Audi beginnt finale Gespräche zu Werk Brüssel

Die VW-Tochter Audi hat in dieser Woche den gesetzlich vorgeschriebenen Konsultationsprozess mit den Arbeitnehmern gestartet, der in Belgien vor möglichen Massenentlassungen Pflicht ist. Noch werden verschiedene Optionen geprüft, die Gewerkschaft rechnet aber mit dem Schlimmsten.

Bild: Audi

Bereits im Februar 2024 hatte Audi bestätigt, dass die nächste Generation des Q8 e-tron in Mexiko gebaut werden soll. Da jener Q8 e-tron derzeit die Baureihe ist, die im Werk Brüssel gebaut wird, stand das Werk ohnehin vor einem Problem. Als Audi dann im Juli ankündigte, die Fertigung schon vorzeitig aus Belgien abziehen zu wollen, wurde die Lage noch komplexer. Denn bis dahin hatte das Audi-Management immer betont, an dem belgischen Standort festhalten und eine gemeinsame Zukunft finden zu wollen. Im Juli wurden hingegen „schon länger bestehende strukturelle Herausforderungen am Standort Brüssel“ betont – und eine Schließung des Werks nicht mehr ausgeschlossen.

Wenn es zur Schließung des Werks und folglich zu der Entlassung der Mitarbeitenden kommt, ist in Belgien ein spezieller Konsultationsprozess vorgeschrieben. Dieser läuft nun, doch direkt zu Beginn der Verhandlungen hat Audi den Druck weiter erhöht. „Die Nachfrage nach elektrischen Oberklassemodellen entwickelt sich schwächer als erwartet. Die Nachfrage nach der Modellfamilie Q8 e-tron liegt unter den Planungen“, soll Audi-Produktionsvorstand Gerd Walker laut einem „Handelsblatt“-Bericht gesagt haben. Die für 2024 und 2025 angenommenen Produktionszahlen seien noch niedriger als bislang erwartet – und bereits mit diesen Zahlen war das Werk alles andere als ausgelastet.

„Die Unternehmensleitung von Audi Brussels hat nun den in Belgien gesetzlich vorgeschriebenen Informations- und Konsultationsprozess mit den Arbeitnehmervertretern eingeleitet. Erst danach kann über Maßnahmen entschieden werden. Zahlen und Zeitpläne können wir nicht bestätigen“, so Walker weiter.

Dafür nennen die beiden großen Gewerkschaften Belgiens einen möglichen Zeitplan, sollte das Werk tatsächlich geschlossen werden. Sie gehen davon aus, dass schon im Oktober 1.500 der 2.900 Stellen im Werk abgebaut werden. Im Mai 2025 könnten dann weitere 1.100 Stellen gestrichen werden, womit nur noch 300 Menschen dort beschäftigt wären. Neben den Audi-Angestellten sollen zudem rund 1.000 Arbeitsplätze bei Zulieferern auf der Kippe stehen, die das Werk beliefern. Das würde in Summe 3.600 Arbeitsplätze bedeuten.

Eine der Optionen, die Audi wohl in Erwägung zieht, wäre eine Batteriefertigung in Brüssel für andere Werke des Konzerns. Das würde aber vermutlich nur einen kleinen Teil der Arbeitsplätze erhalten. Laut Walker zählt zu den „alternativen Szenarien“ auch die Übernahme durch Investoren, hier laufen offenbar erste Gespräche. Ein Investor habe offenbar Interesse an der Fabrik selbst und einem Teil des Personals angemeldet, nicht aber an der Autoproduktionslinie, schreibt das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Ronny Liedts von der belgischen Metall- und Textilarbeiter-Gewerkschaft ACV Metea.

Dass in Brüssel künftig weiter ganze Autos gebaut werden, scheint also zumindest derzeit unwahrscheinlich. Die Herausforderung ist – neben den hohen Lohnkosten –, dass das Werk aufgrund seiner Lage direkt an den Bahngleisen quasi nicht erweitert werden kann. Und da es in Brüssel kein Presswerk gibt, müssen große Karosserieteile aus anderen Werken angeliefert werden – was zusätzlich die Logistikkosten erhöht. Und ein möglicher Käufer würde einen zweiten Standort benötigen, um dort Karosserieteile herzustellen.

Das „Handelsblatt“ schreibt unter Berufung auf das Management in Brüssel, dass Audi in diesem Jahr nur noch mit 20.000 bis 25.000 Q8 e-tron plant, im ersten Halbjahr wurden 13.600 Einheiten gebaut. Für 2025 rechnet Audi sogar nur noch mit 6.000 Fahrzeugen. Kostendeckend wird das wohl kaum sein.

handelsblatt.com

3 Kommentare

zu „Audi beginnt finale Gespräche zu Werk Brüssel“
erFahrer
22.08.2024 um 07:59
Danke - AUDI-Vorstand versagt. - Wobei doch auch die Lohnfertigung für alle Hersteller aus CN nun ein Potential bei diesen Zöllen darstellt. Denn der fehlende AUDI-(VW) Kleinwagen kommt eh zu spät. Sicherlich gibt es genügend Bedarf an Produktionsstätten wie dieser die auch noch riesige PV-Anlagen auf den Dach hat. E-Flugtaxis, E-Boote, E-Nutzfahrzeuge, E-Speicher und MCS- Ladesäulen, oder auch Tunnelbohrmaschinen sowie Triebwerke für die Raumfahrt könnten dort wohl gefertigt werden bevor man überlegt dort belgische Schokoladen-Autos herzustellen. Wie auch immer, der (Wirtschafts-)Krieg für Öl hat einen neuen „Eliminierung“ zu feiern.
Andreas
22.08.2024 um 08:51
Schade für die Mitarbeiter, die mal wieder unter dem Missmanagement leiden müssen - die Politik und die, im Vergleich zum Verkaufspreis, mickrige Umweltprämie haben diesmal nichts damit zu tun. Aber schön, dass diese überflüssigen Schlachtschiffe sich nicht weiter verbreiten. Es ist nur zu befürchten, dass die Käufer, die die Fahrzeuggröße "benötigen", auf andere Marken ausweichen - der EV9 wurde hier schon einige mal gesichtet.
MWF
22.08.2024 um 18:27
100%

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