EU-Strafzölle: China stößt Streitschlichtung bei der Welthandelsorganisation an

Chinas Regierung hat sich wegen der Strafzölle der Europäischen Union auf E-Autos an das Streitschlichtungsgremium der Welthandelsorganisation gewandt. Sie sieht ihre Nation zu Unrecht den im Juli in Kraft getretenen vorläufigen Strafzöllen der EU ausgesetzt.

Bild: MG Motor

Als Grund für diesen Schritt nennt das chinesische Handelsministerium den Schutz der Rechte und Interessen der heimischen E-Auto-Industrie. Die vorläufige Entscheidung der EU entbehre faktischer und rechtlicher Grundlage, wird ein Sprecher des Ministeriums in verschiedenen Nachrichtenagenturen zitiert. Laut chinesischen Staatsmedien soll das Ministerium auch erwägen, bei der Welthandelsorganisation (WTO) Klage gegen die EU zu erheben. Das wäre die nächste Eskalationsstufe.

Der Streitpunkt: Nach einer monatelangen Untersuchung hatte die EU Anfang Juli vorläufige Strafzölle auf E-Auto-Importe aus China eingeführt. Denn die Analyse ergab, dass chinesische Elektroauto-Hersteller dank hoher Förderungen seitens der Regierung in Peking unzulässige Wettbewerbsvorteile haben und ihre Elektroautos in Europa daher günstiger anbieten können als heimische Hersteller. Daher wurden die Sonderzölle auch nicht pauschal, sondern Hersteller-spezifisch nach den in der Untersuchung festgestellten Förderungen erhoben. Den höchsten Zollsatz verzeichnet SAIC mit 37,6 Prozent, bei Geely und BYD sind es 19,9 bzw. 17,4 Prozent. Diese Strafzölle addieren sich zu dem bereits zuvor bestehenden Satz von zehn Prozent, sodass sich ein Gesamtzoll von nun bis zu 48 Prozent ergibt.

Die USA gehen parallel noch weiter und erhöhen ihre Zölle auf E-Autos aus China von 25 auf 100 Prozent. Die Maßnahme sollte eigentlich ab dem 1. August greifen, verschiebt sich aktuell aber um mindestens zwei Wochen. Und: Kanada erwägt ähnliche Schritte, um „Handelsumlenkungen zu verhindern“ , die sich angesichts der bereits von den USA und der EU angekündigten bzw. eingeführten Sonderzölle ergeben könnten. Sprich: Die Regierung befürchtet, dass dann umso mehr E-Autos aus China in Kanada auf den Markt landen.

Nachdem China bereits mehrfach gewarnt hatte, sich für die Sonderzölle zu revanchieren, indem etwa Gegenzölle eingeführt werden, geht das Land nun bei der WTO offiziell gegen die EU-Sonderzölle vor. „Das Urteil verstößt in schwerwiegender Weise gegen die WTO-Regeln und untergräbt die globale Zusammenarbeit im Umgang mit dem Klimawandel“, so ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums in der Begründung. „Wir fordern die EU auf, ihr Fehlverhalten unverzüglich zu korrigieren und gemeinsam die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zwischen China und der EU sowie die Stabilität der EV-Lieferkette zu sichern.“

Die EU-Kommission ist unterdessen weiter zuversichtlich, dass ihre Untersuchung und Maßnahmen gegen staatliche Subventionen für chinesische Elektrofahrzeuge mit den Regeln der Welthandelsorganisation vereinbar sind. In einer ersten Reaktion auf den chinesischen Antrag auf WTO-Streitschlichtung äußerte die EU-Kommission, dass sie sorgfältig alle Einzelheiten des Antrags Pekings an die WTO prüfe und den chinesischen Behörden zu gegebener Zeit gemäß den WTO-Verfahren antworten werde. Ein Sprecher sagte aber auch: „Dieser Antrag auf WTO-Konsultationen hat keinen Einfluss auf den Zeitplan der Antisubventionsuntersuchung, die in der Zwischenzeit fortgesetzt wird“. Hintergrund ist, dass nach Abschluss der Analyse aus den vorläufigen dann reguläre Strafzölle werden sollen.

China hatte bei der Welthandelsorganisation bereits im März eine Beschwerde über die Subventionsregeln der USA für E-Autos im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) eingereicht. Diese seien „diskriminierend“ und hätten die globale Lieferkette für Elektrofahrzeuge „schwerwiegend verzerrt“, äußerte das Handelsministerium schon zu diesem Zeitpunkt.

Dabei ging es nicht um Zölle, sondern um die geänderten Voraussetzungen für die US-Förderung, die China-Stromer faktisch ausgrenzten. Im Fokus der Beschwerde aus Peking steht die sogenannte „FEOC“-Definition der US-Regelung, also einer „Foreign Entity of Concern“. Gemäß den Ende 2023 veröffentlichten Richtlinien gilt ein Unternehmen als FEOC, das „im Besitz einer Regierung einer betroffenen Nation ist, von ihr kontrolliert wird oder deren Gerichtsbarkeit oder Weisung unterliegt“. Die Staaten, um die es dabei geht, sind Russland, Nordkorea, der Iran und eben China.

Seit 2024 dürfen Elektroautos keine Batteriekomponenten mehr enthalten, die von einem FEOC zusammengebaut oder hergestellt wurden, wenn das Fahrzeug die volle US-Förderung erhalten soll. Ab 2025 folgt dann der nächste Schritt: Dann dürfen in den Batterien keine kritischen Mineralien mehr enthalten sein, die von einem FEOC abgebaut, verarbeitet oder recycelt wurden. Der Ausgang dieses Schlichtungsverfahrens ist noch offen.

Mit dem sogenannten Streitbeilegungsverfahren der WTO soll vor allem Sicherheit im internationalen Handel gewährleistet werden, da über diese Plattform zur Lösung von Handelsstreitigkeiten beigetragen wird. Ein solches Verfahren kann aber nur von WTO-Mitgliedsstaaten, nicht von Unternehmen eingeleitet werden. Das Ziel der Streitbeilegung ist die Konfliktlösung und nicht der Erlass eines bindenden Urteils.

reuters.com, bnnbloomberg.ca, reuters.com (EU-Kommission)

1 Kommentar

zu „EU-Strafzölle: China stößt Streitschlichtung bei der Welthandelsorganisation an“
Manfred Stummer
13.08.2024 um 07:48
"Das Urteil verstößt in schwerwiegender Weise gegen die WTO-Regeln und untergräbt die globale Zusammenarbeit im Umgang mit dem Klimawandel“.Genau darum geht es! Die politischen Querelen gegen das Verbrenner-Aus zeigen deutlich was in den Köpfen vorgeht. Jedenfalls keine Bemühungen zum Klimaschutz!

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