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Bild: Iveco
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P3 launcht neuen TCO-Rechner: Wo E-Lkw den Diesel schon heute abhängen

Die auf Elektromobilität spezialisierte Unternehmensberatung P3 hat einen Rechner für die TCO von elektrisch und konventionell angetriebenen Lkw erarbeitet und Ergebnisse für den deutschen Markt aufbereitet. Das Fazit: Bereits heute gibt es Anwendungsfälle, in denen E-Lkw finanziell vorne liegen.

P3s detaillierte Gegenüberstellung der Total Costs of Ownership (TCO) zwischen einem durchschnittlichen konventionellen und elektrischen Schwerlast-Lkw auf dem deutschen Markt zeigt – unter bestimmten Bedingungen – Kostenvorteile für elektrische Lkw. Im Regionalverkehr erreichen E-Lkw diesen finanziellen Vorsprung in Form von 5 Cent pro Kilometer gegenüber Diesel-Lkw binnen einer sechsjährigen Haltedauer. Dabei gehen die Analysten der Beratungsfirma von einer täglichen Streckenlänge von 200 bis 300 Kilometern, 60.000 Kilometern Jahresfahrleistung und 100-prozentiges Depotladen aus.

Für das Langstrecken-Szenario mit 350 bis 500 Kilometern täglicher Strecke, 100.000 Kilometern Jahresfahrleistung und 50:50 Depot- und Autobahnladen vergrößert sich der Kostenvorteil von E-Lkw gegenüber Diesel-Lkw auf elf Prozent, was 13 ct/km entspricht. Die Machbarkeit von Tagesstrecken von rund 500 Kilometern sei jedoch aufgrund des fehlenden öffentlichen Schnellladenetzes begrenzt und kann derzeit nur in einem Hub-to-Hub-Anwendungsfall realisiert werden, schränken die Studienmacher ein. Zu den weiteren limitierenden Faktoren kommen wir gleich.

Der Hauptgrund für die Überlegenheit von E-Lkw auf der Langstrecke ist laut P3 die höhere Laufleistung, wobei der Break-Even-Point (unter den zugrunde liegenden Prämissen) bereits bei 63.000 Kilometern pro Jahr erreicht wird. Im Regionalverkehr hat der E-Lkw ab 52.000 Kilometern Jahresfahrleistung die Nase vorne. „Die wichtigsten Kostenvorteile – niedrigere Energiekosten und geringere Mautgebühren – steigen mit der zurückgelegten Entfernung, so dass die Vorteile auf längeren Strecken noch größer sind“, heißt es in einem von P3 veröffentlichten Whitepaper. Darüber hinaus profitiere der E-Lkw von geringeren Service- und Reparaturkosten und CO2-Steuervergünstigungen. „Diese Kosteneinsparungen reichen aus, um die Hauptvorteile der Diesel-Lkw auszugleichen: niedrigere Anschaffungskosten für den Lkw und der Wegfall von Investitionen in die Ladeinfrastruktur des Depots.“ Je nachdem, wie sich die Batteriealterung in der Praxis darstellt, könne der Restwert von E-Lkw zudem höher ausfallen, was die TCO weiter verbessern würde. Freilich kann es aber auch andersherum laufen: dass der Restwert eher für Diesel-Lkw spricht. Verlässliche Aussagen hierzu werden erst in der Zukunft möglich.

Doch was sind nun die Prämissen, unter denen E-Lkw finanziell tatsächlich lukrativer sind als Diesel-Lkw? Zunächst sind strombetriebene Trucks bisher aus Sicht von P3 wie erwähnt nur für Strecken von bis zu 500 Kilometern am Tag geeignet. Daneben hängt der Grad der Vorteilhaftigkeit von E-Lkw von niedrigen Stromkosten und einer angemessenen Netzanbindung für die Ladeinfrastruktur ab. „Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden, könnten Diesel-Lkw aus Kostensicht die bessere Wahl bleiben“, teilen die Analysten mit, konstatieren aber auch, dass mit weiteren technologischen Fortschritten („steigende
Batteriekapazitäten, schnellere Ladegeschwindigkeiten und sinkende Fahrzeugkosten durch die Skalierung der Produktion“) die Wettbewerbsfähigkeit von E-Lkw in einem breiteren Spektrum von Anwendungen rasch zunehmen werde.

Der oben skizzierte Vergleich von Elektro- und Diesel-Lkw in Deutschland bezieht sich auf den Zeitraum 2025 bis 2030. Unter verschiedenen Marken unterscheidet P3 dabei unter Verweis auf die technische Ähnlichkeit der verfügbaren Modelle nicht, sondern berechnet je einen Durchschnitts-Lkw beider Antriebsarten. Die Analysten betonen aber, dass der Lkw-Markt durch den potenziellen Markteintritt des Tesla Semi aufgerüttelt werden könnte, den sie für einen aus dem bisherigen Angebot herausragenden E-Lkw halten: „Ein äußerst wettbewerbsfähiger Preis in Verbindung mit einer herausragenden technischen Leistung in Bezug auf Reichweite und Effizienz lassen ein hervorragendes TCO-Ergebnis von unter 1 EUR/km erwarten“, heißt es. Die Markteinführung für Deutschland ist allerdings noch nicht bestätigt. In Ländern wie Norwegen und den Niederlanden liegen aber bereits Aufträge vor.

Zu seiner Methodik gibt P3 den Lesern des Whitepapers noch allerhand Details an die Hand. Als Faktoren berücksichtigt das neu geschaffene Kalkulationstool u.a. den Kraftstoff-Verbrauch und die Kraftstoffkosten, die Leasing-Kosten, die Maut sowie die Kosten für Ladeinfrastruktur. Während das TCO-Tool von P3 selbst eine hohe Anpassungsfähigkeit an internationale Märkte bietet, konzentriert sich die oben ausgeführte Whitepaper-Analyse auf Deutschland. Dabei greift P3 auf offizielle Quellen (u.a. Veröffentlichungen von Lkw-Herstellern und unabhängigen Forschungseinrichtungen) zurück. Die Prognosen zu Energiepreis- und Kostenentwicklungen beruhen dagegen auf eigenen Annahmen der Beratungsfirma. Als wesentliche Annahme bei der TCO-Berechnung wählte P3 zudem Leasing als vorherrschende Beschaffungsform, wobei sich die höheren Anschaffungskosten für E-Lkw natürlich gegenüber Diesel-Lkw in einer höheren Leasingrate widerspiegeln.

Was noch? Die Kosten für einen etwaigen Batteriewechsel sind in der TCO-Berechnung nicht enthalten („Herstellergarantien von 6-8 Jahren rechtfertigen diesen Ausschluss“), als Kosten für die Ladeinfrastruktur wird die Installation von 200-kW-Stationen auf dem Betriebshof angenommen. Förderungen bleiben in der Rechnung außen vor. Den Anteil der Fahrleistung auf mautpflichtigen Straßen hat P3 mit 90 bzw. 80 Prozent bei Fern- bzw. Regionalverkehren als relativ hoch eingeschätzt („aufgrund der geografischen Nähe der meisten Logistikdepots zu Autobahnen und Hauptverkehrsachsen“). Außerdem konzentriert sich die Analyse im Whitepaper vor allem auf mittlere und große Unternehmen mit mehr als 50 Lkw in der Flotte.

Wer den TCO-Rechner auf seinen Use-Case anpasse will, kann im „Konfigurator“ zentrale Annahmen festlegen. Neben der Definition der Lkw-Haltedauer können Jahresfahrleistung und Ladeverhalten getrennt nach Depot und Öffentlichkeit festgelegt werden. Die Berücksichtigung von Zuschüssen und Fahrerkosten sowie die Anschaffungsart (Kauf/Leasing) können ebenfalls ausgewählt werden. Außerdem liegt eine Modell-Datenbank vor, die die Einspeisung konkreter Hersteller und Lkw-Modelle vom Light- bis zum Heavy-Duty-Segment erlaubt. Für die Berechnung werden anschließend automatisch fahrzeugspezifische Daten eingefügt (etwa Diesel-/Stromverbrauch, CO2-Emissionsklasse und Anschaffungskosten). Die Kosten für den Batteriewechsel können ebenfalls definiert werden, einschließlich der Gesamtlaufleistung, nach der ein Austausch erforderlich ist.

Weitere Anpassungsmöglichkeiten gibt es laut P3 bei Berechnungsfaktoren wie Inflation oder Zinssätzen fürs Leasing, Zweitwert der Batterie oder die Preisgestaltung für Diesel oder Strom. Damit lässt sich das Tool auch in anderen internationalen Kontexte anwenden.

Zum Abschluss der Analyse mit Deutschland-Fokus resümiert P3, dass die Umstellung auf Batterie-elektrische schwere Lkw in den nächsten Jahren angesichts der TCO immer mehr an Bedeutung gewinnen wird, auch wenn wir es aktuell noch mit niedrigen absoluten Zulassungszahlen zu tun haben. Diese Dynamik lässt sich den Studienmachern zufolge „auf die besonders hohe
Kostensensitivität des Lkw-Marktes zurückführen, wo die Betriebskosten eine zentrale Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen“. Die Marktdynamik, die stark von Kostenerwägungen geprägt ist, und der harte Wettbewerb
böten einen fruchtbaren Boden für bahnbrechende Innovationen, die sich schnell durchsetzen.

Je nach den Bedingungen auf dem Betriebshof der Betreiber gibt es P3 zufolge also bereits heute Anwendungsfälle, in denen E-Lkw ihren Diesel-Pendants finanziell überlegen sind. Viele Fuhrparkbesitzer zögerten jedoch noch aufgrund der erheblichen Vorab-Investitionen. „Um diese Barriere zu überwinden, ist ein Wechsel zu flexiblen Beschaffungsmodellen von entscheidender Bedeutung. Vor allem das Leasing hat an Popularität gewonnen und trägt dazu bei, die Marktakzeptanz zu beschleunigen“, so die Studienmacher. Alternativen wie Abonnement oder Pay-per-Use-Vereinbarungen könnten die Zugänglichkeit aus ihrer Sicht weiter verbessern.

p3-group.com

3 Kommentare

zu „P3 launcht neuen TCO-Rechner: Wo E-Lkw den Diesel schon heute abhängen“
Stefan F
01.08.2024 um 19:46
Wenn der Verbrauch in kW/ km angegeben wird, sind Zweifel berechtigt.( siehe Tabelle, Akkukapazität ebenfalls in kW.)Ich warte auf einen genormten LKW- Wechselakku. Bei den Leistungen und Energiemengen wäre das viel sinnvoller als beim PKW. Und der Wiederverkaufswert eines LKW wäre auch kalkulierbarer. Hersteller, setzt euch mal zusammen!
John
03.08.2024 um 10:49
Wechselakku für LKW? Wir sind doch nicht beim Conrad? Das ist schon bei den Flurförderfahzeugen ein Kostennachteil. Wer soll denn die zweite Batterie, die nur zum Laden rumsteht, bezahlen? Abgesehen davon wird so be Batterie sehr schwer sein. Klappe auf, alte raus, neue rein, so wie beim Akkuschrauber wird das nicht gehen.
goialx
02.08.2024 um 07:57
Welchen Vorteil hat der Wechselakku gegenüber der 45min Pflichtpause und gleichzeitigem 300~350kW CCS x 45min = 225~260 kWh nachladen? Sehe da nur gigantische Mehrkosten, gegenüber den "normalen" 300kW CCS Ladeplätzen die man nur so hinstellen müsste, dass man vernünftig mit Auflieger halten kann. LKWs haben gegenüber den Autos wenigstens den Ladeanschluss schon links standardisiert.Der Privatnutzer muss nach 5min tanken /laden/tauschen weitere 1000km am Stück fahren können ;) bei LKWs gibt es ja Lenkzeiten die eingehalten werden müssen..

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