US-Forscher: Dauerhaft hohe Ladezustände schädigen LFP-Zellen
Die Studie wurde im Journal Of Electrochemical Society veröffentlicht. Darin treffen die Autoren nicht nur die Aussage, dass der Betrieb mit hohen Ladeständen auf Dauer schädlich für LFP-Zellen ist, sondern erläutern auch im Detail, wie der Kapazitätsverlust in der Zelle genau abläuft.
Wie auch in NMC-Zellen mit Nickel, Mangan und Kobalt in der Kathode steigt auch in LFP-Zellen mit einem höheren Ladestand die Spannung – jedoch mit einer anderen Verlaufskurve. Kommt zu der hohen Spannung noch eine erhöhte Temperatur hinzu (etwa beim Schnellladen mit hohem Ladestand) können sich durch Reaktionen in der Zelle, vor allem im Elektrolyt, schädliche Verbindungen entstehen. Diese lagern sich dann beim Ladevorgang an der Anode ab, wodurch Teile der Anoden-Oberfläche dann nicht mehr für die eigentlich in Akkus gewünschte, elektrochemische Reaktion zur Verfügung stehen. Sprich: Die nutzbare Kapazität der Zelle sinkt, weil die Lithium-Ionen nicht mehr an der mit den Ablagerung bedeckten Oberfläche „andocken“ können – sondern nur noch an den Stellen, die nicht von der Ablagerung betroffen sind.
„Bei höherem SoC, also höherer Spannung, werden die negativen Reaktionen im Elektrolyten beschleunigt und der Lithiumvorrat verbraucht“, heißt es in der Studie. „Zyklen in der Nähe des höchsten Ladezustandes (75-100% SoC) sind für LFP/Graphit-Zellen schädlich. Unsere Ergebnisse zeigen eine Korrelation zwischen der durchschnittlichen SoC des Batteriebetriebs und der Rate des Kapazitätsabfalls, was bedeutet, dass die Lebensdauer umso länger ist, je niedriger die durchschnittliche SoC ist […] Daher ist es wichtig, die Zeit, die bei hohen Ladezuständen verbracht wird, zu minimieren.“
Klar ist: Diese Forschung widerspricht der Empfehlung von Autoherstellern, LFP-Akkus regelmäßig zu 100 Prozent aufzuladen. Tesla empfiehlt im Handbuch der LFP-Versionen des Model 3 und Model Y, mindestens einmal pro Woche das Fahrzeug auf 100 Prozent zu laden. Bei Ford lautet die Empfehlung einmal pro Monat.
Dieser „Konflikt“ ist einfach erklärt: Für die Studie hat das Forscherteam nur die Lebensdauer bzw. den Kapazitäts-Erhalt innerhalb der LFP-Zelle untersucht, während die Fahrzeug-Hersteller das gesamte Auto und den Kundennutzen im Blick haben, in diesem Fall etwa das Batterie-Management-System (BMS). Hier kommt der erwähnte, andere Spannungsverlauf der LFP-Zellen zum Tragen: LFP-Batteriesysteme müssen aufgrund des flacheren Spannungsverlaufs regelmäßig kalibriert werden, damit das BMS einen Fixpunkt hat. Das ginge theoretisch auch im Leer-Zustand, also bei null Prozent SoC. Doch es ist den Kunden nur schwer vermittelbar, ihr E-Auto einmal pro Woche oder Monat komplett leer zu fahren – auf 100 Prozent zu laden ist da einfacher vermittelbar. Dann kennt das BMS den genauen Ladestand aller Zellen und kann in der Folge den Ladestand und die Restreichweite genauer angeben.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Schlussfolgerung der Studienautoren zu sehen. Denn zum einen besagen die Ergebnisse, dass der Betrieb bei Ladezuständen von null bis 25 Prozent die Lebensdauer der LFP-Batteriezelle verlängert. Andererseits schreiben sie: „Es ist nicht realistisch, zu empfehlen, LFP-Zellen nur zwischen 0 % und 25 Prozent SoC zu zyklisieren, denn das ist eine Verschwendung von Kapazität.“ Es gebe „eindeutig einen Kompromiss zwischen nutzbarer Kapazität und Kapazitätserhalt“ und sei nicht praktikabel, eine Batteriezelle nur im niedrigen SoC-Bereich zu laden.
Die Autoren empfehlen also, die Ladegewohnheiten nicht zu ändern. Womöglich tragen Erkenntnisse wie diese – schließlich ist auch der Tesla-Batterieforscher Jeff Dahn an der Studie beteiligt – dazu bei, dass die Autobauer ihre Lade-Empfehlung eines Tages anpassen.
iop.org (Studie als PDF), insideevs.de
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