Verbrenner-Anteile in China gehen stark zurück
Wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf eine Analyse der Zulassungszahlen des Automotive-Datenspezialisten Marklines berichtet, wurden 2020 noch 94 Prozent aller Neuwagen im wichtigsten Pkw-Markt der Welt mit konventionellen Kraftstoffen wie Benzin oder Diesel angetrieben. Im ersten Halbjahr 2024 waren es aber nur noch 59 Prozent. Im Juli wurden dann laut dem chinesischen Autoverband CPCA erstmals mehr New Energy Vehicles (BEV, PHEV und FCEV) ausgeliefert als reine Verbrenner. Ob sich das im weiteren Verlauf des zweiten Halbjahres so verfestigt, bleibt abzuwarten – der Trend seit 2020 ist jedoch eindeutig.
Alleine innerhalb des ersten Halbjahres 2024 werden die neuen Verhältnisse deutlich: Der Absatz von Verbrennern in China sei um zwölf Prozent oder 775.000 Einheiten „eingebrochen“, schreibt das „Handelsblatt“, während die BEV und PHEV um 38 Prozent oder 1,1 Millionen Fahrzeuge zugelegt haben. Brennstoffzellenautos spielen auch in China nur eine untergeordnete Rolle: Mit zuletzt 1.000 Einheiten im Juli sind die absoluten Zahlen zwar deutlich höher als etwa in Deutschland, der Marktanteil der FCEV bleibt aber sehr gering. Wenn in China von New Energy Vehicles die Rede ist, sind praktisch Batterie-Elektroautos und Plug-in-Hybride gemeint – auch wenn die Brennstoffzellenautos formal ebenso dazugehören.
Chinesische Hersteller dominieren den Markt
Dieser Markt-Trend, der seit 2020 den chinesischen Markt prägt, hat natürlich auch Folgen für die Hersteller. Denn wie wir regelmäßig in unseren Artikeln zu den monatlichen Zulassungszahlen berichten, liegen bei den New Energy Vehicles einheimische Hersteller wie BYD vorne – und nicht die westlichen Autobauer, die über Jahrzehnte mit ihren Verbrenner-Modellen in China gute Gewinne eingefahren haben. Die Chinesen haben ihren kumulierten Marktanteil von 33 Prozent im Jahr 2020 auf nun 52 Prozent gesteigert – und das eben überwiegend mit (teil-)elektrischen Autos. Die deutschen Autobauer haben hingegen in Summe fast sechs Prozent verloren, die japanischen Marken sogar neun Prozent, so das „Handelsblatt“.
Mit 20,7 Prozent Marktanteil ist Deutschland in China zwar nach wie vor die zweitgrößte Hersteller-Nation, der Abstand zu China mit 52 Prozent ist aber enorm gewachsen – 2020 lagen chinesische Hersteller bei 33 Prozent, die Deutschen bei 26,5 Prozent. Die Japaner kamen im ersten Halbjahr 2024 noch auf 15 Prozent Marktanteil, US-Hersteller auf 6,5 und koreanische auf 1,0 Prozent – der Absatz von Hyundai und Kia hat sich seit 2020 mehr als halbiert.
„Bislang galt der Mangel an konkurrenzfähigen Elektroautos als größtes Problem der deutschen Autoindustrie in China. Bilanziell ließ sich das in den vergangenen Jahren noch mit den hohen Verkaufszahlen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren überdecken“, heißt es in dem Artikel. „Mit dem nun kollabierenden Benzinergeschäft im Reich der Mitte wird die Lage jedoch besonders für Massenhersteller wie Volkswagen immer brenzliger.“ In Zahlen ausgedrückt: 2018 konnte VW noch einen Betriebsgewinn von über 4,6 Milliarden Euro aus seinen China-Joint-Ventures mit FAW und SAIC in der Bilanz verbuchen. Im ersten Halbjahr 2024 war es unter einer Milliarden Euro, nochmals knapp ein Drittel weniger als im gleichen Zeitraum 2023.
Aber auch bei anderen etablierten Volumen-Herstellern ist die Lage ähnlich: General Motors hatte 2018 noch knapp zwei Milliarden Euro an Gewinnen aus seinen China-Beteiligungen verbucht. Im ersten Halbjahr 2024 haben die Joint Ventures jedoch für einen Verlust von rund 200 Millionen Euro gesorgt. Und Stellantis hat die Jeep-Produktion in China 2022 eingestellt sowie Expansionspläne für Opel gestoppt. Das China-Geschäft weist Stellantis zwar nicht separat aus, die Region China, Indien, Pazifik war 2023 aber in den roten Zahlen.
„Wir sehen ganz klar eine Verdrängung des konventionellen Antriebs“, sagte Jan Burgard, Chef der Autoberatung Berylls by Alix Partners, gegenüber dem „Handelsblatt“. Neben dem stark steigenden Anteil chinesischer Elektroautos gibt es noch einen weiteren Trend: „Die Chinesen wollen von neuen Technologien fast überwältigt werden. Ein Auto muss für sie ein Smart Cockpit haben, in das sich das Smartphone und seine vielen Apps mühelos integrieren und spiegeln lassen. Sonst lässt es sich kaum noch verkaufen.“ Und auch die Fahrassistenzsysteme werden wichtiger. „Chinesen prahlen regelrecht mit der Anzahl der Lidar- und Radarsensoren auf ihren Autos sowie der Leistungsstärke der verbauten Prozessoren“, so Burgard. „Die Deutschen und europäischen Hersteller müssen diese technologische Lücke rasend schnell schließen.“
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