Serbien gibt doch grünes Licht für Lithium-Projekt im Jadar-Tal
Die Lithium-Vorkommen im Jadar-Tal haben eine politische Vorgeschichte: Der Bergbaukonzern Rio Tinto wollte mit einer Milliarden-Investition ab 2026 unter anderem bis zu 58.000 Tonnen Lithiumcarbonat in Batteriequalität produzieren. Der Bau der riesigen Untertage-Mine in der ländlichen Region war von Anfang an auf großen Widerstand der lokalen Bevölkerung und von Umweltschützern gestoßen. Rio Tinto hatte zwar zahlreiche Maßnahmen angekündigt – etwa den Einsatz von elektrischen Muldenkippern, die Begrünung der Abraum-Halde und die Aufbereitung des Grubenwassers –, dennoch ebbten die Proteste nicht ab. In der Folge widerrief die Regierung den Raumordnungsplan für die Region und entzog dem Minen-Projekt quasi die Grundlage – auch mit Blick auf die damals anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Es gab auch Gerüchte, dass die verweigerte Einreise des serbischen Tennisspielers Novak Djoković nach Australien 2022 mangels Corona-Impfung eine Rolle gespielt haben könnte. Djoković steht dem serbischen Präsidenten nahe, Rio Tinto ist ein britisch-australischer Konzern.
Genau dieser Widerruf des Raumordnungsplan ist nun wieder ein Thema: Vor wenigen Tagen hatte das serbische Verfassungsgericht geurteilt, dass die Annullierung von 2022 unrechtmäßig war. Daraufhin hat die Regierung eine neue Verordnung erlassen, die den Lithium-Abbau eben wieder ermöglichen soll. Rio Tinto gilt – auch aufgrund der bereits getätigten Investitionen und erfolgter Immobilienkäufe – weiterhin als interessiert.
Wie genau die Umweltbedenken, die 2022 noch offiziell zu der Annullierung geführt haben, nun angegangen werden sollen, ist im Detail noch nicht bekannt. Es zeichnet sich allerdings ab, dass die Regierung in Belgrad inzwischen die wirtschaftlichen Perspektiven im Blick hat: Serbiens Ministerin für Bergbau und Energie, Dubravka Djedovic Handanovic, wird zitiert, dass diese Projekt „die Zukunft der wirtschaftlichen Integration Serbiens in Europa“ darstelle.
Tatsächlich wird das Lithium-Projekt die wirtschaftspolitische Zusammenarbeit verändern: Serbien hat am Freitag eine Absichtserklärung für ein Rohstoffabkommen mit der EU unterzeichnet. Im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ hatte Serbiens Präsident Aleksandar Vučić bestätigt, dass er einen Abschluss eines Deals über die serbischen Lithiumvorkommen beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Belgrad am Freitag erwarte. „Die Partnerschaft zielt darauf ab, die Entwicklung neuer lokaler Industrien und hochwertiger Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette von Elektrofahrzeugen zu unterstützen, wobei hohe Umwelt- und Sozialstandards eingehalten und die Belange der lokalen Gemeinschaften in voller Transparenz berücksichtigt werden“, teilt die EU nach Unterzeichnung des Memorandum of Understandings mit.
Vučić versprach in dem Interview, dass Serbien jährlich 58.000 Tonnen Lithium abbauen könne. Dies reiche in Summe für 1,1 Millionen Elektroautos. Diese 58.000 Tonnen hatte Rio Tinto bereits 2021 genannt.
„Wir verfügen über eine der weltweit größten Reserven an Lithium. Dieses Material ist wichtiger Bestandteil von Batterien, die für die Elektromobilität benötigt werden. Die EU braucht Lithium und wir wollen unsere Verbindung zur EU stärken“, so der serbische Präsident. Er stellte aber auch klar, dass er nicht nur Lithium verkaufen, sondern auch darüber hinaus von dem Bedarf profitieren will. „Wir wollen die Wertschöpfung – so weit wie es eben möglich ist – im eigenen Land behalten. Daher wollen wir die Produktion von Batterien in Serbien ansiedeln und nur einen Teil des Lithiums als Rohstoff verkaufen. Über diesen Weg wollen wir uns als Standort für die Autoproduktion stärker ins Spiel bringen“, sagte Vučić. „Ein Export von Fahrzeugen in den EU-Raum würde so ohne Zölle möglich, da mit den Batterien ein erheblicher Teil des Autos lokal gefertigt werden würde.“ Man habe „eine Reihe von Gesprächen geführt und dabei ein positives Feedback aus der europäischen Automobilindustrie erhalten“ – namentlich erwähnt Vučić Mercedes-Benz, Volkswagen und Stellantis, aber auch die koreanischen Botschafter, „der ein Interesse seines Landes an einer Fertigung in Serbien bekundet hatte“.
zdf.de, handelsblatt.com (Vučić), europa.eu
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