BMW iX5 Hydrogen im Test: Er funktioniert – aber überzeugt er?
So einen Testwagen hat man nicht alle Tage vor der Türe. Eigentlich ist es ein weißer BMW X5, wie er – zugegeben häufiger in Grau, Silber oder Schwarz – tausendfach in Deutschland unterwegs ist. Einige blaue Akzente, typisch für die Elektro-Submarke BMW i, und vor allem die auffällige Folierung machen aber klar, dass es kein typischer X5 mit Sechszylinder-Diesel oder Plug-in-Hybrid ist.
Direkt vorweg: Hier soll es nicht um eine detaillierte Analyse gehen, wie nachhaltig welches Antriebskonzept über den Lebenszyklus ist und wie die „Whell-to-wheel“-Emissionen von Brennstoffzellenautos im Vergleich zu einem Batterie-elektrischen Fahrzeug ausfallen. Das würde das Format eines Fahrberichts sprengen. Daher steht hier die Fahrpraxis im Fokus: Wie kann man heute mit einem Brennstoffzellenauto in Deutschland mit der derzeitigen Infrastruktur reisen, was kostet es und wo liegen aus Kundensicht Stärken und Schwächen des Konzepts bzw. des iX5 Hydrogen im Speziellen? – ergänzt um ein persönliches Fazit nach über 800 Kilometern in dem Auto.
Der Aufbau des Fahrzeugs ist simpel: Unter der Fronthaube im „Motorraum“ sitzt der Brennstoffzellen-Stack, der auf Komponenten von Toyota setzt: Die Japaner liefern die Zellen zu, bei dem Stack und dem Gesamtsystem handelt es sich um eine Eigenentwicklung von BMW – die automatisierte Forschungsanlage zur Herstellung der Brennstoffzellen-Stacks wurde übrigens über eine weitere Förderung vom Bund unterstützt. Längs im Kardantunnel sitzt der größere der beiden Wasserstoff-Tanks, quer unter der Rückbank der kleinere Tank – zusammen fassen sie maximal sechs Kilogramm Wasserstoff. An der Hinterachse sitzt der Elektromotor, der die BMW-Technologie der „fünften Generation“ nutzt, also die fremderregten Synchronmaschinen, wie sie auch im iX, i4 oder i7 zum Einsatz kommen. Zwischen dem Elektromotor und dem Kofferraumboden ist die Batterie untergebracht, die als Leistungspuffer dient.
Wie fährt sich ein Fünf-Millionen-Euro-Prototyp?
Die Brennstoffzelle leistet 125 kW, was ausreicht, um den Energiebedarf bei konstanter Fahrt zu decken. Bei kurzzeitigen Leistungsspitzen wird noch Strom aus der Batterie dazugenommen – diese wird konstant und für den Fahrer unmerklich von der Brennstoffzelle nachgeladen. Beim Elektromotor hat sich BMW für 295 kW Leistung entschieden – schließlich soll sich der iX5 Hydrogen immer noch so dynamisch fahren, wie es die Kunden von einem BMW erwarten. Bei der Beschleunigung von unter sechs Sekunden auf 100 km/h kann er diesen Anspruch wohl noch erfüllen, bei 180 km/h Höchstgeschwindigkeit könnten eingefleischte BMW-Fans anderer Meinung sein.
Doch wie fährt er sich nun, der Fünf-Millionen-Euro-Prototyp? Um ehrlich zu sein, erstaunlich unaufgeregt und für die Bezeichnung „Prototyp“ schon sehr ausgereift. Auf die Bremse treten, den Startknopf drücken, Fahrstufe wie bei einer Automatik auswählen und los geht es. Leise und komfortabel, auf Wunsch auch kraftvoll mit umgerechnet 401 PS. Während man zum Beispiel beim Toyota Mirai der ersten Generation unter Volllast die Brennstoffzelle noch leise zischen hören konnte, ist es im BMW ähnlich ruhig wie in einem Batterie-Elektroauto. Die Weiterentwicklung der Technik ist zu spüren.
Dass BMW mit dem iX5 Hydrogen ein sauber entwickeltes und gut abgestimmtes Fahrzeug liefert, habe ich auch nie bezweifelt. Die Münchner kooperieren seit 2013 bei der Wasserstoff-Technik mit Toyota und hatten schon vor dem iX5 Hydrogen Brennstoffzellen-Prototypen auf Basis des 5er GT erprobt. Mit Wasserstoff, damals noch für Verbrennungsmotoren, hat BMW sogar noch mehr Erfahrung. Und dass die Entwickler elektrische Antriebe abstimmen können, haben die Batterie-elektrischen Serienmodelle längst bewiesen. Der iX5 Hydrogen funktioniert ausgesprochen gut. Nur an Details ist hier der Prototyp bemerkbar: In den Verbrauchsanzeigen auf den Displays wirkt die Darstellung „kgH2/100km“ ohne Leerzeichen etwas schräg, bei Verbrennern wird ja auch nicht Diesel oder Benzin dazugeschrieben. Und es kann, vor allem nach einem Warmstart oder einem Tankvorgang, zu Antriebs-Fehlermeldungen kommen – darauf hatte BMW aber im Vorfeld des Tests hingewiesen, dass diese ignoriert werden können.
Doch das für (potenzielle) Kunden entscheidende Feld ist die Infrastruktur – ähnlich wie in der Anfangszeit der Batterie-elektrischen Mobilität. Wo bekomme ich den Wasserstoff her? Wie sieht es auf der Langstrecke aus, wenn man den Aktionsradius rund um seine bekannte Tankstelle nahe der Heimat verlässt? Und wie steht es überhaupt um die Reichweite?
Deshalb haben wir uns mit dem iX5 Hydrogen auf den Weg gemacht, über 800 Kilometer Autobahn und Landstraßen. Beim Start in Düsseldorf lag der Füllstand laut Bordcomputer bei rund 80 Prozent, die angezeigte Reichweite lag bei 357 Kilometern – BMW hat sich für eine Verbrenner-artige Tankanzeige entschieden und nicht für eine Prozent-Anzeige wie sie bei Batterie-Elektroautos oft zu finden ist. Der erste, zugegeben konservativ geplante Tankstopp fand in Limburg an der Lahn statt. Die nächste Tankstelle in Wiesbaden hätte einen kleinen Umweg zu meiner geplanten Tour bedeutet – und wenn (aus welchen Gründen auch immer) der Tankvorgang dann nicht klappt, ist der Umweg bis nach Frankfurt noch größer. Klappt es hingegen in Limburg nicht, wäre Wiesbaden eben der Plan B – so die Überlegung. Ich wollte nicht gleich beim ersten Wasserstoff-Tankstopp seit einigen Jahren direkt ans Limit gehen. So wie auch die Batterie-Neulinge in der Regel nicht mit einer einstelligen Restreichweite zum ersten Mal an die Ladesäule fahren.
Beim Nachtanken in Limburg gab es keine größeren Hürden. Zwar ist die User Experience verbesserungswürdig (man muss erst an einem Terminal ganz rechts im Bild mit der H2-Mobility-Karte und einer PIN die Zahlung freigeben, dann ganz links den Tankstutzen mit dem Fahrzeug verbinden und dann am mittleren Terminal mit dem grünen Knopf den Tankvorgang starten), das Tanken an sich lief problemlos. Nach fünf Minuten und zehn Sekunden war der Tank wieder voll – zum Start waren es noch grob 35 Prozent. Zu den Kosten der Tankvorgänge kommen wir später in einer Gesamtabrechnung.
Es hat sich aber auch gezeigt: Der schnelle Fünf-Minuten-Tankvorgang war hier kein echter Vorteil. Denn währenddessen die Toilette zu besuchen oder einen Kaffee zu kaufen war zeitlich nicht möglich. Also wie beim Verbrenner: Erst tanken, dann umparken und (kurz) Pause machen. Die Dauer von der Autobahn-Abfahrt bis zur erneuten Auffahrt war ähnlich lang wie bei einem modernen Elektroauto. Natürlich war die Pause kürzer als bei einem älteren Elektroauto mit 30 oder 40 Minuten Ladezeit. Aber hier ist die Entwicklung heute deutlich weiter.
Zweiter Stopp wäre mit Batterie-Elektroauto nicht nötig
Mit vollem Tank und 429 Kilometern Reichweite in der Bordcomputer-Anzeige ging es auf die nächste Etappe. Und hier wurde es – wie bei Batterie-Elektroautos vor gefühlt acht Jahren – etwas tricky: Selbst wenn die Real-Reichweite etwas geringer ausfällt als vom Bordcomputer angegeben, hätten wir mit 429 Kilometern das Ziel erreicht, wenn auch mit recht leerem Tank. Nur ist in unmittelbarer Nähe des Ziels keine H2-Tankstelle verfügbar, also musste ein zweiter „Sicherheits“-Tankstopp auf der Hinfahrt eingeplant werden, um noch genügend Wasserstoff für die erste Etappe der Rückfahrt zu haben. Denn anders als das Batterie-Elektroauto kann der iX5 Hydrogen mit der Brennstoffzelle am Ziel nicht geladen werden, sei es per Steckdose oder Wallbox.
Beim iX5 Hydrogen ist dabei etwas manuelle Planung nötig, was aber vermutlich eher am Prototypen-Status liegt: Im Infotainment ist die H2-Mobility-App integriert, über die man Wasserstoff-Tankstellen finden und einige Informationen abrufen kann – inklusive der Adresse, die direkt als Ziel ins Navi übernommen werden kann. Allerdings sind die Tankstellen stumpf nach Entfernung zum aktuellen Standort gelistet. Man sollte also grob wissen, wo es Tankstellen entlang der eigenen Route gibt, denn die Liste ist mit allen möglichen Standorten in jeglicher Himmelsrichtung gefüllt. Für ein späteres Serienmodell, wie es BMW bis zum Ende des Jahrzehnts anpeilt, sollte aber eine integrierte Routenplanung analog zu der Software aus den Batterie-Elektroautos möglich sein.
Zurück zu unserer Fahrt: In diesem Fall war die H2-Tankstelle in Bad Rappenau ein sinnvoller Stopp, in unmittelbarer Autobahn-Nähe auf dem Gelände eines Autohofs. Bei einem ersten Routen-Check wenige Tage vor der Fahrt in der Smartphone-App von H2 Mobility gab es noch einen kleinen Schock: Dort waren drei aufeinanderfolgende Tankstellen entlang meiner Route (Wiesbaden, Bad Rappenau und Fellbach bei Stuttgart) wegen Wartungsarbeiten offline. Wenn man es positiv sehen will: Ich hatte für die Fahrt frisch gewartete Tankstellen, die recht sicher funktionieren. Wenn man es kritisch sehen will: Wäre ich ohne Plan aufgebrochen, hätten drei aufeinander folgende Tankstellen außer Betrieb den Super-GAU ergeben können. Soweit ist es aber nicht gekommen.
Nach nur 182 Kilometern war der Tank bei der Ankunft aber schon wieder gut geleert – zu Testzwecken ging es phasenweise etwas schneller als mit Richtgeschwindigkeit über die Autobahn, denn auch viele Diesel-X5 werden über 130 km/h auf freien Autobahnen gefahren. Dementsprechend zeigte der Bordcomputer nach dem Tankvorgang in Bad Rappenau auch nur 314 Kilometer mit dem jüngsten Durchschnittsverbrauch an. Übrigens: Bei diesem Tankvorgang habe ich im Vergleich zum Batterie-Elektroauto wirklich Zeit gespart – nachtanken und weiter, das hat inklusive etwas Wartezeit an der Ampel keine zehn Minuten gedauert. Man kann es aber auch anders sehen: Da ich ein Elektroauto am Ziel hätte laden können, wäre dieser Tank-/Ladestopp gar nicht nötig gewesen, denn ich hätte mit null Kilometern Restreichweite ankommen können. Also doch wieder zehn Minuten verloren.
Klar ist aber: Die restlichen 75 Kilometer bis zum Ziel waren mit dem vollen Tank kein Problem. Und am nächsten Tag hat die Tankfüllung aus Bad Rappenau wieder bis zur bekannten Station in Limburg gereicht – also in Summe 330 Kilometer. Dabei ging es, besonders auf den 255 Kilometern bis nach Limburg zurück, betont sparsam zu. Die Verbrauchsanzeige lag auf diesem Abschnitt bei 1,3 Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometer.
Um den Test abzuschließen, war noch ein letzter Tankvorgang in Ratingen kurz vor dem Ziel in Düsseldorf geplant. Während die Stationen in Limburg und Bad Rappenau als eigenständige Wasserstoff-Tankstellen ausgelegt sind, ist die Zapfsäule in Ratingen in eine bestehende Shell-Tankstelle integriert. Der Ablauf beim Freischalten ist hier etwas anders, es gibt auch eine mitlaufende Tankuhr mit einer klassischen Neun-Segment-Anzeige. Das Tanken selbst lief aber ähnlich problemlos. Und wir mussten bei keinem der Tankstopps warten oder hatten ein anderes Brennstoffzellenfahrzeug direkt vor uns – was eventuell eine kleine Wartezeit zur Folge gehabt hätte, bis die Tankstelle wieder genügend Wasserstoff nachkomprimiert hat.
Das Verbrauchs-Kapitel folgt gleich erst, so viel sei aber schon verraten: Nach der nur 157 Kilometer langen Etappe haben wir 3,01 Kilogramm Wasserstoff für 50,42 Euro nachgetankt. Hätten wir diese Strecke mit einem von der Größe her vergleichbaren Tesla Model X zurückgelegt, hätten die Kosten – kalkuliert mit dem Durchschnittsverbrauch laut spritmonitor.de von 26,8 kWh/100km – am Supercharger eher in der Größenordnung von 15 Euro gelegen als bei 50 Euro.
Bei Verbrauch und Reichweite konnten wir im Test eine große Bandbreite feststellen, wie sie je nach Geschwindigkeit zu erwarten ist. Bei entspannter Autobahn-Fahrweise mit Tempo 130 oder dem geltenden Tempolimit waren es zwischen 1,3 und 1,4 kg/100km. Im sparsamsten Fall stand nach einem Tankvorgang auf 100 Prozent eine Reichweite von 492 Kilometern in der Anzeige. Wenn man mit dem iX5 Hydrogen aber das Reisetempo erhöht und sich auf freien Autobahnen mit dem Tempo eines Diesel-X5 bewegt, gab der Bordcomputer nach dem Nachtanken nur 314 Kilometer Reichweite an. Der Verbrauch lag dann eher im Bereich 1,8 bis 1,9 Kilogramm – und mit maximal sechs Kilogramm im Tank sind 300 Kilometer dann eine realistische Reichweite. In der Praxis sogar etwas weniger, wenn man nicht mit komplett leerem Tank an die Zapfsäule rollen will.
Keine großen Reichweiten-Reserven
In unserem Testschnitt hat der Bordcomputer 1,4 Kilogramm Verbrauch über 855 Kilometer angezeigt – macht also rechnerische 429 Kilometer Reichweite für einen vollen Tank. Als Verbrauch ab Werk über immerhin 13.891 Kilometer gibt der BMW 1,6 Kilogramm an – womit die Reichweite auf 375 Kilometer sinkt. Um die 400 Kilometer im Schnitt, fast 500 bei sparsamer und eher 300 bei sportlicher Fahrweise – das sind Werte, die auch ein Batterie-elektrischer BMW iX xDrive50 schafft. Eine überlegene Reichweite von Brennstoffzellenautos konnten wir also nicht feststellen, tatsächlich liegt der iX5 Hydrogen hier auf einem vergleichbaren Niveau zur BEV-Konkurrenz. Das heißt aber auch: Große Reserven, etwa für einen energieintensiven Betrieb mit Anhänger, gibt es auch hier nicht. Bei dem Prototyp war eine Anhängelast ohnehin nicht eingetragen, das könnte sich bei einem Serienmodell aber ändern.
Wie oben beschrieben, wären wir mit einem iX xDrive50 auf unserer Teststrecke kaum langsamer gewesen, der Zeitvorteil des kürzeren Tankvorgangs fällt auf der Langstrecke nicht so sehr ins Gewicht. Mit einem iX wären wir aber – ähnlich wie mit dem Model X – bei den Energiekosten deutlich günstiger unterwegs gewesen, wie die Abrechnung zeigt.
Tankvorgang | Menge | Preis je kg | Kosten |
---|---|---|---|
Limburg I | 3,52 kg | 16,75 €/kg | 58,96 € |
Bad Rappenau | 4,06 kg | 17,75 €/kg | 72,07 € |
Limburg II | 4,56 kg | 16,75 €/kg | 76,38 € |
Ratingen | 3,01 kg | 16,75 €/kg | 50,42 € |
Für den ersten Tankvorgang in Limburg wurden 49,55 Euro für 3,52 kg fällig. In Bad Rappenau haben wir 4,06 kg für 72,07 Euro getankt, das war der einzige Tankvorgang für 17,75 Euro pro Kilogramm, an den anderen Stationen waren es 16,75 Euro. Auf dem Rückweg haben wir nochmals im Limburg getankt, dieses Mal 4,56 kg für 76,38 Euro. Und zum Schluss nochmals in Ratingen, hier waren es die oben erwähnten 3,01 Kilogramm für 50,42 Euro.
BMW iX xDrive50 wäre kaum langsamer, aber günstiger
Das macht in Summe 248,42 Euro Tankkosten. Die Umrechnung auf die von uns gefahrenen 855 Kilometer ist nicht möglich, weil das Fahrzeug zum Start der Strecke nicht auf 100 Prozent getankt war. Also ziehen wir den Durchschnittsverbrauch heran: Mit unserem Testverbrauch von 1,4 kg/100km wären es 23,45 Euro auf 100 Kilometer oder 200,50 Euro für 855 Kilometer. Mit dem Verbrauch ab Werk von 1,6 kg/100km sind es 26,80 Euro pro 100 Kilometer oder 229,14 Euro für unsere Teststrecke, wenn man jeweils Kosten von 16,75 Euro pro Kilo als Basis nimmt – das ist der häufigere Preis für Wasserstoff mit 700 bar.
Zum Vergleich: Bei spritmonitor.de wird der BMW iX im Schnitt mit 23,7 kWh/100km angegeben (bei höherem Tempo sind auch Verbräuche um die 30 kWh/100km möglich, keine Frage). Mit 24 kWh/100km fallen selbst mit dem Ad-hoc-Preis von Ionity nur 16,56 Euro auf 100 Kilometer an – oder 144,59 Euro für unsere Teststrecke. Mit dem „Ionity Passport Power“ wären es 9,36 Euro auf 100 Kilometer und 92,01 Euro Energiekosten – wobei in diesem Betrag bereits die 11,99 Euro Monatsgebühr enthalten sind. Ohne die Gebühr bekommt man für 80,02 Euro 4,78 Kilogramm Wasserstoff – was mit unserem Testverbrauch für 341 Kilometer reicht. Und nicht für 855 Kilometer.
Übrigens: Der vermeintliche Vorteil, dass Brennstoffzellenautos leichter seien als die schweren Batterie-Elektroautos, ergibt sich zumindest beim iX5 Hydrogen nicht. Im Fahrzeugschein sind 2.570 Kilogramm Leergewicht und 3.150 Kilogramm zulässiges Gesamtgewicht vermerkt. Welches Optimierungspotenzial es gibt, wenn man ein Fahrzeug von Anfang an konsequent als FCEV auslegen würde und nicht die ganzen Komponenten in einen Verbrenner einbaut, ist offen. Klar ist aber: Mit 2.585 Kilo Leergewicht und 3.145 Kilo zulässiger Gesamtmasse liegt ein iX xDrive50 bis auf wenige Kilos auf dem gleichen Niveau. Man könnte also wie auch bei der Praxis-Reichweite sagen: Was die Brennstoffzelle verspricht, kann die Batterie schon heute.
Fazit
Um die in der Überschrift gestellte Frage klar zu beantworten: Mich hat der iX5 Hydrogen nicht ausreichend überzeugt, um eine Zukunft für Wasserstoff-Pkw in Deutschland und Europa (und ehrlich gesagt auch im Rest der Welt) zu sehen. Es gibt auch Probleme im Fahrzeug, etwa bei dem benötigten Bauraum der vielen Komponenten – ein kleines und günstiges Brennstoffzellenauto, wie aktuell beim Batterie-Elektroauto gefordert – sehe ich mit der aktuellen und auch etwas weiterentwickelten Technologie nicht. Dort müssten enorme Effizienzsprünge her. Bis dahin bleiben Brennstoffzellenautos so groß und schwer wie der BMW. Die Technik benötigt einfach viel Platz. Es funktioniert, wirkt aber nicht Massen-tauglich. Und teuer ist es auch.
Es sind vor allem zwei Punkte, die mich am Ökosystem Wasserstoff im Pkw nicht überzeugen: die Tank-Technologie und die Infrastruktur. Es ist über die Grundgesetze der Physik klar, wie viel Kilogramm Wasserstoff bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck (in unserem Fall 700 bar) pro Kubikzentimeter gespeichert werden können. Im iX5 nehmen die beiden Drucktanks enorm viel Raum ein. Eine Weiterentwicklung der Tanks würde diese vielleicht etwas günstiger und leichter machen – an deren Größe gibt es aber bei 700 bar Druck nichts zu ändern. Wenn ich mehr Wasserstoff in einem Auto speichern will, um die Reichweite zu erhöhen, muss der Tank größer werden. Eine höhere Energiedichte ist etwa mit einem höheren Druck möglich, was aber zum einen die Tanks einem größeren Stress aussetzt und zum anderen eine komplett neue Infrastruktur nötig macht. Oder der Wechsel auf eine andere Art der Speicherung, etwa -253 Grad kalten Flüssig-Wasserstoff (sLH2), wie es Daimler Truck für seinen Brennstoffzellen-Lkw favorisiert. Aber auch das benötigt eine neue Infrastruktur und bringt – gerade im Privat-Pkw – weitere Herausforderungen mit sich.
Dazu kommt die Infrastruktur selbst. Die Wasserstoff-Tankstellen sind (auch verglichen mit einem HPC-Park samt Trafo) komplex, wartungsintensiv und teuer. BMW-Chef Oliver Zipse sprach Ende 2023 davon, dass die Brennstoffzellen-Technik „das fehlende Puzzle“ in Regionen sei, wo es keine ausreichende Ladeinfrastruktur für Elektroautos gebe. Und sein jüngster Besuch in China und Japan habe ihn in dieser Einschätzung „eher bestärkt“. Ich sehe auch die Herausforderung, die Autos, Lkw und Busse in den boomenden Mega-Cities einiger Entwicklungsländer mit schon heute überfordertem Stromnetz direkt zu elektrifizieren – oder die schlichtweg notwendigen Fahrzeuge in entlegenen Regionen Chinas oder zum Beispiel in Dörfern in den peruanischen Anden. Aber ob die aufwändige Brennstoffzellen- und Wasserstoff-Tankstellen-Technik in diesen Regionen die Lösung bringt, wenn selbst in Deutschland die Tankstellen teils mehrere Tage für Wartungsarbeiten offline sind, wage ich zu bezweifeln.
Klar ist auch: Beim Status Quo der Kosten sind die Fahrzeuge kaum marktfähig. Toyota hat im November 2023 quasi eingestanden, dass der Mirai wirtschaftlich alles andere als ein Erfolg war. Seit 2014 wurden weltweit nur 22.000 Fahrzeuge abgesetzt, was die Entwicklungskosten für zwei Generationen des Fahrzeugs wohl kaum gedeckt haben dürfte. Die aktuellen Wasserstoff-Preise in Deutschland – oder auch in Kalifornien, wo sie jüngst auf 30 Dollar je Kilogramm gestiegen sind – machen auch nicht gerade Werbung für Brennstoffzellenautos. Wie teuer und wie groß ein mögliches Serienfahrzeug von BMW mit Brennstoffzelle werden könnte, haben die Münchner auch noch nicht verraten.
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