EU-Staaaten bei Sonderzöllen uneinig / VW und BMW hoffen auf günstigen Zollsatz

Die europäischen Mitgliedsstaaten sind bei Sonderzöllen auf E-Autos aus China offenbar geteilter Meinung. Im Rahmen einer Vorabstimmung haben sich zwölf Länder für die Sonderzölle ausgesprochen. Vier Regierungen stimmten gegen die Maßnahme und elf enthielten sich. Volkswagen und BMW sollen unterdessen als „kooperierende Unternehmen" eingestuft werden – mit niedrigem Zollsatz.

Bild: MG Motor

Die informelle Abstimmung soll am gestrigen Dienstag stattgefunden haben, berichtet Reuters unter Berufung auf Insider. Obwohl es sich dabei um eine nicht bindende Abstimmung handelt, wird erwartet, dass die EU-Kommission das Ergebnis bei der Entscheidung über die weitere Vorgehensweise berücksichtigt.

Sollte Brüssel die Sonderzölle weiterhin einführen wollen, findet spätestens Anfang November eine verbindliche Abstimmung statt. Die Zölle werden dann formell angenommen, es sei denn, mindestens 15 Mitgliedsstaaten (oder 65 Prozent) stimmen dagegen. Anders gesagt: Fällt das Ergebnis ähnlich aus wie bei der informellen Abstimmung, würden die Zölle wie von der EU-Kommission vorgeschlagen Realität. Noch ist jedoch unklar, wie die elf Enthaltungen zu werten sind. Es könnte im November also noch in beide Richtungen gehen.

Obwohl es keine offizielle Mitteilung über die Abstimmung gibt, erfuhr Reuters, dass Frankreich, Italien und Spanien die Zölle unterstützen, während Deutschland, Finnland und Schweden sich der Stimme enthalten haben. Deutschland tat dies offenbar „im Geiste der kritischen Solidarität mit der Kommission“, so die Nachrichtenagentur. In Frankreich, Italien und Spanien werden in erster Linie Autos für den Massenmarkt gebaut. Dort fürchtet man die chinesische Billig-Konkurrenz – und ist von möglichen Reaktionen Chinas bei teuren Luxusfahrzeugen im Gegenzug kaum betroffen.

Ein kurzer Rückblick: Am 4. Juli kündigte die EU-Kommission Sonderzölle auf aus China importierte Elektroautos an. Diese sind noch vorläufig und werden erst nach einer endgültigen Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten im November in Kraft treten. Sollten sie jedoch verabschiedet werden, würden sie auch rückwirkend für Fahrzeuge gelten, die seit Anfang Juli importiert wurden. Die Zölle fallen für jeden Automobilhersteller unterschiedlich aus und hängen davon ab, ob der Hersteller bei der Untersuchung der chinesischen Subventionen mit der EU zusammengearbeitet hat oder nicht. So wird der staatliche Autobauer SAIC mit Marken wie MG den höchsten Satz zahlen müssen. Dann gilt ein Sonderzoll von 37,6 Prozent, der zusätzlich zu den 10 Prozent Einfuhrzoll für alle Fahrzeuge erhoben wird. Alle Einzelheiten können Sie hier nachlesen.

Mit den Sonderzöllen will die EU-Kommission einen vermeintlich unfairen Vorteil ausgleichen, den chinesische Autohersteller ihrer Meinung nach haben, da sie von staatlichen Subventionen in China profitieren. Das wiederum ermöglicht es ihnen, ihre E-Fahrzeuge in Europa zu einem niedrigeren Preis anzubieten als die lokale Konkurrenz. Nichtsdestotrotz haben sich vor allem die deutschen Autohersteller gegen die Zölle positioniert und die Kommission aufgefordert, diese fallen zu lassen. China ist für sie ein großer Markt und sie fürchten Gegenmaßnahmen aus Peking. Außerdem würden die Sonderzölle in der EU auch westliche Autohersteller wie Tesla und BMW treffen, die E-Autos importieren.

Die EU-Kommission könnte eine Ausnahme machen

Wie Reuters unter Berufung auf Insider berichtet, scheint die Europäische Kommission aber bereit zu sein, die Zölle für BMW und Volkswagen zu senken. Beide Autohersteller fallen derzeit in die Kategorie der OEMs, die während der Untersuchung nicht mit der EU kooperiert haben. Das bedeutet, dass sie nach den derzeitigen Plänen mit Zöllen von 37,6 % belegt würden. Nur um das klarzustellen: Das bedeutet nicht, dass die Hersteller Informationen zurückgehalten oder sich geweigert haben, mit EU-Beamten zusammenzuarbeiten. Es bedeutet lediglich, dass sie nicht aktiv an der Untersuchung teilgenommen haben oder nicht in die Stichprobe einbezogen wurden.

Im Falle von Volkswagen und BMW ist die Kommission angeblich bereit, sie als sogenannte „kooperierende Unternehmen“ einzustufen, sodass ein Sonderzoll von nur 20,8 % auf ihre in China hergestellten E-Modelle erhoben würde. Die Entscheidung ist noch nicht endgültig, könnte aber einen Präzedenzfall für andere Autohersteller schaffen.

Es sind übrigens nicht nur die deutschen Autohersteller oder manche EU-Mitgliedstaaten, die die Zölle kritisch sehen. Die neue britische Regierung, die jetzt von der Labour-Partei geführt wird, erklärte, sie sei „besorgt“ über die Auswirkungen der Sonderzölle auf die Industrie. Die Labour-Partei will die Frist 2030 für die Abschaffung von Verbrennungsmotoren in Großbritannien wiederherstellen, muss aber noch entscheiden, ob sie der EU und den USA auf dem Weg folgt, Sonderzölle auf in China hergestellte Elektroautos zu erheben.

Darüber hinaus war der MG4 im vergangenen Jahr das am zweithäufigsten verkaufte Elektroauto in Großbritannien. Da MG Motor aber zu SAIC gehört und für die Modelle der höchste Sonderzoll anfällt, könnten diese E-Autos in Europa und vielleicht auch in Großbritannien teurer werden.

reuters.com, bnnbloomberg.ca (Vorabstimmung), reuters.com (BMW und VW), bnnbloomberg.ca (UK)

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