Auch Kanada führt Einfuhrzölle auf E-Autos aus China ein
Die kanadische Regierung vollzieht bei der Zollpolitik den Schulterschluss mit den USA und der EU, indem auch sie neue Zölle auf E-Autos aus China erheben wird. Im Gegensatz zu Nachbar USA und der Europäischen Union weitet Kanada den Wirkungsbereich seiner Sonderhölle aber auch auf bestimmte Vollhybride aus. Die EU zielt rein auf Batterie-elektrische Fahrzeuge, die USA ebenfalls – sowie auf Plug-in-Hybride. Kanadas Regelung geht durch die zusätzliche Integration von Vollhybriden – und explizit auch Brennstoffzellenfahrzeugen – also am weitesten. Als Begründung für die Schutzmaßnahme äußerte Regierungschef Justin Trudeau bei einer Kabinettsklausur, dass sich „Akteure wie China dazu entschieden haben, sich einen unfairen Vorteil auf dem globalen Markt zu verschaffen“.
Dass Kanada Sonderzölle prüft, ist seit Juni bekannt. Eine Sprecherin von Kanadas Finanzministerin Chrystia Freeland sagte seinerzeit öffentlich, das Land „erwäge aktiv die nächsten Schritte, um dem chinesischen Überangebot entgegenzuwirken“. Ohne an dieser Stelle konkreter zu werden. Einige Tage später kündigte die Regierung dann offiziell eine 30-tägige Konsultationsphase zu möglichen zusätzlichen Zöllen für aus China importierte E-Autos an. Immer wieder kam in Statements von kanadischen Politikern durch, dass sie „Handelsumlenkungen verhindern“ wollen, die sich angesichts der bereits von den USA und der EU angekündigten bzw. eingeführten Sonderzölle ergeben könnten. Sprich: Die Regierung befürchtet, dass dann umso mehr E-Autos aus China in Kanada auf den Markt landen.
In der EU gelten seit 4. Juli sogenannte vorläufige Sonderzölle. Sie werden nicht pauschal, sondern Hersteller-spezifisch nach den in einer vorherigen EU-Analyse festgestellten unlauteren Förderungen erhoben. Den höchsten Zollsatz verzeichnet SAIC mit 36,3 Prozent, bei Geely und BYD sind es 19,3 bzw. 17 Prozent. Diese Strafzölle addieren sich zu dem bereits zuvor bestehenden Satz von zehn Prozent, sodass sich ein Gesamtzoll von nun bis zu 46,3 Prozent ergibt.
Die USA gehen parallel noch weiter und erhöhen ihre Zölle auf E-Autos aus China von 25 auf 100 Prozent. Die Maßnahme sollte eigentlich ab dem 1. August greifen, verschiebt sich aktuell aber. Die Rede war Anfang August von mindestens zwei Wochen. Über diesen Zeithorizont sind wir inzwischen bereits hinaus. Einen neuen Stand gibt es nicht. Klar ist aber: Auch am Zollsatz für Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz in E-Fahrzeugen oder für einzelne Batteriekomponenten will die USA drehen. Neu eingeführt werden soll am 1. Januar 2026 zudem ein Zollsatz von 25 Prozent auf Naturgraphit, Permanentmagnete und bereits ab 2024 auf bestimmte andere kritische Materialien. Diese Bereiche touchieren allesamt den eMobility-Sektor. Daneben führen die USA noch eine Reihe weiterer Sonderzölle in Schlüsselbereichen ein.
Neben dem Aufschlag auf E-Autos folgt Kanada seinem Nachbarn auch bei neuen Sonderzöllen auf Stahl- und Aluminiumprodukte aus China. Wie die USA erhebt auch die Trudeau-Regierung in diesem Bereich bald einen 25-prozentigen Zusatzzoll.
Finanzministerin Freeland wird beim „Spiegel“ dahingehend zitiert, dass Kanada mit seinen Verbündeten in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zusammenarbeiten werde, da Nordamerika einen integrierten Automobilsektor habe. Und: Ihre Regierung werde dafür sorgen, dass Kanada nicht zu einem Abladeplatz für das chinesische Überangebot werde.
Der „Spiegel“ macht unterdessen an anderer Stelle darauf aufmerksam, dass die Zölle gegen E-Autos aus China erst einmal kaum Anwendung finden werden. Denn: Außer den Tesla-Stromern aus Shanghai werden Elektroautos chinesischer Marken in Kanada bis dato gar nicht verkauft.
Was die Strafzölle für E-Autos aus China bewirken werden, haben wir jüngst Peter Mock, Europa-Chef des ICCT, gefragt. „Verlieren werden vor allem die Kunden “, so seine Einschätzung. Mock schätzt im Interview mit electrive die Folgen ab – auch für die Industrie. So viel sei verraten: Gewinner gibt es nicht viele.
spiegel.de, reuters.com, canada.ca, canada.ca (Stahl- und Aluminiumprodukte)
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