Münchner Stadion teilt Strom mit Ladepark – an spielfreien Tagen
Wie beide Seiten mitteilen, sollen auf dem südlichen Busparkplatz der Allianz Arena in insgesamt drei Bauphasen 30 Ladepunkte für elektrische Busse und Lkw entstehen. Dabei setzen MAN und der Fußballclub auf einen nicht näher präzisierten Mix aus CCS- und MCS-Ladern. Einen Zeitplan für die einzelnen Bauphasen und die endgültige Fertigstellung nennt das Duo nicht, betont aber, dass künftig „an den spielfreien Tagen täglich bis zu 500 elektrische Busse und Lkw vor der Allianz Arena geladen werden können“.
Diese Woche erfolgte der offizielle Startschuss für das Projekt – unter anderem im Beisein von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der als Schirmherr des Vorhabens agiert. Die Partner sehen an der Arena ideale Voraussetzungen für die Errichtung eines Nutzfahrzeug-Ladeparks. Denn: „Große Fußballstadien wie die Allianz Arena verfügen aufgrund ihres hohen Strombedarfes für Flutlicht, den gastronomischen Betrieb und weitere Verbraucher über ein sehr leistungsstarkes Stromnetz, das nur an Spieltagen voll genutzt wird.“ Hinzukommt, dass die Allianz Arena unmittelbar am viel befahrenen Autobahnkreuz München Nord liegt und einen eigenen Autobahnanschluss hat. Laut MAN passieren diesen Knotenpunkt täglich bis zu 10.000 Lkw, was den Standort für einen Ladepark attraktiv macht.
Und auch der FC Bayern benötigt künftig Ladeinfrastruktur für den eigenen Fuhrpark: Denn den ersten rein elektrischen Reisebus wird MAN dem FC Bayern in der Saison 2025/26 als Mannschaftsbus zur Verfügung stellen. Hintergrund der engen Beziehung beider Seiten ist eine seit 2008 bestehende Sponsoring-Partnerschaft, die MAN nun weiter bis 2027 verlängert hat. Der Einsatz des Elektro-Reisebusses, dessen Marktstart der Münchner Hersteller für 2025 angekündigt hat, lässt aufhorchen. MAN spricht jedoch von einem Testbetrieb. Und wirklich auf die Fernstrecke geht es wahrscheinlich nicht: In seiner eigenen Mitteilung schreibt der Fußballclub, dass „die Profis des FC Bayern voraussichtlich von 2026 an in einem E-Mannschaftsbus mindestens zu den Heimspielen zur Allianz Arena fahren“. Das klingt eher nach Fahrten in und um München als nach Langstrecke.
Elektrische Überland- und Reisebusse sind generell noch selten. Denn speziell bei Fernbussen geht es im Gegensatz zu den inzwischen schon recht weitläufig elektrifizierten Stadtbussen nicht nur um die TCO, da sie nicht wie diese auf planbaren Routen unterwegs sind und nachts an der eigenen Ladestation im Depot ihren Strom für den nächsten Tag beziehen. Reisebusse müssen flexibler sein und benötigen an unterschiedlichsten Orten eine entsprechend schnelle Ladestation. Ihr Use Case ähnelt dem von elektrischen Fernstrecken-Lkw, die ja auch gerade erst dabei sind, Marktreife zu erlangen.
Doch zurück zu dem Ladepark: Auf welchen Hardware-Lieferanten MAN und der FCB bei der Ladeinfrastruktur setzen werden, präzisieren sie noch nicht. Auf einem von den Partnern mitgelieferten digital gestalteten Entwurf sind aber Schnelllade-Geräte von Hersteller ABB zu sehen. Konkret die Ladesäule Terra HP. Spruchreif ist, dass der deutsche Fußball-Rekordmeister seine Stadionfläche bereitstellen und dort an den Ladestationen künftig nur Ökostrom fließen wird.
Tief in das Projekt involviert war und ist MAN Transport Solutions, die auf eMobility-Lösungen für Kunden spezialisierte Beratungsabteilung des Bus- und Lkw-Herstellers. Seit 2018 beraten die Experten bereits bei Depot-Ladelösungen und Co. „Der Ladepark an der Allianz Arena wird ein Leuchtturm-Projekt“, ist Alexander Vlaskamp, Vorstandvorsitzender von MAN Truck & Bus, überzeugt. „Die Pariser Klimaziele werden wir nur mit der konsequenten Dekarbonisierung der Fahrzeugflotten erreichen. Bereits 2030 soll die Hälfte unserer jährlich produzierten Lkw elektrisch fahren. Die Ladeinfrastruktur ist dazu der Schlüssel. Deshalb sind wir für frische Ideen und gemeinsame Projekte wie das mit dem FC Bayern sehr dankbar.“
Jan-Christian Dreesen, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, betont: „Für uns bedeutet der öffentliche Ladepark für Nutzfahrzeuge die Fortsetzung unserer Nachhaltigkeitsanstrengungen, die Allianz Arena zunehmend Klima-schonender zu bewirtschaften. Bei diesem Projekt gewinnen alle: Der FC Bayern, MAN, die Gesellschaft und am wichtigsten, die Umwelt.“
Für MAN ist der Ladepark an der Allianz Arena ein Prestigeprojekt in der Heimat, das Engagement des Netzfahrzeug-Herstellers geht an sich aber viel weiter. In Kooperation mit E.On will MAN an 170 Standorten in Europa Schnelllader für Elektro-Lkw errichten. Der Fokus liegt dabei zwar auf Deutschland, aber nicht nur. Der erste Standort soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen, Ende 2025 sollen es bereits 80 sein.
Mit der Initiative nimmt der Rollout der Nutzfahrzeug-tauglichen Ladeinfrastruktur weiter Fahrt auf. Über das Joint Venture Milence ist MAN – in Form der Muttergesellschaft Traton – auch schon zusammen mit Daimler Truck und der Volvo Group im Bereich der Lkw-Schnelllader aktiv. 1.700 Ladepunkte sind hier das Ziel. Und auch die Bundesregierung hat inzwischen ein initiales E-Lkw-Ladenetz angeschoben: Die Aufträge für die ersten Netzanschlüsse sind vergeben, die Ausschreibung für Aufbau und Betrieb der eigentlichen Ladeinfrastruktur soll im Spätsommer starten.
Die politischen Ziele zur Dekarbonisierung des Verkehrs in Deutschland und Europa sind definiert: Die Bundesregierung will die Treibhausgasemissionen des schweren Straßengüterverkehrs in Deutschland bis 2030 um 55 Prozent senken und bereits 2045 klimaneutral sein. Die EU einigte sich zuletzt darauf, die CO2- Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge bis 2035 um 65 Prozent und bis 2040 um 90 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 zu senken.
Update 28.10.2024: Mit Liegestuhl am Lkw-Lader: Beide Partner haben in der Zwischenzeit einen Social-Media-Clip produziert, in dem die FCB-Spieler Joshua Kimmich, Manuel Neuer und Konrad Laimer das Projekt des Megawatt-Ladeparks an der Allianz Arena vorstellen. Film ab:
press.mantruckandbus.com, fcbayern.com, press.mantruckandbus.com (Update)
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