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Bild: Mercedes-Benz Trucks
HintergrundNutzfahrzeug

Große-Vehne: Wie ein Logistiker den Umstieg auf E-Lkw plant

Das Logistikunternehmen Große-Vehne betreibt in Europa rund 1.200 eigene Lastwagen. Gemeinsam mit Mercedes-Benz Trucks, von dem die Mehrheit der Fahrzeuge stammt, werden jetzt Projekte zur Elektrifizierung der Flotte geplant. Erste Strecken für Elektro-Lkw werden bereits etabliert, weitere konzipiert. Wie läuft so etwas ab?

Dass ein Logistiker früher oder später auch einen Elektro-Lkw in seiner Flotte haben wird, zeichnet sich zunehmend ab. Das Fahrzeug-Angebot wächst, die Auftraggeber sind zunehmend an CO2-neutraler Logistik interessiert und in einigen Gebieten könnte es sogar zur Vorgabe werden, dass nur mit lokal emissionsfreien Fahrzeugen in die Lieferzonen der Innenstädte eingefahren werden darf.

Klar ist auch: Eine Flotte von 1.200 Fahrzeugen wie bei Große-Vehne wird nicht von heute auf morgen komplett umgestellt, sondern schrittweise. Auf erste Erfahrungen mit einzelnen Fahrzeugen folgen größere Tests, im nächsten Schritt sollen einzelne Standorte komplett umgestellt werden und irgendwann ist die ganze Flotte womöglich rein elektrisch. Doch wie sieht der Weg dahin aus? Welche Anforderungen kommen auf einen Logistiker zu? Und was bedeutet es für das Management, wenn nicht nur zehn, sondern drei- oder vierstellige E-Lkw-Flotten im täglichen Betrieb sind?

Vor diesen Herausforderungen steht jetzt Große-Vehne beziehungsweise das europaweit tätige Unternehmensnetzwerk GV Trucknet. GV Trucknet beschäftigt in 14 Unternehmen an neun Standorten mehr als 2.700 Mitarbeitende, darunter über 100 Auszubildende. In der Flotte sind die erwähnten 1.200 Lkw, 90 Prozent davon sind von der Marke Mercedes-Benz. Für den Logistiker aus Kornwestheim nahe Stuttgart – der Hauptsitz liegt ironischerweise in der Rudolf-Diesel-Straße – lag es daher nahe, mit dem Hersteller zusammenzuarbeiten und dessen Beratungsangebote zu nutzen.

Lkw-Hersteller beraten Kunden zu eMobility-Fragen

„Als verantwortungsvoll handelnder Logistikdienstleister stellen wir uns aktiv der Antriebswende und sind bereit, unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“, sagt René Große-Vehne, Geschäftsführer GV Management. „Aus meiner Sicht ist es unerlässlich, mehrere alternative Technologien zu erproben – neben dem Batterie- beispielsweise auch den Wasserstoffantrieb. Bei der Elektromobilität liegt die Besonderheit darin, dass es nicht nur auf das richtige Fahrzeug ankommt, sondern auch auf die Ladeinfrastruktur sowie die Energiegewinnung und -speicherung.“

Der zuständige Ansprechpartner bei Mercedes-Benz Trucks ist Christoph Forcher, mit der Positionsbezeichnung eConsultant. Er berät Kunden des Herstellers bei Fragen rund um die Elektrifizierung der Lkw-Flotten – nicht nur mit dem Blick auf die Fahrzeuge, sondern auch deren Einsatz und den Lademöglichkeiten unterwegs und im Depot. Die Angebote rund um das Laden von Elektro-Lkw (von der Beratung über die Hardware bis zu digitalen Diensten) bietet Daimler Truck in Europa künftig auch unter der Marke TruckCharge gebündelt an – offiziell wird die Marke im Rahmen der IAA Transportation im September in Hannover an den Start gehen.

„Die Umstellung vor allem großer Flotten auf alternative Antriebe ist ein überaus komplexes Unterfangen“, sagt Forcher. „Es freut uns sehr, dass sich langjährige Mercedes-Benz Trucks-Kunden wie Große-Vehne interessiert und aufgeschlossen den neuen Technologien stellen. Unsere Aufgabe sehen wir darin, sie bei der Transformation von Anfang an zu begleiten, damit die sukzessive Umstellung auf Null-Emissions-Lkw eine Erfolgsgeschichte für sie wird.“ 

Die erste Strecke, die jetzt mit E-Lkw bedient wird, ist naheliegend: Zwei eActros 300 als Lowliner-Variante sollen künftig zwischen dem GV Trucknet-Standort Kornwestheim bei Stuttgart und den Mercedes-Benz-Werken Wörth und Gaggenau verkehren. Mercedes-Benz Trucks plant bis Ende 2026 ohnehin seinen gesamten Anlieferverkehr in das Werk Wörth zu elektrifizieren. Warum also nicht dort mit Kunde und Logistik-Partner Große-Vehne anfangen? „In einem nächsten Schritt ist geplant, das Vorgehen auch auf die weiteren deutschen Werke im Produktionsverbund von Mercedes-Benz Trucks, Kassel, Mannheim und Gaggenau, auszuweiten. Logistik-Partner wie GV Trucknet spielen dabei eine zentrale Rolle“, so Mercedes-Benz Trucks.

Zumal die Strecke ideal ist: Mit 100 Kilometer einfacher Entfernung schafft die Batterie-elektrische Sattelzugmaschine sogar in der 300er-Variante mit 220 Kilometern realer Reichweite einen Umlauf ohne Zwischenladen – alternativ stünde auch noch der eActros 400 mit vier statt drei Batteriepaketen zur Verfügung. Auf dem Hinweg befördern die Lkw Fahrzeugteile zur Produktionsversorgung, auf dem Rückweg transportieren sie leere Ladungsträger, sind also etwas leichter – weshalb die Reichweite kein Problem sein sollte. Am Depot des GV Trucknet-Standorts in Kornwestheim steht den Fahrern eine Ladesäule mit einer Leistung von 160 kW zur Verfügung. Und im Fall der Fälle betreibt Mercedes-Benz Trucks in Wörth einen ganzen Ladepark mit unterschiedlichen Ladesäulen. Übrigens: Hier kommt der Lowliner zum Einsatz, weil dieser auch sogenannte Megatrailer mit drei Metern Innenhöhe ziehen kann. Diese Auflieger sind in der Automotive-Logistik stark verbreitet.

Weitere eActros 300 setzt Große-Vehne ein, um Teile für die Mercedes-Benz Group AG zu transportieren – also den inzwischen von Daimler Truck unabhängigen Autobauer. Dabei werden im Rundlauf Motoren aus Stuttgart-Bad Canstatt ins Fahrzeugwerk Sindelfingen transportiert. Auf dieser Strecke legen die beiden Fahrzeuge jeweils 180 Kilometer am Tag zurück. Bis die geplante Ladeinfrastruktur steht, werden sie öffentlich auf einem Autohof geladen.

Der Anfang mit vier Fahrzeugen ist gemacht, Große-Vehne kann Erfahrungen mit dem Betrieb, Laden und Service von elektrischen Lkw sammeln. Welche Ladeleistung wird im Alltag tatsächlich benötigt? Was passiert, wenn ein Fahrzeug wegen eines Staus erst verspätet im Depot ankommt und die Ladezeit bis zur nächsten, geplanten Abfahrt nicht mehr ausreicht? Und wie entwickeln sich die Kosten?

Für die vier eActros 300 und die Ladeinfrastruktur konnte Große-Vehne noch einen staatlichen Zuschuss aus dem KsNI-Programm erhalten. Doch die Förderung ist bekanntlich eingestellt, zudem sind aktuell Null-Emissions-Lkw nur bis Ende 2025 von der CO2-Maut befreit – für Große-Vehne ein zu kurzer Zeitraum, um die hohen Investitionen zu schultern. Eine Alternative zur vom Bund geplanten CO2-Neutralität bis 2045 sieht der Logistiker nicht, wünscht sich aber für die Transport- und Logistikbranche etwas mehr Unterstützung auf dem Weg dorthin – etwa mit einem flächendeckenden Infrastrukturaufbau. „Wenn wir Elektro fordern, muss auch eine Infrastruktur aufgebaut werden, sonst wird es nicht funktionieren“, so René Große-Vehne.

Und die Tests sollen mit weiteren Fahrzeugen ausgebaut werden: Der Manager lässt trotz der Herausforderungen keine Zweifel daran, dass man „weitere E-Fahrzeuge in den Fuhrpark aufnehmen“ werde. Gerade rund um die Reichweite sei man „mit weiteren Kunden im Gespräch“, wie es in der Mitteilung heißt. „Wir haben ein sehr großes Interesse daran, die Elektro- und Wasserstoffmobilität sowie alternative Kraftstoffe einzusetzen und Erfahrung aufzubauen“, erläutert er. Entsprechend groß ist das Interesse auch am eActros 600 für schwere Aufgaben im Fernverkehr sowie am wasserstoffbetriebenen GenH2 Truck von Mercedes-Benz, der aktuell in die Kundenerprobung geht.

Zu guter Letzt wirbt der Manager bei der Antriebswende für Standards. „Wir brauchen Industriestandards, die gefordert und gefördert werden.“ Standards hätten sich bewährt – gerade in der Logistik, wie der Siegeszug des Containers oder der Palette zeigt.

daimlertruck.com

14 Kommentare

zu „Große-Vehne: Wie ein Logistiker den Umstieg auf E-Lkw plant“
Gunnar
15.08.2024 um 11:51
Vier! Ganze vier von 1200 Fahrzeugen. Klingt nicht sehr ambitioniert. In Ostfriesland gibt es die Spedition Nanno Janssen, Faktor 20 mal kleiner (120 Mitarbeiter anstatt 2700), aber anstatt nur 4 wurden ganze 27 E-LKWs angeschafft. Das ist eine Meldung wert, aber bitte nicht diese Kinkerlitzen, die Große Vehne macht.
Josef
15.08.2024 um 12:04
Warum meckern...auch Nanno Janssen hat irgendwann angefangen. Sollen sie es ganz bleiben lassen, weil es dir zu klein ist? Sicher nicht. Es gibt sicher noch sehr viele Speditionen mit Null eLKW...
Gregor
15.08.2024 um 12:00
#elektrotrucker bei Youtube noch mit hinzupacken :DJa da hast du recht. Das was Nanno Janssen macht ist wirklich als AMBITIONIERT zu benennen. Inkl. den Akkuspeichern welche sie zu ihren DC Ladern noch aufbauen. Ich finde es schön, das sehen zu können.
Gunnar
15.08.2024 um 12:22
Ich meckere primär darüber, dass darüber so stark berichtet wird und andere, die schon viel weiter sind, haben nicht diese öffentliche Bühne. Das finde ich schade und verzerrt das Bild etwas. Und sekundär meckere ich natürlich über Große Vehne, da deren Elektrifizierungsstrategie viel zu wenig ambitioniert ist. Natürlich sollen sie nicht aufhören, wie kommst du auf so eine Frage? Ganz im Gegenteil. Sie sollen deutlich mehr Fahrt auf nehmen und nicht nur 4, sondern gleich mal 40 E-LKWs anschaffen. Bei 1200 Fahrzeugen ist das doch immer noch ein Klacks.
KBDCALLS
15.08.2024 um 16:01
2700 macht ebend mehr her als 120. Und wo kommen wir da hin wenn man sich mal auf dem kurzen Dienstweg austauscht und einfach mal nachfragt, wie löufts bei dir . Muß alles aufwendig selbst evaluiert werden. Erinnert mich irgenwie an die Gebrüder Blattschuss, und die Kreuzberger Nächte . Erst fangen se janz langsam an , aber dann .... Und die angesprochene Firma die hat dann gleich mal ein paar 40 Tonner in Dienst gestellt.
Vater von W
15.08.2024 um 14:07
Wie heisst es so schön? „Das Kapital ist ein scheues Reh. " Und da nunmal der Steuerzahler nicht die Ladeinfrastruktur schon gestern gebaut hat, wird GV erstmal mit nur 4 eLKW (CO2-Bilanz?) an der Klimarettung teilnehmen. Kann ja wie die OberleitungsLkw enden.
Tobias
15.08.2024 um 17:00
Ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Gerade bei den eLKW's kann man richtig co2 sparen. Langsam gibt's die passenden Fahrzeuge, wenn die Politik die passenden Rahmenbedingungen (Maut Steuern etc.) schafft , dann werden sich die elektro LKWS ziemlich schnell durchsetzen. Die Spediteure kaufen die Fahrzeuge ohne Emotionen, wenn der elektronische Transport günstiger ist dann kommen die eLKWs auf den Hof.
Wolfgang Elberich
18.08.2024 um 15:27
Ich lach mich weg. Es wird nie, zu keiner Zeit eine co2 neutrale Mobilität geben. Wer das glaubt der ist von einer anderen Welt!!!
Wolfgang Hiller
16.08.2024 um 15:23
Schneller, und zwar sofort, kann CO2 nur mit Bio-LNG gespart werden. Und auch die Tankstellen sind schon reichlich vorhanden.
emobilist
15.08.2024 um 20:56
Dieser Beitrag liest sich wie von Mercedes Benz geschrieben. Zum Glück gibt es den #Elektrotrucker, der dank Nanno Jannssen verschiedene E-Trucks testen und beurteilen kann. 4 LKWs von 1.200 sind ne Lachnummer, aber wir leben in Deutschland, wo selbst >85 % aller PKW Neuwagen noch primär Verbrenner sind. Und die 4 werden dann nur auf Kurzstrecke eingesetzt :-)
Dixi K
16.08.2024 um 05:57
Und immer schön Technologieoffen bleiben. Alles mal durchprobieren, H2, BEV, E-Fuels, Fehenstaub Antrieb, vielleicht wird der Dampflok Antrieb ja auch noch verbessert. Man weiss ja nicht was dich durchsetzen wird am Ende. Ist wie im Casino, einfach Glückssache diese Alternativen Antriebe
Torsten B.
16.08.2024 um 23:48
Im Artikel wird gesagt, dass E-Lkw nur bis Ende 2025 von der Maut befreit sind. Das ist zwar richtig, aber auch ab 2026 ist der Mautvorteil für E-Lkw sehr groß. Der CO2-Aufschlag fällt weiterhin nicht an und vom Infrastruktur-Teil müssen nur 25% gezahlt werden. Damit können beispielsweise bei Lkw >18 t etwas 30 Cent pro km gegenüber dem Diesel -Lkw eingespart werden.
Elina
20.08.2024 um 11:51
Naja, vier LKWs sind immerhin ein Anfang, aber da muss man definitiv dranbleiben! Es ist gut, das Ganze schrittweise anzugehen, aber man sollte auch nicht zu vorsichtig sein. Schließlich gibt es viele Möglichkeiten, die Reichweite und Kapazitäten zu optimieren, zum Beispiel durch eine effizientere Beladung. In meinem Studium habe ich von einem Bachelorarbeit gehört, die in Zusammenarbeit mit einem Logistikunternehmen mithilfe von Achslastwaagen dieser Art: https://www.waagen-friederichs.de/achslastwaage-serie-luna.html die Ladung optimiert hat. Das Ergebnis war beeindruckend: Ein E-Lkw, der präzise beladen wurde, kam deutlich weiter ohne nachladen zu müssen als einer, der wie üblich beladen wurde. Es ist wichtig, innovativ zu denken. Ich hoffe, sie bleibt da am Ball!
Jochen Patzke
21.09.2024 um 11:25
Hört sich interessant an, hätten Sie weitere Infos dazu? Eventuell einen Link zur besagten Bachelor-Arbeit oder an welcher Hochschule es erstellt wurde?

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