Was haben E-Auto-Fahrer vom bidirektionalen Laden?

Geld verdienen mit dem Elektroauto – geht das heute wirklich schon? Wie E-Auto-Nutzer mit bidirektionalem Laden einige hundert Euro im Jahr sparen können, berichten in dieser Podcast-Folge Xaver Pfab, der V2G-Pionier der BMW Group, und BiDi-Vordenker Marco Piffaretti aus der Schweiz.

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Eigenverbrauchserhöhung, Spitzenlastkappung und Intraday-Vermarktung: Bei jeder dieser Anwendungen haben Kunden schon heute die Möglichkeit, ihr Elektrofahrzeug per DC-Wallbox gewinnbringend bidirektional zu laden. Und da reden wir über einige hundert Euro im Jahr!

Wie groß die Potentiale sind, und wie steinig der Weg dorthin war, das besprechen wir in dieser Ausgabe von „eMobility Insights“ – dem Podcast von electrive. Es ist unsere zehnte Folge und die zweite unserer Sommer-Staffel rund um V2G. Präsentiert wird Ihnen diese von The Mobility House Energy – dem Experten an der Schnittstelle zwischen Mobilität und Energiewelt.

Und die beiden Herren, die Sie in dieser Folge hören, haben wir auf der Ladeinfrastruktur-Messe Power2Drive vor wenigen Wochen in München gesprochen. Dort war das BiDi-Laden eines der großen Innovationsthemen und somit waren auch viele Experten vor Ort. Zwei echte Pioniere haben wir vor unser Mikro geholt. Die Rede ist von Xaver Pfab, dem V2G-Pionier der BMW Group, der uns alles rund um das BDL-Projekt erzählt hat. Und den BiDi-Vordenker Marco Piffaretti hören Sie in der halben Podcast-Stunde auch. Er berichtet über die Feldversuche und Entwicklungen in der Schweiz!

Für BMW lag das Thema V2G schon früh auf der Hand: „Das Auto steht 23 Stunden eigentlich nur rum. Eine Stunde täglich wird im Mittel gefahren. Das eröffnet eigentlich sofort die Fantasie hin zum bidirektionalen Laden“, bereichtet Xaver Pfab von den frühen Überlegungen seines Teams. 2017 hat er dann grünes Licht bekommen für das Projekt „Bidirektionales Lademanagement“ (BDL). In der Folge wurden 70 baugleiche BMW i3 hergestellt, die bidirektional ladefähig waren. Diese wurden dann bei unterschiedlichen Kundengruppen vom Privatanwender und Pendler bis zur Flotte eingesetzt.

„Da waren zunächst einmal 20 private Haushalte, die wir mit diesen Fahrzeugen versehen haben. Die haben wir auch ganz bewusst unterschiedlich strukturiert. Also Haushalte mit und ohne Photovoltaikanlage, mit und ohne stationäre Speicher“, erinnert sich Pfab. Das Ergebnis: Der Berufspendler profitiert weniger von den positiven V2G-Effekten. Aber überall dort, wo das Auto die meiste Zeit am Tag zuhause steht – am besten noch verknüpft mit einer Solaranlage, können Einsparungen erzielt werden. Das Stichwort: Eigenverbrauchsoptimierung. „Hier sind Ersparnisse möglich von vielleicht ein bisschen über 100 Euro, aber auch bis hinauf zu 300 Euro, die der Kunde bei der Stromrechnung jährlich sparen kann.“

Deutlich attraktiver wurde es mit jenen BMW i3, die in Flotten eingesetzt wurden und mit ihren Batterien am Strommarkt Regeldienstleistungen erbracht haben. „Wir sehen da durchaus 600, 700 oder 800 Euro Euro an Erlösen pro Jahr.“ Das bisherige Problem: Der schöne Gewinn des bidirektionalen Ladens wird durch Steuern, Abgaben und Umlagen bisher aufgefressen. Hier muss gehandelt werden, rät auch Xaver Pfab: „Gesetze sind ja nicht gottgegeben, sondern menschengemacht – und können eben auch geändert werden.“

Ganz ähnliche Erfahrungen hat übrigens auch Marco Piffaretti in der Schweiz gemacht. Im Zentrum des Projekts „V2X Suisse“ standen 50 Honda e, die beim Carsharer Mobility eingesetzt und als virtuelles Kraftwerk vermarktet wurden. Das Fazit ist vielschichtig. Als Hauptresultat hält das Konsortium aber fest, dass die Technik funktioniert und wirtschaftlich betrieben werden könnte. Ja nach Kanton und Netzbetreiber fallen die möglichen finanziellen Vorteile aber sehr unterschiedlich aus. „Aber die Botschaft ist: Es funktioniert und zwar sehr zuverlässig“, sagt Marco Piffaretti. In manchen Ecken könne ein bidirektionales Ladesystem schon nach drei oder vier Jahren abgeschrieben sein, so der Experte. Für Firmen könne aber auch schon das Peak Shaving mittels Elektroautos der richtige Hebel sein, um sehr hohe Preise für Spitzenlasten zu vermeiden.

Hört man Xaver Pfab und Marco Piffaretti zu, erschließen sich die großen Potenziale aus den Feldversuchen in Deutschland und der Schweiz sofort. Allerdings ist jeder Anwendungsfall anders und individuell zu bewerten. Insofern ist die Botschaft: Geld sparen oder verdienen mit dem Elektroauto per V2G, das geht schon heute. Aber es müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen!

Die Historie der Elektromobilität bei BMW erwähnt Xaver Pfab übrigens auch. Und sie datiert auf Betrachtungen in den Jahren 2011 und 2012 zurück. Mit erstaunlichen Erkenntnissen: „Wir haben eigentlich alle Möglichkeiten der Energieträger von synthetischen Kraftstoffen, Biokraftstoffen, Wasserstoff und eben auch Strom miteinander verglichen und sind zum damaligen Zeitpunkt schon zu dem Ergebnis gekommen, mit Strom geht es eigentlich am besten, am wirtschaftlichsten und auch am nachhaltigsten!“ Wenn das die FDP hört…

15 Kommentare

zu „Was haben E-Auto-Fahrer vom bidirektionalen Laden?“
Friedel Schier
29.07.2024 um 09:17
Interessant, dass BMW schon vor so vielen Jahren bidirektional überlegte und forschte und bis heute noch kein massetaugliches bidi-Fahrzeug auf die Straße gebracht hat. Geld war wohl anderweitig einfacher zu verdienen.
Hubert Hennig
29.07.2024 um 13:37
Genau mein Thema, - ich möchte meine BMW I3 auch zum Bidi-Fahrzeug machen - es ist ja möglich... - wie kann ich das machen... - können sie mir Kontaktdaten dafür zukommen lassen...
Jörg
29.07.2024 um 13:59
Man muss den Nutzern ein entsprechendes Angebot machen, damit sich die Degradation ihrer bereitgestellten Batterie lohnt. Wenn man es mit Märchenpreise wie beim öffentlichen Laden versucht, werden die wenigsten Lust darauf haben....
E. Wolf
29.07.2024 um 18:16
Die Batterien werden eher über die Kalenderjahre sterben und nichts tun, als durch die genutzten Vollzyklen.Aber das mit den Preisen ist natürlich richtig. Jeder kann einmal selbst überlegen, was er verdienen würden möchte je kWh. Dann noch die eigenen Kosten berücksichtigen und was Dritte (zB der Aggregator) verdienen möchten.Und ganz wichtig, zu welchem Tarif - innerhalb welcher Zeit - sollte denn die Wiederaufladung wieder möglich sein.
Jörg
30.07.2024 um 13:15
Ich befürchte, die Fahrzeugbesitzer werden mit ein paar Cent abgespeist, während sich die Versorger am Strommarkt die Taschen vollmachen. Ich bin gespannt, ob sich dafür ein echter Markt etablieten wird oder ob man wieder vollkommen den "Anbietern" ausgeliefert sein wird.Dann stirbt meine Batterie lieber den Kalendertod (dauert eh ewig) als dass sich andere an meinem Auto eine goldene Nase verdienen....
E. Wolf
31.07.2024 um 09:29
... dann könnte V2H für Sie eine Lösung sein.
E. Wolf
30.07.2024 um 08:41
Was in der Schweiz geht, geht auch bei uns !V2H läuft "behind the meter", also im privaten Bereich, so wie jeder eHeimspeicher, ist auch in DE komplett zulässig - muste auch der VDE-FNN so konstatieren (Quelle: 2024-02 VDE FNN Bidirektionales Laden-download-data.pdf, Seite 13 oben) !Nur warum machtes keiner, will keiner lesen oder verstehen können. Warum warten wir auf Dritte, die es uns vor machen ?Es fehlen eAuto's und Wallboxen, das ließe sich ändern, wenn der Kunde diese fordert.V2H ist der booster für die Energie- und Verkehrswende.V2G, besser V2Market, mag kommen, aber "der Igel" V2H ist dann schon lange etabliert !!
E. Wolf
30.07.2024 um 08:59
Schön das auch noch Renault mit dem R5 angesprochen wurde, wenn auch die Schwierigkeiten nur sehr unscharf durchklangen.Renault will mit dem R5 das AC-Bidi-Laden in den Markt bringen. Nur dann muß halt der OnBoard-Charger in DE die VDE-AR 4105 erfüllen. Ganz schwierig, denn es wird ein Kaufteil eines Zulieferers sein. Die Zertifizierung kostet Geld und Zeit, das wiederum gerade bei Renault, als Systemlieferant !!Abschließend muß auch noch eine spezielle AC-Wallbox her und dann muß das Signal vom Energiezähler noch zum R5 kommen, denn es soll ja nur soviel entladen werden, wie benötigt wird.Hört sich komplex an - und ist es auch.Beim DC-BiDi-Laden bleibt dieser "Trödel" in der DC-Wallbox und das eAuto muß "nur" auf einen "Ping" reagieren und das DC-Schütz freigeben !!Okay, nicht ganz so trivial, aber um Größenordnungen einfacher - und der Autokonzern hat keine weiteren Kosten, sondern konzentriert sich auf seine Themen: Effizienz beim Eigenverbrauch !
Würsch Hansruedi
02.08.2024 um 15:36
Wie ist Bidi HochSkaliering in der EU möglich?Bidi Software EVs & mit teurer externer Bidi 11kW DC Wallbox ist nur für priviligierte Anwendungen geeiegnet, da nur der Endkunde die Skalierung bestimmt & die DC Wallbox erst bei hoher Skalierung günstig wird. Dazu ist warscheinlich dass die EU einen minimal unidirktionalen (3x6A 230V= 4140W) AC 3ph Onboard Lader vorschreibt. Endkunden die wissen, dass bei 100% Bidi mit AC Onboard Lader auf der gleichen Platform über Typ 2 keine Mehrkosten im EV entstehen & eine AC Bidi Typ 2 Wallbox bereits für ca 750 € angeboten wird, werden moch Geduld haben bis die ersten angekündigte Bidi AC Onboard Produkte Ende 2024 verfügbar sind. Dazu kann ein Bidi AC Typ 2 EV mit dem CCS auch höhere Leistungen zurückspeisen. Die technologischen Vorteile von AC Bidi Onboard für Experten habe ich hier nicht ausgeführt. Hallo Peter, Was würde zur Veröffentlichung meines Kommentars führen? Vermisse einen Hinweis zur Rückhaltung Kenne alle Akteure an diesem Beitrag persönlich. Wurde als 2. Beitrag 28. Juli 24, 11.02 zur Prüfung bestätigt Habe mich zu ICNC 24 angemeldet. Grüsse aus Zürich Insel Mainau Region Lg Hansruedi Würsch Botschafter V2X-AC Bidi Onboard über Typ 2 info@smart-bi-charge.ch
E. Wolf
05.08.2024 um 13:22
Zitat: "Die technologischen Vorteile von AC Bidi Onboard für Experten habe ich hier nicht ausgeführt."Da wäre ich aber gespannt, denn die wären aus meiner Sicht bestimmt nicht für PV-Dachbesitzer und eMobilisten von Interesse.Dieser Personenkreis benötigt auch nicht 11+ kW. Hier reichen 4,2 kW / 1 ph für Zuhause vollständig aus, da idR auch der Verbrauch im Haus deutlich darunter liegt.Die DC-Bidi- Wallbox wird auch nicht mehr als ein vergleichbarer PV-WR 10 kW kosten, eher weniger.Und der eMobilist wäre nicht vom Wohlwollen der eAuto-Hersteller abhängig.Und wenn Dritte Vorteile von AC-Bidi und V2G haben, sollten sie sich auch am Invest beteiligen, zB 50% der Batteriekosten übernehmen.
albert
02.08.2024 um 21:31
was hier nicht zur sprache kommt sind die 2 stelligen millionenbeträge an steuer/forschungsgeldern die BMW und EON, etc. einsacken und der steuerzahlerin ein nutzbares ergebnis schuldig bleiben. Am ende redet niemand mehr über bmw , wenn die neuen volkswagen per bahn aus china kommen. Und wie aktuell bei der BAYWA zahlen wir dann auch noch die insolvenz."dt. manager" ?!?mfg
Stefan
06.08.2024 um 02:40
Per Bahn aus China ging bis 2020 meist über Russland. Das wäre momentan schwierig. Alternativen führen über Kasachstan/Turkmenistan +kurze Fähre übers Kaspische Meer nach Aserbaidschan oder über Iran. Viel Geld wird für die E-Auto-Besitzer bei V2G nicht rauskommen. Aber hoffentlich trotzdem genug, damit eine gewisse Zahl mitmacht.
E. Wolf
06.08.2024 um 08:01
Zitat: „ Per Bahn aus China ging bis 2020 meist über Russland. Das wäre momentan schwierig.“Das ist für die DB und die bundesdeutsche Regierung überhaupt kein Problem ! Es läuft prächtig !!
erFahrer
06.08.2024 um 18:09
...kurz angerissen und dann doch nicht ausgeführt. Der PV-Wechselrichter IST das V2G Werkzeug (=verfügbar, bewährt und kostengünstig). So wie dieser heute schon einen DC-Eingang für den AKKU hat, kann er natürlich auch den Gleichstrom aus dem BEV "verarbeiten". Egal ob der AKKU nun 4 Räder hat oder nicht. Ein CCS-Stecker ist zügig angebracht und die Software ans BEV senden - "Jetzt laden, jetzt entladen, aktueller SOC" -, sollte einem Entwickler nicht zu schwer fallen. Damit kommen wir schnell von V2H zu V2G, denn der Weg für Heimspeicher (mit oder ohne 4 Räder) für Netzdienste ist lediglich politische Aufgabe, steht auf de Agenda und ein paar Sätze die dieses § Zeichen vorangestellt haben. Wenn D seinen internationalen Anschluss für industrielle Netze behalten möchte, muss die "Ampel" jetzt eine Anweisung an E.ON &Co. senden. Der BDEW, FNN wird sich zu fügen haben.
erFahrer
06.08.2024 um 18:54
...und Danke H. Schwierz, für das Veröffentlichen von diesem richtig guten Interview!

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