Nach Habeck-Reise: Neue Verhandlungen zwischen EU und China zu E-Auto-Zöllen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat auf einer China-Reise offenbar Bewegung in den Handelsstreit um zusätzliche Zölle für E-Autos gebracht. Die chinesische Regierung und die EU wollen nun intensive Verhandlungen aufnehmen. Das nährt die Hoffnung auf eine kurzfristige Lösung.

byd dolphin 2024 02 min
Bild: BYD

Beide Seiten sollen vereinbart haben, Konsultationen aufzunehmen und „auf allen Ebenen“ miteinander über das Thema zu sprechen. Laut Olof Gill, dem Sprecher der EU-Kommission, hätten EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und der chinesische Handelsminister Wang Wentao am Samstag ein erstes „offenes und konstruktives Gespräch“ geführt. Im Anschluss an diesen Austausch bestätigte das chinesische Handelsministerium, dass man sich auf jene Konsultationen geeinigt habe.

Dem vorausgegangen war eine dreitägige China-Reise des deutschen Wirtschaftsministers und Vize-Kanzlers Robert Habeck (Grüne), der sich unter anderem mit Wang Wentao getroffen hatte. Habecks Ziel war es, die Wogen in dem sich anbahnenden Handelsstreit zu glätten. „Das ist ein erster Schritt und viele weitere werden nötig sein“, sagte Habeck zu den vereinbarten Konsultationen. Der deutsche Minister hatte in China auch mit dem Chef der chinesischen Planungsbehörde, Zheng Shanjie, gesprochen. Dieser bekräftigte im Anschluss, dass China „alles tun“ werde, um die Zölle zu verhindern. China sei bereit, die berechtigten Bedenken beider Parteien zu berücksichtigen, um eine Eskalation der Handelskonflikte auf rationale und professionelle Weise zu vermeiden, ließ sich Wang Wentao in der offiziellen Mitteilung seines Hauses zitieren.

Seitens der EU wurde aber bereits vorab betont, dass ein „Verhandlungsergebnis in jedem Fall wirksam gegen schädliche Subventionierungen sein müsse“, wie etwa „ZDF heute“ schreibt. Genau jene Subventionen in China waren von Anfang an das offizielle Ziel der Antisubventionsuntersuchung der EU: Mit den Vorteilen, die sich für die Hersteller aus der starken staatlichen Förderung in China ergeben, sollen sie in der Lage sein, ihre Fahrzeuge auf dem Weltmarkt günstiger anzubieten.

EU droht mit bis zu 38,1 Prozent Sonderzoll

Bei seiner China-Reise hatte Habeck betont, dass es sich im Falle der EU bewusst um Sonderzölle und nicht um Strafzölle handle. Anders als in den USA, wo die neuerdings 100 Prozent Einfuhrzoll für chinesische E-Autos die Anbieter aus dem dortigen Markt halten sollen, wolle die EU mit den starken Förderungen in China nur eine Wettbewerbsverzerrung beheben.

Mitte Juni hatte die EU das Ergebnis jener Untersuchung vorgestellt und angekündigt, ab dem 4. Juli Sonderzölle für aus China importierte E-Autos zu erheben (zusätzlich zu den bestehenden zehn Prozent Einfuhrzoll), sofern es keine Einigung gebe. Dabei wurden je nach Hersteller (und der festgestellten Subventionshöhe) unterschiedliche Zölle festgelegt. BYD, das laut der EU-Untersuchung die geringsten Subventionen erhalten haben soll, wird mit einem Sonderzoll von 17,4 Prozent (also insgesamt 27,4 Prozent) belegt. Bei SAIC sehen die Politiker in Brüssel die größte Marktverzerrung: Der Autobauer mit Sitz in Shanghai wird mit 38,1 Prozent Sonderzoll belegt. Hersteller, die nicht in der Untersuchung kooperiert haben, sollen ebenfalls mit 38,1 Prozent Sonderzoll belegt werden.

Zu der Höhe der Förderungen, mit der Peking die heimischen Elektroauto-Hersteller gefördert hat, gibt es nun auch eine neue Zahl: Das Center for Strategic and International Studies (CSIS) schätzt in einer Analyse, dass die chinesische Regierung seit 2009 mindestens 230,8 Milliarden US-Dollar in den Aufbau der Elektroauto-Industrie gesteckt hat. Dabei wurden neben Kaufprämien (die in China ausgelaufen sind) auch die Umsatzsteuerbefreiung, Infrastruktur-Förderung, Forschungsförderungen und die staatliche Beschaffung von Elektrofahrzeugen berücksichtigt. Mit den steigenden Stückzahlen hat die Ausnahme von der zehnprozentigen Umsatzsteuer den größten Posten der Förderung ausgemacht.

In einer Tabelle, die das CSIS veröffentlicht hat, fällt vor allem der zeitliche Verlauf der Förderungen auf: Zwischen 2018 und 2020 waren es maximal 17,4 Milliarden Dollar Subvention pro Jahr, mit den damals geringeren Stückzahlen entsprach die Fördersumme bis zu 25,4 Prozent des gesamten Verkaufswerts. In 2021 waren es bereits 30,1 Milliarden Dollar Förderung, 2022 und 2023 jeweils knapp über 45 Milliarden Dollar. Da gleichzeitig das Verkaufsvolumen enorm gestiegen ist, ist die Förderquote auf 11,4 Prozent gesunken. Oder anders ausgedrückt: Laut den CSIS-Zahlen wurde 2018 jedes verkaufte E-Auto eines chinesischen Herstellers noch mit 13.860 Dollar vom Staat gefördert, 2023 waren es noch 4.588 Dollar.

Allerdings sind diese Dollar-genauen Angaben mit Vorsicht zu genießen, denn die Studie basiert auf einigen Thesen. So hat das CSIS etwa angenommen, dass 25 Prozent der verkauften Elektrofahrzeuge nicht förderfähig waren. Zudem gingen die Forscher für das Jahr 2023 davon aus, dass die Förderungen der jeweiligen Lokalregierungen 15 Prozent der Unterstützung der Zentralregierung in Peking betrug, um nur zwei Beispiele zu nennen.

spiegel.de, zdf.de, tagesschau.de (Habeck-Statement), gov.cn, csis.org (Studie)

2 Kommentare

zu „Nach Habeck-Reise: Neue Verhandlungen zwischen EU und China zu E-Auto-Zöllen“
Markus
24.06.2024 um 11:06
Gibt es vom CSIS auch eine Analyse anderer Märkte wie der EU oder den USA oder wird sich nur China angesehen? Und wenn ja gibt es auch hier verfügbare Zahlen zum Vergleich?
MWF
25.06.2024 um 16:43
Wenn BMW , VW oder FIAT im Heimatland Werkserweiterungen umsetzen, ob die da auch den marktüblichen Grundstückspreis zahlen oder erhalten die auch Infrastrukturförderungen? Und Technologie-und Forschungsförderungen hat es seitens D an die heimische Autoindustrie bestimmt auch nie gegeben. (siehe Wasserstoff)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert