Scholz schlägt wohl gleich hohe E-Auto-Zölle für EU und China vor
Scholz’ Deal soll offenbar im Kern daraus bestehen, dass beide Seiten gleich hohe Zölle auf Autoimporte verhängen würden, wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Regierungs- und EU-Kreise schreibt. Die Rede sei davon, auf chinesische wie europäische Autoexporte jeweils einen einheitlichen Zoll von 15 Prozent zu erheben. Die exakte Höhe könne sich noch ändern. Die EU-Pläne für abgestufte Zölle auf chinesische Autos, die Mitte Juni präsentiert wurden, sollen dafür fallengelassen werden.
Die EU-Kommission bewerte den Plan des Kanzlers als untauglich und sehe darin „keine Option“. Im Umgang mit China gehe es nicht darum, Zölle anzugleichen, sondern darum, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und chinesische Subventionen auszugleichen. Die Sonderzölle nach EU-Vorschlag treten am 4. Juli vorläufig in Kraft. Parallel verhandeln die EU und China weiter, die Frist hierfür läuft bis zum 5. November. So lange werden die Zölle nicht erhoben. Im November müssen die EU-Mitgliedsstaaten die Zollentscheidung bestätigen: Nehmen sie den EU-Vorschlag an, werden die Zölle auch rückwirkend zum 4. Juli erhoben.
Trotz der ablehnenden Reaktion der Kommission sei die Initiative des Kanzlers politisch bedeutsam, ordnet das „Handelsblatt“ die Situation ein: „Sollten sich andere Länder den Deutschen anschließen, könnte die EU-Kommission so stark unter Druck geraten, dass die Behörde einlenken müsste.“
Scholz-Vorschlag würde Zölle nur gering erhöhen
Derzeit werden zehn Prozent Zoll fällig, wenn ein in China gebautes Elektroauto in die EU eingeführt wird – dabei ist es egal, ob es sich um ein Fabrikat eines chinesischen Herstellers oder einer europäischen Firma handelt. Ein in China gebauter BMW iX3 wird gleich behandelt wie ein MG4 oder Nio ET5, um nur einige Beispiele zu nennen. Die EU plant derzeit, die Sonderzölle nach der Höhe der festgestellten Subvention – also dem vermeintlichen Wettbewerbsvorteil – zu bemessen. Bei einem stark geförderten Hersteller wie SAIC (mit der Marke MG) soll der Sonderzoll 38,1 Prozent betragen, bei BYD nur 17,4 Prozent. Da die Sonderzölle zusätzlich zu den bereits geltenden zehn Prozent erhoben werden, ergeben sich in der Praxis Einfuhrzölle von 27,4 bis 48,1 Prozent.
Mit Scholz’ Vorschlag, in beide Richtungen pauschal 15 Prozent Einfuhrzoll zu verlangen, würde die Erhöhung für in China hergestellte Fahrzeuge nur gering ausfallen. Bei Elektroautos, die in Europa hergestellt und in China verkauft werden, würde sich hingegen nichts ändern: China verlangt bereits 15 Prozent für Autoimporte.
Machtprobe zwischen Scholz und von der Leyen?
Mit der Möglichkeit, dass sich andere Länder dem Vorschlag des Bundeskanzlers anschließen, hat der Vorgang eine gewisse Brisanz: Die Initiative zu den Subventions-abhängigen Zöllen ist von der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen (CDU) ausgegangen. Somit wäre es eine Machtprobe zwischen Scholz und von der Leyen, wenn der Kanzler mit seinem Vorstoß eine Mehrheit gewinnt – und die Zölle der EU-Kommission nicht in Kraft treten würden. Bisher kam Kritik an den herstellerspezifischen Zöllen aber vor allem aus Deutschland. „Ich bin mit den Ergebnissen der Handelspolitik der Europäischen Union nicht zufrieden. Da muss sich dramatisch etwas ändern“, sagte Scholz am Mittwoch bei seiner Regierungserklärung im Bundestag.
In Brüssel bezeichnet man laut dem Bericht den deutschen Ansatz mit pauschalen und gleich hohen Zöllen für beide Seiten als „naiv“. Die EU verweist dabei auf ihre Antidumpinguntersuchung, die gezeigt habe, wie stark die chinesische E-Auto-Industrie gefördert werde. An dem Vorhaben von Scholz sehen EU-Insider laut dem „Handelsblatt“ aufgrund der bekannten Ergebnisse daher auch rechtliche Zweifel. Aber: In dem Bericht wird auch klar, dass die Höhe der geplanten Zölle selbst in Brüssel nicht ganz unumstritten ist.
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