Von der Leyen will Ausnahmen für E-Fuels

Unter Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin hatte die EU beschlossen, dass ab 2035 keine Neuwagen mehr zugelassen werden dürfen, die CO2 ausstoßen. Um sich die Mehrheit für eine zweite Amtszeit zu sichern, hat die CDU-Politikerin jetzt Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe gefordert.

ursula von der leyen rede
Bild: EU-Kommission

Von der Leyen schreibt in ihren am Donnerstag veröffentlichten, politischen Leitlinien für die kommenden fünf Jahre, dass ein „technologieneutraler Ansatz“ erforderlich sei, um die EU-Klimaziele zu erreichen. Diesen technologieneutralen Ansatz will sie durch eine „gezielte Änderung“ der entsprechenden EU-Verordnung erreichen. Kurze Zeit später wurde die Politikerin für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission gewählt.

Das EU-Ziel geht auf von der Leyens eigenes „Fit for 55“-Programm zurück: Im Juli 2021 hatte die EU-Kommission angekündigt, die CO2-Emissionen von Neuwagen ab 2035 auf null senken zu wollen, was dem Aus für Benzin und Diesel gleichkommt. Bereits während der Schritte durch die EU-Gremien im Laufe des Jahres 2022 bis hin zum finalen Beschluss Ende März 2023 wurden immer wieder Ausnahmen für Fahrzeuge gefordert, die nachweislich nur mit E-Fuels betrieben werden – und somit bilanziell CO2-neutral sind, wohl aber weitere Schadstoffe ausstoßen.

Wörtlich übersetzt heißt es nun seitens der Politikerin: „Das Klimaneutralitätsziel 2035 für Autos schafft Berechenbarkeit für Investoren und Hersteller. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem E-Kraftstoffe durch eine gezielte Änderung der Verordnung im Rahmen der vorgesehenen Überprüfung eine Rolle spielen können.“

Überprüfung für 2026 ohnehin geplant

Damit deutet sie zwar eine Änderung an, bleibt aber ansonsten unkonkret. Denn wie diese Rolle aussehen kann, wird nicht umrissen. Wie sehr von der Leyen in ihrer Politik mit E-Fuels plant, kann aus diesem Statement kaum abgeleitet werden. Die vorgesehene Überprüfung, die von der Leyen erwähnt, ist ohnehin für 2026 geplant.

Vor dem Hintergrund, dass bis 2026 in dieser Sache keine neue Beschlusslage gefasst wird, könnte der Vorstoß kurzfristig vor allem dazu gedient haben, eine politische Mehrheit zu beschaffen. Um für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden, benötigte von der Leyen eine absolute Mehrheit unter den 720 Abgeordneten des Europaparlaments – was sie mit 401 Ja-Stimmen erreicht hat. Die Deutsche Presse-Agentur hatte im Vorfeld der Abstimmung noch geschrieben: „Zahlreiche Abgeordnete hatten in den vergangenen Tagen betont, dass ihre Stimme davon abhängt, was in ihren politischen Leitlinien steht.“ Ob der Vorstoß kurz vor der Abstimmung die nötige Mehrheit beschafft hat, kann aber nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Obwohl sich die Fraktionen der konservativen Europäischen Volkspartei, Sozialdemokraten und Teile der Liberalen bereits vorab auf ihre Wiederwahl verständigt hatten, war das alles andere als sicher. Im EU-Parlament gibt es keinen Fraktionszwang. Die liberalen Abgeordneten der deutschen FDP hatten etwa angekündigt, gegen von der Leyen zu stimmen. „Wir Freie Demokraten sind für Veränderungen angetreten, um Europa zu stärken. Frau von der Leyens Programm ist aber größtenteils ein Weiter-so“, sagte die Vorsitzende der FDP-Delegation, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, dem „Spiegel“.

Die ersten Reaktionen folgten prompt. CSU-Politiker Manfred Weber, der Vorsitzender der Konservativen-Fraktion im Europaparlament ist, zeigte sich erfreut: „Ich begrüße, dass die neue Kommission das Verbrenner-Aus überarbeiten wird und auf Technologieoffenheit setzt.“

Auch der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing, der sich selbst stark für E-Fuels einsetzt, befürwortet von der Leyens Aussage in den politischen Leitlinien. „Technologieneutralität muss der künftige Weg der EU-Kommission sein. Das Verbrenner-Aus und das einseitige Setzen auf Elektromobilität waren ein Irrweg“, so der FDP-Politiker in einem Statement, das auf der Plattform X veröffentlicht wurde. „Nach dem ewigen Hinauszögern der vergangenen Jahre, erwarte ich jetzt, dass die Spitze der EU-Kommission das Vorhaben zur Chefsache macht und sich persönlich dafür einsetzt, Genehmigungsvorschriften für EFuels-only-Fahrzeuge zu schaffen. Auch braucht es Berücksichtigung von EFuels bei den Flottenzielwerten. Alle technologischen Optionen müssen wir nutzen, um Verkehre schneller und effektiver zu dekarbonisieren. Dazu gehören auch die Wasserstoff-Brennstoffzelle, fortschrittliche Biokraftstoffe und E-Fuels.“

europa.eu (PDF, S.9), spiegel.de (Strack-Zimmermann), x.com (Wissing), automobilwoche.de (Weber)

13 Kommentare

zu „Von der Leyen will Ausnahmen für E-Fuels“
SepulNation
18.07.2024 um 15:02
Dann bitte tankt doch eure Porsches mit E-Fuels für 5€ pro Liter, FDPler... das ist schade und wird wertvollen und v.a. Energie-intensive Kraftstoffe für jene wegnehmen, die wirklich keine Alternativen haben (Flugfahrt, Schifffahrt). Rausgeworfenes Geld, Energie und Ressourcen, aber dafür können sie ich ihr *brumm-brumm* erhalten... schon sehr kindisch alles!
KBDCALLS
18.07.2024 um 15:55
Stellt sich nur die Frage ob E-Fuels in den benötigten Mengen hergestellt werden kann.Falls es funktionieren sollte wann wäre es soweit das dieser Sprit in ausreichenden Mengen vorhanden wäre . Und schlußendlich könnte es ganz gut möglich sein , das ihr mehrere Beteiligte den schlicht den Stinkefinger zeigen. Industrie wie Verbraucher. Die einen weil sie nicht bereit sind auf Verdacht Milliarden zu Investieren, die andern weil sie nicht bereit sind die horrenden Preise für den Sprit zu zahlen. Und Schlußendlich man kann schon das Gelaber von Technologieoffen und und -neutral nicht mehr hören, es hängt einem zum Halse raus.
heinz
18.07.2024 um 16:04
Wer kontrolliert denn, ob das Auto mit e-fuels fährt oder mit Benzin? Es gibt ja noch nicht mal Technik, die das Unterscheiden könnte. Wann werden denn endlich Maßnahmen zum Klimaschutz in die Tat umgesetzt? Gab es nicht erst überall Unwetter mit Überschwemmungen und 50 Grad in Indien? Reicht das denn noch nicht?Fragen die uns die Politik nicht beantworten wird.
Gregor
19.07.2024 um 14:16
Du kannst auch kein Wasser, statt Harnstoff in den Tank kippen. Die Sensorik merkt das auch und legt die Karre still. Abgassensoren etc.
Quayle
19.07.2024 um 10:00
Naja, die Unterscheidung könnte (wie heute bereits) wie bei Diesel und Heizöl geregelt werden.
Jürgen Baumann
19.07.2024 um 07:19
Woher kommt dieser teutonische Drang seine Mitmenschen weiter mit allerlei unappetitlichen Stoffen zu begasen wie lästige Nagetiere?
Daniel
19.07.2024 um 08:17
Die Herstellung von EINEM Liter E-Fuel benötigt 27 kWh Strom. Wenn ein Verbrenner davon 6 Liter auf 100 km verbraucht sind das 162 kWh für 100 km. Ein einigermaßen effizientes E-Auto fährt mit der gleichen Menge Strom problemlos 1.000 km. Das ist Faktor ZEHN!E-Fuels mögen auf den ersten Blick "technologieoffen" sein, aber clever ist das mit Sicherheit nicht. Wir müssen schnellstmöglich bei den Neuzulassungen auf Elektro umstellen. Meiner Meinung nach nicht mit Zwang, sondern mit intelligenten Anreizen (Stromsteuer runter, Anreize für dynamische Tarife etc).
gerd
19.07.2024 um 10:08
Nach 759 Mrd. Corona fonds....Geschenk an Draghi, nun Geschenke an Big Oil....und der Wähler wählt Sie weiterhin...
Wolfgang
19.07.2024 um 10:14
Politisch kann man das nachvollziehen. Die Leute tun sich sehr schwer mit Veränderungen und wählen dann aus Angst AFD oder andere, die ihr Geschäft damit machen. Energetisch ist das kompletter Nonsens. Wir können dann auch die Glühbirne wieder einführen ... oder Nachtspeicheröfen... oder die Concorde.
Markus
19.07.2024 um 11:18
Europäische Technologieoffenheit vs. chinesische Technologiesicherheit. Wer besser vorwärts kommt sieht man ja... Das schafft keine Planungssicherheit sondern nur Chaos weil man keine klare Linie hat an die man sich halten kann und so reitet man die Hersteller immer weiter ins nichts gegen internationale Wettbewerber. Bravo, gut gemacht.
Jan
19.07.2024 um 11:26
CDU. Rückwärts mit Vollgas in die Zukunft.
Nostradamus
19.07.2024 um 13:20
Zwischen Politik und Wirtschaft muss man eine ganz klare und harte Grenze feststellen – wer wofür verantwortlich ist? Die Politik hat ein Ziel gesetzt: bis 2035 fossile Brennstoffe als Energiequelle zu eliminieren. Punkt, Ende der politischen Aktivitäten! Jetzt sind Wissenschaft und Wirtschaft an die Reihen, sie müssen den Weg finden, um das vorgegebene Ziel zu schaffen. Und zwar ohne Einmischung von Seiten, wie Politiker, Grüne, Journalisten und alle anderen inkompetenten Personen und Institutionen! Nur in dieser Weise kann man die vorgegebenen Ziele schnell und zuverlässig erreichen! Mit einer offenen Demokratie, wo jeder hat recht, etwas zu sagen und zu fördern, dieser Prozess wird ewig dauern und wird nie beendet! Schlussfolgerung: Ursula von der Leyen ist eine inkompetente Person, um die über E-Fuels überhaupt zu diskutieren und noch weniger die Entscheidung zu treffen.
Spock
19.07.2024 um 13:35
Purer Populismus um die nötigen Stimmen für die Wiederwahl zu bekommen. Da ist es ganz egal womit sie alle belügt. Leider wird in DE nicht über all die Verfahren gegen Van der Leyen berichtet. Das wunderte auch schon Mal einen französischen Journalisten der das merkte. Hier wird die Berichterstattung einfach unterlassen. Ich hoffe, dass die Hersteller sich auf E-Mobilität konzentrieren und die e-fuels für den Individualverkehr damit überflüssig machen. Aber da wird auf Druck wieder subventioniert werden und DE verliert immer mehr Boden bei der E Entwicklung.

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