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Bild: Rockwell Automation
HintergrundBatterie

Deutschlands Batterieforscher fürchten gänzlichen Förderstopp

Als Anfang des Jahres etliche eMobility-Förderungen wankten und fielen, kämpften die Batterieforscher in Deutschland um ihren Topf – und retteten zumindest ein gekürztes Budget für 2024. Doch der neue Etatentwurf für 2025 alarmiert: Die Branche redet nun nicht mehr von Kürzung, sondern von Kappung.

Fangen wir von vorne an: Die Förderung der deutschen Batterieforschung unterliegt dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dieses Jahr musste die Branche mit einem reduzierten Budget von 155 Millionen Euro aus dem Bonner Ministerium klar kommen. Grund für den Rückwärtsgang war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von November 2023 zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) und die dadurch erforderliche Haushaltskonsolidierung. Der Großteil des 2024er Fördertopfs ging und geht für laufende Projekte drauf. Zum Beispiel für den Aufbau der Forschungsfertigung Batterien (FFB) in Münster, die als Teil des „Dachkonzepts Batterieforschung“ Priorität genießt. Neue Förderanträge sind dieses Jahr – wenn auch in geringerem Umfang als zuvor – aber noch möglich.

Doch genau damit dürfte laut dem Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (Klib) 2025 wohl Schluss sein. Der Verein argumentiert mit dem aktuellen Haushaltsentwurf für 2025 und weiteren Indizien, die allesamt darauf hindeuten, dass ab nächstem Jahr „nur noch die Ausfinanzierung laufender Vorhaben“ geplant ist. Damit kommt es laut O-Ton des Vereins zu einer „massiven Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Industrien“.

Das BMBF hat das Auslaufen der Batterieförderung bisher nicht kommuniziert. Auf eine Anfrage von electrive hat sich das Ministerium ebenfalls noch nicht geäußert. Wir reichen das Statement aber nach, sollte sich das Ministerium melden. Das Klib leitet seine Befürchtung vor allem aus den Haushaltsplänen des Bundes her. Dort sind für dieses Jahr 20 Millionen Euro für Neubewilligungen eingestellt und damit verbunden auch Folgebeträge für die nächsten Jahre, denn Forschungsprojekte erfolgen selten ein-, sondern in der Regel mehrjährig. Im Fachjargon nennen sich diese reservierten Summen in kommenden Haushalten Verpflichtungsermächtigungen. Im 2025er Etatentwurf sind zwar 118 Millionen Euro für die Batterieforschung eingestellt, aber keine Verpflichtungsermächtigungen mehr, die Neuprojekten eine Laufzeit zusichern könnten. Die Schlussfolgerung des Klib: Die 118 Millionen dienen der Ausfinanzierung, neue Projekte werden nicht mehr bewilligt.

Ergänzend setzt sich diese Schlussfolgerung noch aus vielen weiteren Puzzleteilen und -teilchen zusammen: Schon in einem ersten Hauruck-Ansatz wollte das BMBF das Budget Anfang des Jahres strenger zusammenkürzen und nur noch lächerlich geringe Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre realisieren, ehe die Branche sich wehrte. Und: Das Klib ist wie es sich für einen Branchenverein gehört gut vernetzt und vernimmt beispielsweise auch aus den länger angelegten Batterie-Kompetenzclustern Signale, dass der Geldhahn zugedreht werden könnte.

All das kondensiert nun in einer alarmierenden Mitteilung, die das Klib absetzt. „Das Bundesministerium für Bildung und Forschung streicht die öffentlich geförderte Batterieforschung in Deutschland. […] Nur der bereits beschlossene Aufbau der Forschungsfertigung Batterien (FFB) in Münster wird weiter vom BMBF gefördert. Dies ist umso unverständlicher da andere globale Wirtschaftsregionen Forschung und Entwicklung in dieser Zukunftstechnologie aktuell massiv verstärken“, schreibt der Verein. Die chinesische Regierung investiere umgerechnet 750 Millionen Euro in die Forschung und Entwicklung allein von Feststoffbatterien, Südkorea verstärke mit umgerechnet mehr als 6 Milliarden Euro ihre ohnehin schon starke Batterieindustrie. „Die aktuell geplante Streichung wird den Hightech-Standort Deutschland nachhaltig schädigen“, warnt der Verein.

Schon Anfang des Jahres hatte sich das Klib mit einem Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck, Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Finanzminister Christian Lindner gewandt. Damit flankierte der Verein den heftigen Protest von Forschern und Unternehmern gegeben die eMobility-Förderpolitik der Ampel-Regierung. Dass es diese gemeinsame Haltung innerhalb des Vereins gibt, ist durchaus bemerkenswert. Denn im Klib sind die unterschiedlichsten Fachrichtungen organisiert, nicht nur die Batteriebranche mit Automotive-Bezug, sondern auch der Maschinenbau- und Chemiesektor. Das gemeinsame Credo: Die Batterietechnologie ist in allen ihren Anwendungen der Schlüssel für weitere Innovationen und Wertschöpfungssteigerung.

Der Verein fürchtet, dass durch die Streichung der Forschungs- und Entwicklungspipeline die Quelle für Innovationen, die in industriellen Anwendungen mündet, versiegt. Da hilft aus seiner Sicht auch die Ausnahme für die FFB in Münster nicht. Denn: „Auch der FFB fehlt damit die für sie wichtige Vorlaufforschung.“ Neben dem Münsterer Dachprojekt bleibt bisher auch das Batterie-IPCEI (510 Millionen Euro) von der Sparpolitik unberührt.

Die bestätigte Kürzung und das mögliche Aus der Förderung trifft die Branche mitten in einem gewaltigen internationalen Entwicklungs-Wettbewerb. „Beispiele dafür sind Natrium-Ionen- und Lithium-Schwefelbatterien, All Solid State Batterien, die Weiterentwicklung von aktuellen Materialien, aber auch Systeme in einem frühen Stadium z.B. basierend auf Aluminium oder Magnesium. […]“, zählt das Klib auf. Auch die populärer werdende LFP-Chemie wäre ohne Forschung undenkbar: „Das bereits für die Applikation im Elektrofahrzeug totgeglaubte LFP erlebt eine Renaissance – aufgrund kontinuierlicher Weiterentwicklung und staatlicher Unterstützung in China. LFP eröffnet den Weg zu preiswerteren Elektrofahrzeugen und gelangt immer stärker in den Fokus der deutschen Automobilindustrie.“ Doch ohne Support der Regierung entwickelt sich die Industrie woanders: „Der vom BMBF nun geplante Ausstieg aus der Batterieforschung ist gleichbedeutend mit der Aufgabe der technologischen Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland in diesem jungen Industriesegment.“

Quelle: Infos per E-Mail

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