoffnungsträger erst jetzt in den Handel und muss das dicht besetzte Feld in der Kompaktklasse von hinten aufrollen. Schließlich hat die elektrische Revolution bei Ford bis dato noch nicht so recht gezündet: Der Mustang Mach-E fährt unter ferner liefen, der F-150 Lightning ist nur ein teurer Blickfang in der Nische und der elektrische Transit läuft gerade erst an.

Immerhin ist der Explorer für seine Mission als Rettungswagen gut gerüstet. Denn Ford hat mit 4,47 Metern Länge nicht nur ein geschicktes Format gewählt, das ziemlich genau zwischen den Wolfsburger Vettern ID.3 und ID.4 liegt. Sondern sie haben dem Explorer in Köln auch eine eigene Form und damit einen eigenen Charakter gegeben. Mit stolzem, aufrechtem Bug, einer eigenwilligen Fenstergrafik und einem kantigen Heck erinnert er deshalb tatsächlich eher an den amerikanischen Explorer aus der Liga der großen Geländewagen als an die seifenweich gezeichneten VW-Modelle.

Auch innen gehen die Kölner ihren eigenen Weg. Zwar bleibt es bei den Sensortasten am Lenkrad, die VW gerade so langsam ausmustert, und auch der Rest des Cockpits wirkt sattsam vertraut. Aber die Mittelkonsole hat man so noch nicht gesehen – und selbst Skoda sollte da mal ganz genau hinschauen. Denn egal ob das an die Zentralverriegelung gekoppelte Geheimfach hinter dem senkrecht montierten 15-Zoll-Bildschirm, die multifunktionale Konsole mit ihren vielen, verschachtelten Einsätzen oder die Datenpakete zum kostenlosen Download, mit denen sich die Kunden weiteres Zubehör am 3D-Drucker bauen können – viel simpler und cleverer kann man den Stauraum im Auto kaum gestalten. Schade nur, dass die Kreativität nicht auch noch für zumindest einen klitzekleinen Frunk gereicht hat. Nicht, dass der Kofferraum mit 536 Litern zu klein wäre und es dort kein Souterrain fürs Ladekabel gäbe. Aber spätestens, wenn man im Regen auf dem Weg in den Urlaub vor dem Aufladen erst einmal alles ausladen muss, weiß man, wie wertvoll das wäre.

Vor allem aber fährt der Ford anders. Obwohl Antrieb und Akkus gleich sind, weil da schließlich die Zeit und das Geld gespart werden sollte, haben sie in Köln eine eigene Abstimmung gemacht und dem Explorer dabei etwas mehr Engagement mit auf den Weg gegeben. So, wie der selige Fiesta immer schon besser, weil leidenschaftlicher fuhr als ein Polo, fühlt man sich auch im Explorer enger mit Fahrzeug und Fahrbahn verbunden und kutschiert nicht ganz so teilnahmslos dem Ziel entgegen – selbst wenn die Unterschiede in der elektrischen Welt natürlich nicht ganz so groß sind.

In Fahrt bringen den Ford dabei im vorläufigen Basismodell eine an der Hinterachse montierte E-Maschine mit 210 kW, die bis zu 180 km/h ermöglicht und ihren Strom aus einem 77 kWh großen Akku zieht. Der reicht für bestenfalls 602 Norm-Kilometer und kann danach mit maximal 135 kW geladen werden. Wer 4.000 Euro mehr ausgibt, bekommt bei identischer Höchstgeschwindigkeit zwei Motoren und dann 250 kW Leistung sowie einen 79 kWh großen Akku für bestenfalls 566 Kilometer, der immerhin mit 185 kW geladen werden kann. In beiden Fällen reichen damit knapp 30 Minuten für den Hub von zehn auf 80 Prozent. Und wer aufs Geld schaut, der muss noch bis zum letzten Quartal warten, wenn Ford die 125 kW-Version mit 54 kWh-Akku für 384 Kilometer nachreicht – für 42.500 Euro.

Explorer RWDExplorer AWD
AntriebRWDAWD
Leistung210 kW250 kW
Drehmoment545 Nm134+545 Nm
Beschleunigung6,4 s5,3 s
Höchstgeschwindigkeit180 km/h180 km/h
WLTPReichweite602 km566 km
Batteriekapazität77 kWh79 kWh
Ladeleistung DC135 kW185 kW
Ladezeit DC 10-80%28 min26 min
Preis49.500 Euro53.420Euro

Zwar fällt der Vergleich mit VW schwer, weil der Explorer zwischen ID.3 und ID.4 sitzt. Aber egal wie man es rechnet, liegt der Ford preislich im Einstieg deutlich über beiden Modellen aus Niedersachsen. Immerhin hat Ford übersichtlich strukturiert: Denn zu den anfangs zwei und später drei Antriebsvarianten gibt es nur die zwei Ausstattungsniveaus Explorer und Premium (zusätzlich mit Matrix-Licht und Ambiente-Beleuchtung, elektrischer Heckklappe und ein bisschen mehr Chichi), ein Paket mit Assistenzsystemen und sieben Einzeloptionen vom Panoramadach über die elektrisch ausklappbare Anhängerkupplung bis zur Wärmepumpe. Und damit der Alltag an der Ladesäule nicht zum Abenteuer wird, gibt’s mit dem Explorer Zugang zum Blue Oval Charge Network, das in Europa aktuell rund 600.000 Ladesäulen umfasst.

Das mag Vielfahrern auf ihrem Weg kreuz und quer über den Kontinent helfen. Doch für Lexie Limitless war das nur ein kleiner Trost. Die Influencerin hat die vergangenen Wochen mit einer werbewirksamen Weltumrundung bewiesen, wie weit der Explorer tatsächlich kommt. Allerdings war die Fahrt durch Patagonien oder zu den Pyramiden nichts gegen die Abenteuer, die dem Explorer im weiten Feld zwischen Skoda Enyaq, VW ID.4, Opel Frontera, Peugeot e-3008, Hyundai Kona Elektro und Kia Niro EV hier bei uns ins Haus stehen. Immerhin ist er dabei anders als Lexie nicht auf sich alleine gestellt. Denn schon zum Jahresende stellt im Ford einen elektrischen Puma beiseite und danach kommt als zweites MEB-Modell ein schnittiger gezeichneter Sport-Crossover.

11 Kommentare

zu „Erste Ausfahrt im Ford Explorer: So fährt sich der MEB-Stromer aus Köln“
André
23.06.2024 um 12:30
Eine Ladeleistung von 135kW? Noch gar nicht auf dem Markt und schon veraltet. Der wird floppen.
ID.alist
25.06.2024 um 13:29
250kW die nur Sekundenhalten sind ja viel besser, obwohl man genauso lang an der Ladesäule wartet.
Egon Pomp
23.06.2024 um 13:50
Leider müssen für diesen vierecken Kasten schöne Autos wie der Fiesta und im nächsten Jahr der Fokus steben.Weiß nicht ob man hässliche Autos verkaufen kann.
Helmut Hentschel
24.06.2024 um 07:54
Die Sehnsucht der Motorjournalisten nach dem Frunk - wer tatsächlich schon mal eine lange Urlaubsreise mit einem E- Auto gemacht wird unterwegs an Schnellladern geladen haben und hat erkannt, dass dort ein Ladekabel fest angebracht ist. Das bordeigene Ladekabel wird eher erst am Ziel gebraucht, wenn das Fahrzeug mehrere Stunden steht. Und falls jemand an einem langen Stopp unterwegs das Ladekabel benötigt kann man es oben auf das Gepäck packen. Mein Pausenbrot packe ich ja auch nicht unten in den Rucksack.
Markus
24.06.2024 um 12:25
Ich finde einen Frunk durchaus praktisch. Vor allem wenn nicht nur das Ladekabel rein geht sondern eben auch sowas wie Verbandskasten, Warndreieck, etc. Alles was sonst unterm zweiten Ladeboden verschwindet und man dann mit Gepäck nicht ran kommt. Bzw. ich musste für unsere Urlaubsfahrt diese Bodenplatte zugunsten mehr Stauraum entfernen und dann alles irgendwo mit rein zwicken. Unpraktisch. So ist es aufgeräumt und ich muss mir keinen Kopf machen. Und wenn es nass ist verschwindet es eben auch im Frunk und saut mir nicht den Kofferraum zu.
Roger Hobbs
24.06.2024 um 12:31
sieht halt aus, wie ein MEB Fahrzeug nur werden kann. ALs Ford identifiziert man dieses Fahrzeug nur am Logo
khamsin
25.06.2024 um 14:19
Wieder ein Auto völlig am Bedarf vorbei. Fiesta, KA & Focus waren relativ günstiger Massenautos (ähnlich Mondeo) Jetzt wird auch FORD der Kundschaft das Fahren vermiesen. Welche Autos sollen sich den zukünftig - Fahr- & Berufseinsteiger und Durchschnittsverdiener kaufen? Gebrauchter und zu teuere E-SUVs, mit dem Damoklesschwert "AKKU" eher nicht. Es wird sicher der Tag kommen, wo die Massenhersteller - sich fragen: Wieso kaufen die Deutschen ausländischer und mittlere Kleinwagen? Aber vielleicht fragen, die sich nicht mehr, wenn die sich selbst so abschaffen, wie es z.B. Opel getan hat.Ford, Opel & VW sind eben keine Hersteller mehr für die 30 Millionen Durchschnitt-Autos. DIe meinen ja alle "OberklassE", sein zu müssen. Schade drum - aber Gier frisst Hirn.
Jörg
25.06.2024 um 14:46
"selbstbewusste Preise" sind nur solange selbstbewusst, bis sie auf die harte Realität der Verkaufszahlen treffen....
Hans
25.06.2024 um 15:22
Ja dieser Ford ist halt einfach nur ein Bisschen Ford und ein Bisschen mehr VW. Schade dass er beim 77 kW/h Akku nicht die gleiche Ladeleistung wie der Cupra Born hat (187 Kw). Nun ich denke wenn Ford noch ein Bisschen Nachbessert und mehr Ford macht dann kann das ein ganz gutes Auto sein. Was ich bezweifle sind seine WLTP Reichweiten, denn diese Auto Form gibt Luftwiderstand und das kostet Strom. Ich denke 300 bis 400 Km sind real alles andere ist Geschreibsel. Mein Born e-Boost 77 macht auf Langstrecke maximal 400 Km mit einer vollen Ladung, danach wenn ich ihn auf 80 % Lade sind es nur noch 300 Km real mit Autobahn. Also prüfen und dann berichten. Trotzdem bin ich ein sehr zufriedener E-Fahrer und das schon 5 Jahre.
Autojoe
25.06.2024 um 16:13
Eigentlich hätte ich mir von Ford als einen europäischen Nachzügler einiges an mehr erwartet? Diese eckigen Formen treffen nicht meinen Geschmack und sind außerdem aerodynamisch nicht das gelbe vom Ei. Schade daß es Ford Europa da nicht gelungen ist ähnliches wie den Mach E auf die Beine zu stellen.
Volkhart Ernst Braun
13.07.2024 um 18:49
Ich glaube nicht, daß Ford mit diesem teuren Auto seine traditionelle Kundschaft erreicht. Man sollte schnellstens bei Ford überlegen, ob der Focus nicht weitergebaut werden kann Eine Alternative wäre auch, den Explorer als Benziner mit Focusmotoren und zu Preisen wie den heutigen Focus anzubieten. Ich denke Ford entfernt sich von seiner alten Kundschaft und die Klientel die sich die teuren E-Autos, Explorer und Capri, leisten können kaufen keinen Ford. Wie wir alle sehen können ist der der Benziner noch lange nicht tot und da sollte Ford schnellstens reagieren sonst sind sie in Deutschland bald weg vom Markt.

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