The Mobility House forciert Neuausrichtung – und baut Stellen ab

The Mobility House strukturiert sich neu. Die Organisation der Münchner soll künftig auf vier spezialisierten Business Units fußen. Davon verspricht sich das Unternehmen ein besseres Reaktionsvermögen bei Marktveränderungen. Die Neuausrichtung ist aber auch mit Einschnitten verbunden.

the mobility house
Bild: The Mobility House

Bei Energie- und Ladespezialist The Mobility House ist aktuell viel Bewegung in der Organisation. Erst Mitte Juni übernahm Gründer Thomas Raffeiner wieder die CEO-Position von Robert Hienz , der das Unternehmen seinerseits in Richtung Solarpack Germany verließ. Parallel bündelten die Münchner bereits im Juni die Themen Energie und bidirektionales Laden unter einem neuen Geschäftsbereich namens The Mobility House Energy. Mit diesem Bereich ist auch die erste der nun vier Business Units benannt, unter denen The Mobility House ab sofort auftreten will. Die weiteren drei nennen sich The Mobility House Solutions, The Mobility House Charging sowie The Mobility House North America.

Die Neuausrichtung soll dafür sorgen, dass das Unternehmen „noch flexibler und zielgerichteter auf die dynamischen Marktanforderungen und Bedürfnisse der Partner und Kund:innen reagieren und so die führende Position in allen Bereichen ausbauen“ kann. Sie ist aber auch mit Einschnitten verbunden. Auf Anfrage von electrive teilt The Mobility House mit, dass das Management aufgrund des Wachstumsrückgangs in der Elektromobilität Stellen abbauen musste. „Diese Entscheidung fiel uns nicht leicht, und wir danken den Kolleg:innen ausdrücklich für ihren Einsatz und die Loyalität in den vergangenen Jahren“, so das Unternehmen, das nach eigenen Angaben großen Wert darauf gelegt hat, den Jobabbau so sozial verträglich wie möglich zu gestalten. Wie viele Stellen exakt betroffen sind, will The Mobility House erst zum Jahresende in einen eigenen Factsheet transparent machen.

Vorreiter in einem noch unterentwickelten Markt

Parallel sieht die vor 15 Jahren gegründete Firma eine wachsende Bedeutung von Energiemarkt- und Netzintegration und sich selbst als Spezialist auf diesem Gebiet vielversprechend positioniert. Beispiel bidirektionales Laden: Mit Renault will The Mobility House in Kürze die V2G-Funktion beim elektrischen Renault 5 erstmals in Serie bringen. Dazu tragen die Münchner in mehreren Ländern Stromverträge bei, die dazu dienen, die ins Netz eingespeiste Energie zu vermarkten. In Frankreich soll diese Angebot noch in diesem Jahr starten, in Deutschland etwas später. Auf diesen Moment hat man in München lange hingearbeitet.

Ohnehin: Die Qualitäten von The Mobility House im Vehicle-to-Grid-Bereich sind in der Branche bekannt. Das Unternehmen hat nicht nur gemeinsam mit Energieversorgern und Autobauern unzählige Pilotprojekte vom bidirektionalen Laden bis hin zu Second-Life-Batteriespeichern umgesetzt, sondern vermarktet bereits heute rund 100 MWh bzw. 4.500 stationäre 1st- und 2nd-Life Fahrzeugbatterien in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Diese Batterien werden auf Energie- und Leistungsmärkten sowie in verschiedenen Produkten eingesetzt. Gleichwohl hakt es in Deutschland bei V2G noch immer bei der Regulatorik. Der Durchbruch lässt noch auf sich warten.

CEO Raffeiner: „Wir zünden die nächste Stufe“

CEO Thomas Raffeiner verantwortet gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats, Dr. Herbert Diess, die nun publik gemachte Weiterentwicklung des Unternehmens. „Wir haben seit unserer Gründung eine global führende Stellung erreicht“, erklärt er. „Mit der Einführung der neuen Business Units zünden wir die nächste Stufe und richten uns klar an den Bedürfnissen unserer Kund:innen aus. So kommen wir unserem Ziel einer Welt mit zero Emissionen und zero Kosten noch schneller näher.“ Mit dem Slogan „zero Emissionen und zero Kosten“ unterstreicht die Firma die Ambition, künftig emissionsfreie Mobilität durch geschicktes Energiemanagement annähernd kostenlos zu machen.

Doch zurück in die Gegenwart: Die strikte Aufteilung in Geschäftsbereiche folgt bei The Mobility House auf eine große Angebotsbreite, die unter dem Dach der Münchner in den vergangenen Jahren organisch gewachsen war: Schlüsselfertige Ladelösungen, Wallbox-Onlineshop, gepoolte Fahrzeugbatterien als Kapazitätsreserve am Spotmarkt sowie Smart Charging per App oder THG-Quote – The Mobility House war und ist für all das und noch mehr Anlaufstelle. Die aktuelle Nachfragezurückhaltung bei E-Autos und dem Ladeinfrastruktur-Aufbau spürt das Unternehmen aber seit einiger Zeit: „Wir müssen unseren wachstumsorientierten Kurs an die aktuelle Marktrealität anpassen“, gibt die Firma auf Nachfrage zu. Und weiter: „Obwohl wir keine grundsätzliche Kehrtwende in der Elektromobilität erwarten, rechnen wir aufgrund der wirtschaftlichen Lage der privaten Haushalte mit einer temporären Verlangsamung des Marktwachstums bis Mitte/Ende nächsten Jahres.“ Im Flottenbereich geht The Mobility House immerhin davon aus, dass die strikten CO2-Zielvorgaben bereits Anfang/Mitte nächsten Jahres wieder für einen deutlichen Aufschwung sorgen werden. „Parallel dazu erleben wir in den europäischen Auslandsmärkten und den USA weiterhin ein robustes Wachstum.“

Deutschlands Innovationsvorsprung schrumpft

So oder so: Die Konsolidierung im Markt bezeichnen die Münchner als bedauerlich, „da sie die politisch ambitionierte Vision, Deutschland als Leitmarkt der Elektromobilität zu etablieren, gefährdet“. Dies bremse den hiesigen Innovationsvorsprung gegenüber anderen Ländern. Heruntergebrochen auf das eigene Unternehmen soll die Neuausrichtung in die erwähnten spezialisierten Units die benötigte Wendigkeit schaffen, um durch dieses Marktumfeld zu navigieren. Dazu nennt The Mobility House folgende Details:

In der bereits im Juni gegründeten Business Unit The Mobility House Energy bündelt das Unternehmen die Flexibilitätsvermarktung von Fahrzeug- und Stationärbatterien. Zum einen werden dezentrale Fahrzeugbatterien zusammengeführt, zum anderen identifizieren intelligente Algorithmen die optimale Handelsstrategie und ermöglichen Echtzeit-Handelsentscheidungen an diversen Energie- und Leistungsmärkten. Die Leitung dieser Unit übernimmt Dr. Raphael Hollinger.

Das Geschäft mit Ladelösungen für Unternehmens- und Logistikflotten, die Immobilienwirtschaft, den Autohandel und Betreiber von Ladestationen wird in der Business Unit The Mobility House Solutions unter der Leitung von Heiko Bayer fortgeführt. Dabei bildet das selbstentwickelte Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot den Grundbaustein. Die Münchner betonen, inzwischen auf die Erfahrung aus über 2.000 realisierten Projekten zurückgreifen zu können.

Das etablierte Geschäft mit Ladegeräten wird in der Business Unit The Mobility House Charging unter der Leitung von Daniel Heydenreich weitergeführt und fokussiert. Neben dem Onlineshop für Endkunden soll der Fokus hier auf der Erweiterung des gewerblichen B2B-Kundensegments liegen, das laut dem Unternehmen bereits über 2.500 Elektriker und Solateure sowie 150 Energieversorger umfasst.

Auch der für The Mobility House wichtige Wachstumsmarkt USA wird weiterhin von Gregor Hintler als eigenständige Business Unit geführt. In Übersee haben die Münchner nach aktuellem Stand mehr als 100 intelligent ladende Bus- und Flottendepots umgesetzt bzw. sind dabei, diese zu realisieren – einige davon auch mit bidirektionalem Laden. Dort kommen die Welten wieder zusammen.

mobilityhouse.com

1 Kommentar

zu „The Mobility House forciert Neuausrichtung – und baut Stellen ab“
E. Wolf
28.08.2024 um 18:01
Warum auch auf V2G herumreiten, wenn die Basis und die BiDi-Technik seitens der eAuto-Hersteller verweigert wird. Vermutlich in Übereinstimmung mit den Energiekonzernen und anderen. Wer möchte schon tausende eAuto's nutzen können müssen, wenn 10 GW Gaskraftwerke auf der Agenda stehen !!V2G ist ferne Zukunft, V2H könnte heute schon Realität sein, wenn, ja wenn man sich fokusiert.Beim möglichen V2G sind zu viele Akteure im Boot, die alle Geld verdienen möchten.V2H ist viel einfacher, ganz genau analog zum eHeimspeicher !Die DC-BiDi Technik muß seitens der eAuto- Hersteller endlich implementiert werden, entweder via die ISO15118 oder noch viel einfacher mittels "add services" in der DIN Spec !!!Das Mobility House hätte hier den richtigen Zugang - oder läßt man sie ebenfalls verhungern ??Sinn würde auch das machen, warum sollen sich EnBW, Aral, Shell etc. den Kuchen mit Externen teilen müssen ?

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