Milliarden-Invest: BYD will ab 2026 E-Autos in der Türkei bauen
Dem türkischen Industrie- und Technologieministerium zufolge haben beide Seiten das Abkommen am Montag in Anwesenheit von Staatschef Recep Tayyip Erdogan unterzeichnet. BYD wird demnach rund eine Milliarde US-Dollar (rund 920 Millionen Euro) in der Türkei investieren, um eine Produktionsstätte mit rund 5.000 Arbeitsplätzen zu errichten. Hinzu kommt ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für Mobilitätstechnologien. Viel Zeit will BYD nicht verschwenden: Schon in zweieinhalb Jahren soll die Eröffnung gefeiert werden.
„Dank der einzigartigen Vorteile der Türkei, wie dem sich entwickelnden Technologie-Ökosystem, der starken Zuliefererbasis, dem außergewöhnlichen Standort und den qualifizierten Arbeitskräften wird die Investition von BYD in diese neue Produktionsstätte die lokalen Produktionskapazitäten der Marke weiter verbessern und die logistische Effizienz erhöhen“, äußert BYD in einer Erklärung. „Unser Ziel ist es, die Verbraucher in Europa zu erreichen, indem wir die steigende Nachfrage nach NEV-Fahrzeugen in der Region befriedigen.“
Mehmet Fatih Kacır, Minister für Industrie und Technologie, kommentiert: „Wir befinden uns an einem historischen Tag für unsere Automobilindustrie. Wir haben den ersten Schritt einer riesigen Investition in unserem Land getan.“
Wo genau das Werk entstehen soll, ist noch nicht offiziell. Die regierungsnahe türkische Zeitung „Yeni Safak“ gibt aber an, dass BYD für den Standort ein Gebiet in der Provinz Manisa (im Norden der Hafenstadt Izmir) zugeteilt worden sei. Für dieses Grundstück soll sich vor einigen Jahren auch Volkswagen interessiert haben.
Die Nachricht, dass BYD in der Türkei Autos bauen will, war zuvor bereits durchgesickert. Bloomberg berichtete am Freitag, dass die Türkei ein solches Abkommen mit BYD abschließen werde. Die neue Fabrik erleichtert BYD vor dem Hintergrund der drohenden Sonderzölle den Zugang zur Europäischen Union, denn die Türkei und die EU sind durch eine seit 1995 bestehende Zollunion miteinander verbunden. Auch andere Autobauer sehen darin einen strategischen Standortvorteil. Dazu gehören die seit Jahrzehnten in der Türkei produzierenden Hersteller Fiat, Renault, Ford, Toyota und Hyundai
BYD muss den von der EU gefassten Plänen zufolge bei Einfuhren aus China künftig mit Zöllen von 27,4 Prozent (10 % regulärer Zoll, 17,5% Sonderzoll) auf seine E-Autos rechnen. Damit sollen wettbewerbsverzerrende Subventionen in China ausgeglichen werden. Die Zölle unterscheiden sich von Hersteller zu Hersteller. Noch sind sie vorläufig. Die Gespräche mit der chinesischen Regierung halten an.
Doch allein die Tatsache, dass Zölle drohen, könnten BYDs Pläne für eine zweite E-Auto-Fabrik in Europa beschleunigt haben. Die Türkei lockt mit verhältnismäßig geringen Lohnkosten. Und mit China-freundlicher Politik. Die Regierung in Ankara gab am Freitag etwa bekannt, dass sie ihre vor fast einem Monat angekündigten Pläne, einen zusätzlichen Zoll von 40 Prozent auf alle Fahrzeuge aus China zu erheben, mit der Begründung zurücknimmt, man wolle Investitionen fördern.
Die erste europäische Fabrik von BYD wird bekanntlich in Ungarn errichtet und soll Ende 2025 in Betrieb gehen. Dass auch eine zweite Produktionsstätte auf dem Kontinent entstehen soll, hatte Stella Li, BYDs Vizepräsidentin für Europa und Amerika, im Juni bestätigt. Europa ist dabei nur eine von mehreren Expansionsregionen der Chinesen. Vergangene Woche eröffnete der Hersteller ein E-Auto-Werk in Thailand und eine Fabrik in Usbekistan, in der zwei Plug-in-Hybrid-Modelle vom Band laufen. Darüber hinaus hat BYD eine ehemalige Ford-Fabrik in Brasilien übernommen und sucht nach einem Standort für ein Werk in Mexiko.
Ähnlich wie beim geplanten Türkei-Werk blickt das chinesische Management des Herstellers mit dem angestrebten Werk in Mexiko nicht primär auf den dortigen lokalen Markt, sondern auf die USA: Gemeinsam mit Kanada bilden diese beiden Länder die NAFTA-Freihandelsregion, womit BYD seine in Mexiko gebauten Autos zollfrei in die USA und Kanada einführen könnte. Die in China gebauten BYDs werden ab dem 1. August bei der Einfuhr in die USA mit 100 Prozent Zoll belegt, Kanada prüft inzwischen einen solchen Schritt.
reuters.com, dailysabah.com, x.com, bnnbloomberg.ca, sanayi.gov.tr
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