scania e lkw electric truck porsche 2024 02 min
Bild: Porsche
HintergrundNutzfahrzeug

Fraunhofer-Studie prognostiziert schnell fallende Fertigungskosten für E-Lkw

Emissionsfreie Lkw sind in der Anschaffung zwei bis drei Mal teurer als Diesel-Trucks - aber die Preisdifferenz könnte kleiner werden. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts ISI sieht schnell sinkenden Kosten bei Lkw mit Batterien und Brennstoffzelle. Wir haben die Details.

Die Studie des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI hat sich die zukünftige Kostenentwicklung emissionsfreier Lkw als Analysethema vorgenommen und für die Studie Kosten von Schlüsselkomponenten aus über 200 Quellen untersucht. Die Ergebnisse veröffentlichte das Fraunhofer-Institut dieser Tage in der Fachpublikation „Nature Energy“. Eine der Kernaussagen der Studie ist, dass Batterie-elektrische Lkw die vielversprechendste und kosteneffizienteste Technologie für einen emissionsfreien Güterverkehr sei, wenngleich sich Brennstoffzellen-Lkw als Ergänzung für schwer elektrifizierbare Bereiche oder Spezialanwendungen anböten – „insbesondere, wenn Wasserstoff in größerem Umfang zur Verfügung stehen sollte als bisher erwartet“, wie die Studienmacher schreiben.

Um die künftige Kostenentwicklung der E-Lkw und ihrer Schlüsselkomponenten – insbesondere der Batterien und Brennstoffzellen selbst – zu untersuchen, hat das Fraunhofer ISI im Rahmen einer Meta-Analyse unterschiedliche Kostenentwicklungen aus der Literatur herangezogen und im Hinblick auf Robustheit, zeitliche Stabilität und Ambitionsniveau diskutiert. Außerdem verglichen die Forscher ihre ermittelten Kostenentwicklungen im Anschluss mit
Zielkosten für den technologischen Durchbruch gemäß anderer Studien und betteten sie in eine Gesamtkostenrechnung (TCO) ein, um sie Diesel-Lkw gegenüberstellen zu können. Herausgekommen sind so TCO-Vergleichs- bzw. Prognosewerte zwischen BEV-, FCEV- und Diesel-Lkw für die Jahre 2020, 2030 und 2040.

Kosten für E-Lkw fallen schneller als bisher gedacht

Dabei kommen die Studienmacher zu dem Schluss, dass die Kosten für Batterie- und Brennstoffzellensysteme für schwere Lkw deutlich schneller sinken werden, als in älteren Studien erwartet. So prognostiziert die Studie, dass die Kosten für Batteriesysteme um 64 bis 75 Prozent bis 2050 sinken dürften und die von (den von vorneherein teureren) BZ-Systemen potenziell noch stärker. Konkret haben die Forscher ermittelt, dass Batteriesystemkosten von 275 Euro/kWh in 2020 bald unter 200 Euro/kWh fallen werden und in den späten 2040er Jahren auf 100 Euro/kWh sinken könnten – eine 500 kWh große Batterie eines E-Lkw würde somit 2040 noch 50.000 Euro kosten und nicht 137.500 Euro wie in 2020. Ebenso werden die Kosten für Brennstoffzellensysteme in den späten 2030er Jahren vermutlich deutlich – auf rund 150 Euro/kW – sinken, wobei hier „Prognosen aufgrund der geringeren kommerziellen Reife und Zweifeln hinsichtlich der Realisierbarkeit von Zielkosten mit größerer Unsicherheit behaftet sind“, wie es heißt.

grafik fraunhofer isi studie e lkw 2024
Bild: CC BY 4.0

Grafik: S. et al. Nat. Energy https://doi.org/10.1038/s41560-024-01531-9 (2024) under a Creative Commons licence CC BY 4.0.

Die Autorinnen und Autoren der Analyse betonen zudem die großen Herausforderungen, um sowohl die hohen Kostensenkungen als auch technischen Fortschritte für beide Technologien schnell und in der Praxis zu realisieren. Sie geben daher eine Orientierung, wo aus ihrer Sicht der Fokus liegen sollte: „Nach heutigen Kenntnisstand wird der Batterie-elektrische Lkw mit hoher Sicherheit die vielversprechendste Technologie darstellen, um mindestens das Kostenniveau von heutigen Diesel-Lkw zu erreichen“. Und weiter: „Gleichzeitig benötigen sie dafür auch weniger finanzielle Unterstützung als Brennstoffzellen-Lkw, die vermutlich gegen Wasserstoffknappheit und hohe Preise anzukämpfen haben. Neben dem Kostenaspekt profitieren Batterie-elektrische Lkw auch von einer schnelleren, großskaligen Verfügbarkeit der Technologie am Markt. Darüber hinaus zeigen weitere Studien, dass Batterie-elektrische Lkw auch technisch – in Bezug auf erforderliche Reichweiten oder die Nutzlast – für die meisten Anwendungsfälle in der Logistik bereits heute geeignet sind.“

Brennstoffzellen-Lkw sieht das Autorenteam hingegen vor allem als ergänzende Technologie für schwer elektrifizierbare Bereiche oder Spezialtransporte – unter dem Vorbehalt, dass Wasserstoff für andere Sektoren in großem Umfang zur Verfügung stehe. Daher plädiert das Fraunhofer ISI für eine öffentliche Förderung beider Technologiepfade („F&E und Erprobung“), speziell für BEV-Lkw müssen aus Sicht der Studienmacher aber Investitionen in Produktionsanlagen und Ladeinfrastruktur erfolgen, die Stromnetze schneller ausgebaut und die Regulierung emissionsfreier Lkw angepasst werden, um die Marktdiffusion zu fördern. Als Adressaten dieser Forderungen werden die Industrie und die Politik gleichermaßen genannt.

Paralleler Rollout von BEV und FCEV kostet Zeit und Geld

Das Fraunhofer ISI gibt an, mit der Studie den Diskurs um die Priorisierung von Technologien voranbringen zu wollen. Während es bei Pkw inzwischen kaum noch Befürworter für den Wasserstoffantrieb gibt, sieht das bei schweren Lkw anders aus. Mehrere Hersteller fahren in diesem Bereich zweigleisig und entwickeln sowohl Lkw mit Batterie- als auch mit Brennstoffzellenantrieb. Das Fraunhofer ISI gibt zu bedenken, dass Roll-out-Vorbereitungen für beide Technologien („Infrastrukturausbau, Netzerweiterungen, Anpassungen im Produktportfolio, Vorschriften zur CO2-Regulierung oder mögliche Subventionen“) viel Zeit und Geld kosten und Investitionsentscheidungen durch die Unsicherheit potenziell hinausgezögert würden. Das Fazit: „Vor dem Hintergrund begrenzter öffentlicher Budgets führt dies zu der Frage der Priorisierung auf vielversprechende Technologien, insbesondere beim Übergang von einer Förderung von Forschung und Entwicklung hin zur Markteinführung, die mit deutlichen höheren Ausgaben einhergeht“.

Laut Steffen Link, Hauptautor der Studie, unterstreichen die Ergebnisse, dass die Kosten für emissionsfreie Lkw erheblich und schneller als erwartet sinken werden. Er fasst zusammen: „Dies erfordert den schnellen Aufbau von großskaligen Produktionsanlagen, um die Marktdiffusion dieser Fahrzeuge zu fördern. Unsere Analyse und der aktuelle Kenntnisstand zeigen, dass Batterie-elektrische Lkw die techno-ökonomische Wettbewerbsfähigkeit mit heutigen Diesel-Lkw für die meisten Anwendungsfälle in absehbarer Zeit erreichen dürften. Die priorisierte Förderung von Batterie-elektrischen Lkw stellt somit eine politische No-Regret-Option dar, die Unsicherheiten verringert, begrenzte öffentliche Budgets besser nutzt und richtungsweisend für den Logistikmarkt agiert.“ Dies sei für einen schnellen Übergang zu emissionsfreien Lkw unerlässlich. „Dafür müssen die Stromnetze und Ladeinfrastruktur schnell ausgebaut werden, um Verzögerungen zu vermeiden. Dies erfordert jedoch sofortige Investitionen.“

Auch „Wirtschaftsweise“ empfehlen Fokus auf BEV-Lkw

Interessant: Erst vor einigen Wochen hatte bereits der deutsche Wirtschafts-Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs den Fokus auf Batterie-Lkw und die zugehörige Ladeinfrastruktur empfohlen. Die sogenannten Wirtschaftsweisen im Wortlaut: „Um den Straßengüterverkehr schnell und effizient zu dekarbonisieren, sollte der Fokus staatlicher Unterstützung zunächst auf dem Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Batterie-elektrische Lkw liegen. Eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist aufgrund mangelnder Kapazitäten im Schienennetz nur begrenzt möglich.“

Als Begründung führten die Wirtschaftsweisen an, dass die Einsatzmöglichkeiten von Batterie-elektrischen Lkw sich in den vergangenen Jahren aufgrund der technologischen Entwicklungssprünge bei der Batterie- und Ladetechnologie deutlich erweitert hätten. „Batterie-elektrische Lkw können bereits heute dazu beitragen, die Emissionen im Straßengüterverkehr zu reduzieren. Andere emissionsarme Antriebe haben nicht dieselbe Marktreife“, präzisierte Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, im Frühjahrsgutachten. „Angesichts knapper öffentlicher Mittel und Planungskapazitäten sollte der Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Batterie-elektrische Lkw priorisiert werden. Dies wird die Marktdurchdringung von Batterie-elektrischen Lkw beschleunigen.“

Das Fraunhofer ISI argumentiert in seiner Studie fast wortgleich. Übrigens: Wasserstoff als alternativen Technologiepfad erwähnte der Sachverständigenrat in seiner Mitteilung im Mai mit keiner Silbe. 

Zum Hintergrund: Der Güterverkehr ist für acht Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich, davon entfallen 98 Prozent auf den Straßengüterverkehr. Und: Lediglich sechs Prozent der straßengebundenen Transporte eignen sich aufgrund der Transportstrecke und der Art der Verladung für eine Verlagerung auf die Schiene.

isi.fraunhofer.de, nature.com

5 Kommentare

zu „Fraunhofer-Studie prognostiziert schnell fallende Fertigungskosten für E-Lkw“
ganzjahresreichweite
27.06.2024 um 15:30
Der erhöhte Verschleiss der Strassen und Brücken durch BEV-LKW wird weder von den Wirtschaftsweisen noch vom ISI erwähnt. Mit BEV-LKW werden mehr LKW benötigt für die gleiche Zuladung, als mit Diesel und Hydrogen Electric Vehicle. Hier wird sehr einseitig Richtung Steuermiliarden für den Ausbau der Megawatt Charger für BEV LKW argumentiert. Hinzu kommt noch, dass riesige Geldabflüsse Richtung China mit der BEV Technik einhergehen, die volkswirtschaftlich auf lange Sicht mehr schaden, als aktuell höhere Kosten für Hydrogen Electric Vehicle. Bin gespannt, ob die Redaktion diesen Kommentar freischaltet :-)
Thomas
27.06.2024 um 21:33
@ganzjahrsreifen: immer diese Provokationen. ;-)
Gerd
27.06.2024 um 16:09
Bitte einmal Google bedienen: Der eActros 600 als Sattelzugmaschine hat ein Leergewicht von 11,7 Tonnen. Der Nikola Tre FCEV kommt auf 11,8 Tonnen. Dass die Nutzlast beim BEV geringer ist, war mal so. Ist aber (bald) nicht mehr der Fall.Und: Beim FCEV werden wir Unmengen an Geldabflüssen in den Mittleren Osten und sonstnochwo hin sehen, weil dort der Wasserstoff billig produziert und mit enormen Energieaufwand transportiert werden muss, bevor er in Deutschland verbraucht werden kann. Ist der BEV-Lkw einmal angeschafft und samt der Batterie in der EU, kann sie hier recyclent und erneut verwendet werden. Der Wasserstoff muss aber konstant eingeführt werden. Ach ja, viel Spaß beim Windräder bauen in Patagonien. Ist ne super Gegend für massive Bauaktivitäten. Nicht.
ganzjahresreichweite
28.06.2024 um 16:55
Sie vergleichen hier theoretische 500km Reichweite des BEV Truck mit realen 800-1.000km des FC Truck.. Bei gleicher Reichweite ist der BEV Truck deutlich schwerer.
Battie
30.06.2024 um 12:00
... noch. Im übrigen wird es unabdingbar sein, den Lkw Verkehr zu reduzieren, sollte eine CO2 Neutralität auch nur annähernd in absehbarer Zeit erreichbar sein. H2 im großen Maßstab zu importieren halte ich für eine steile These, so lange nicht ein vorzeigbarer Anfang dafür vorliegt in Form einer stattlichen Demonstrationsanlage, samt Transport hierher. Wer sagt dass die in Frage kommenden Produzenten-Länder, oft mit hohem eigenem Bevölkerungs- und damit gesteigertem Energiebedarf, noch genug grüne Energie übrig haben, um sie in Form von H2 hierher zu verkaufen, ohne selbst für den eigenen Energiebedarf weiterhin vor Ort auf fossile Energien angewiesen zu sein? Man denke nur an den Verbrauch von Klimaanlagen, die in den sonnenreichen Ländern im Zug des Klimawandels immer nötiger werden. Alles damit wir weiterhin Butter von Dänemark ins Milchland Bayern karren können, hier nur als irrwitziges Beispiel genannt? So wird es nicht (mehr) laufen, denke ich - zumindest nicht klimaneutral.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert