Mercedes pumpt wieder mehr Konzernmittel in Verbrennertechnologie
Mercedes-Benz liegt bei den Elektroverkäufen weit hinter Plan. Da auch die wirtschaftlich-regulatorische Großwetterlage keinen Rückenwind verspricht, hatte der Konzern Anfang des Jahres einen Kurswechsel vollzogen: Mercedes-CEO Ola Källenius strich sein eigenes Elektro-Ziel für 2030 und kündigte damit an, länger zweigleisig (Elektro & Verbrenner) zu fahren als zuvor vorgesehen. Unklar war bisher, inwiefern die Stuttgarter in diesem Zuge wieder in Verbrennertechnologien investieren. Gegenüber der „Wirtschaftswoche“ sagte Kallenius nun, dass Mercedes eine Überarbeitung des hybridisierten Verbrennerantriebs anstrebe.
Im Detail werden auch alle „relevanten Verbrenner und Getriebekombinationen“ für neue Regulierungen wie für EU7 oder China 7 fit gemacht, um die Motoren stets auf dem höchsten technologischen Stand zu haben. Trotzdem halte Mercedes an seinen Investitionen in E-Autos fest, so Källenius: Gerüchte, wonach man die nächste elektrische S-Klasse eingestellt habe, seien falsch. Auch die Pläne für den Aufbau von Batteriezellfabriken gelten weiterhin: „In Summe werden wir weiter wie geplant acht Gigafabriken beziehungsweise eine Batteriekapazität von 200 Gigawattstunden brauchen.“ Nur später als bisher geplant. Unter anderem mit diesem „später“ geht auch ein jüngst bekannt gewordener Einschnitt beim Batteriezellen-Joint-Venture Automotive Cells Company (ACC) von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies einher: ACC pausiert die Bauarbeiten an seinen Batteriezellenwerken in Kaiserslautern und im italienischen Termoli.
Mit dem Bekenntnis zur elektrischen S-Klasse geht Källenius zudem auf ein Mitte Mai publik gewordenes Gerücht ein, wonach Mercedes nicht länger an seiner Elektro-Plattform „MB.EA-Large“ entwickeln soll. Ab 2028 wollten die Stuttgarter auf Basis dieser Architektur eigentlich die neue Generation ihrer größten Limousinen und SUVs elektrifizieren. Das „Handelsblatt“ schrieb unter Berufung auf vier Insider, dass die Entwicklung auf Eis liege. Sie würde Mercedes „Investitionen kosten, die mindestens im mittleren einstelligen Milliardenbereich liegen“. Dass die elektrische S-Klasse kommt, hatte das „Handelsblatt“ dabei nicht bestritten, nur die Frage aufgeworfen, auf welcher Plattform. Die zitierten Insider berichteten im Mai, dass die künftigen großen Luxusstromer entgegen der ursprünglichen Pläne beim Fertigungsprozess nun teils auf der bereits bestehenden 400-Volt-Architektur EVA2 aufbauen werden. Früheren Gerüchten zufolge könnte bei der EVA2 der Wechsel auf 800 Volt Systemspannung bevorstehen. Bestätigt ist dies aber nicht.
Die „Electric only“-Pläne (in Kombination mit den Plattformplänen) von Mercedes datieren aus dem Jahr 2021. Damals hatte Källenius das Ziel ausgerufen, ab 2030 möglichst nur noch rein elektrische Neuwagen zu verkaufen – Mercedes wolle dort zur Elektromarke werden, wo es „die Marktbedingungen zulassen“. Seit Februar klingt die neue Marschrichtung ganz anders: „Das Unternehmen geht davon aus, dass die xEV-Verkäufe in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bis zu 50 Prozent des Gesamtabsatzes erreichen werden. Als „xEV“ bezeichnen die Stuttgarter BEV und PHEV. Soll heißen: Statt nahezu 100 Prozent BEV-Anteil in 2030 geht der Autobauer davon aus, dass der Anteil von BEV und PHEV am Gesamtabsatz zum Ende des Jahrzehnts bei maximal der Hälfte liegen wird. Gegenüber der „Wirtschaftswoche“ spricht der Schwede nun von 50 Prozent Elektroautos und 50 Prozent Hybride, die im Mercedes-Jargon als High-Tech-Verbrenner bezeichnet werden.
wiwo.de
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