Geht deutschen Tankstellen der Wasserstoff aus?

Nicht nur die vielbeachteten Wasserstoff-Züge in Niedersachsen können aktuell keinen Wasserstoff mehr tanken - auch Fahrer von Wasserstoff-Pkw und -Lkw gucken an immer mehr Tankstellen in die Röhre. Hintergrund ist ein Unfall im Chemiepark Leuna. (Dieser Artikel wurde am 13.9. um ein Statement von H2 Mobility ergänzt)

h2 live uebersicht
Bild: Screenshot/h2.live

Zähneknirschend räumt der Betreiber von Wasserstoff-Tankstellen H2 Mobility auf seiner Website ein, dass es aktuell zu Lieferengpässen bei Wasserstoff kommt. Auf der Live-Karte auf der Website von H2 Mobility sind aktuell viele Tankstellen rot markiert – und es heißt zu den jeweiligen Standorten meist „leerer Wasserstofftank“.

Dazu kommt der Hinweis: „Auf Grund eines Unfalls an der Wasserstoffabfüllung in Leuna ist es uns derzeit nicht möglich Wasserstoff kontinuierlich und verlässlich an der Tankstelle bereit zu stellen. Ersatzlieferungen sind wegen der entstandenen Mengenverknappung im Markt und der großen Entfernungen zu anderen Quellen nur bedingt bis nicht möglich. Wir haben eine Force Majeure Situation. Wir bemühen uns nach Kräften um Lösungen an einzelnen Tankstellen. Wir bitten die Situation zu entschuldigen.“

Etwas ausführlicher heißt es dann noch an anderer Stelle auf der Website, dass „auch andere Lieferanten ihr Equipment zur Abfüllung und Belieferung von Wasserstoff weiteren Sicherheits-Checks unterziehen werden, was zu einer temporären Verknappung an Lieferfahrzeugen führen wird.“

Wir haben bei H2 Mobility nach mehr Details gefragt: „Den Tankstellen wird definitiv nicht der Wasserstoff ausgehen. Üblicherweise wird Wasserstoff mit sogenannten Trailern per Lkw an die Tankstellen geliefert. Ein solcher Trailer ist im Chemie-Park Leuna zu Schaden gekommen. Aus Sicherheitsgründen werden Trailer des gleichen Typs derzeit Sicherheitsprüfungen unterzogen. Dies führt beim Produkt hochreiner Wasserstoff und den dafür speziell notwendigen Trailern gerade immer noch zu einer reduzierten Füllraumkapazität. Wir bemühen uns seit dem Ereignis nach Kräften um alternative Liefermöglichkeiten und Priorisierungen. Mit Erfolg, denn einige Tankstellen werden mittlerweile wieder beliefert. Wir optimieren kontinuierlich unsere Ersatzbelieferungen sowie die zugrunde liegende Organisation und sind froh, dass nach einem derartigen Vorfall so zügig und entschlossen gehandelt wird, um die höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Leerstände lassen sich weiterhin leider nicht vollständig ausschließen, dies bedauern wir. Wir arbeiten laufend daran, den Normalzustand so schnell wie möglich wieder herzustellen. Leider ist derzeit noch nicht absehbar, wie lange die Situation andauern wird“, erläutert Frank Fronzke, Geschäftsführer und COO von H2 Mobility Deutschland.

Werfen wir einen Blick nach Leuna, um zu sehen, was dort genau passiert ist: Am 26. August kam es in dem Chemie-Park in Sachsen-Anhalt auf dem Gelände des Gase-Herstellers Linde zu einem folgenschweren Unfall. Auf dem Trailer-Parkplatz innerhalb des Linde-Geländes kam es bei einem Wasserstoff-Trailer vermutlich aufgrund einer Undichte zu einem Gasaustritt, wodurch eine Verpuffung entstand. Diese war in der näheren Umgebung deutlich als lauter Knall hörbar, dadurch wurden auch einige Fensterscheiben in der Nähe beschädigt. Aufgrund des darauf folgenden Brandes am Trailer bzw. dessen Reifen entstand eine große Rauchwolke. Das Feuer konnte zwar schnell gelöscht werden, der Wasserstoff-Tank auf dem Trailer brannte aber komplett aus.

Laut einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ habe es eine „Undichtheit“ an einem der Tanks gegeben. „Zum relevanten Zeitpunkt haben keine Arbeiten oder sonstige Aktivitäten an dem Trailer und in dessen Nähe stattgefunden“, heißt es dazu von Linde. „Der Wasserstoff-Trailer stand auf dem dafür vorgesehenem und genehmigten Stellplatz.“

Wie Linde ferner mitteilt, werde man weiter gemeinsam mit dem Hersteller des Trailers nach der genauen Ursache für die Undichtheit und die Verpuffung suchen. „Eine Fremdeinwirkung kann ausgeschlossen werden“, heißt es vom Unternehmen. Zur Unterstützung hat Linde auch Experten von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) sowie den TÜV Süd hinzugezogen, die das Ereignis genau analysieren sollen.

Als Sofortmaßnahme hat Linde die Wasserstoff-Trailer derselben Baureihe vorsichtshalber vorübergehend aus dem Verkehr gezogen. Erst wenn weitere verlässliche Informationen über die Schadensursache vorliegen, wolle man über ihren weiteren Einsatz entscheiden. Und das ist auch der Hauptgrund dafür, dass H2-Tankstellen von Linde aktuell nicht mit Wasserstoff beliefert werden können.

Gestern hatten wir bereits darüber berichtet, dass auf auf der Regionalbahn-Linie RB 33 in Niedersachen wegen des Wasserstoff-Engpasses aktuell wieder Diesel- statt Wasserstoff-Loks rollen.

h2.live, infraleuna.de (Unfall), lvz.de (Ermittlungsergebnisse)

14 Kommentare

zu „Geht deutschen Tankstellen der Wasserstoff aus?“
Gregor
12.09.2024 um 17:25
und so ganz nebenbei lädt mein EAuto ganz entspannt an jeder Schuko. Es ist schon toll so abhängig von einer fragilen Lieferkette zu sein. Und mit jedem höheren Anspruch an Sicherheit beim H2 Transport, steigt der Kilopreis. Da lacht doch jeder Mirai Lenker der jetzt sein Auto in der Garage lassen kann. :D
gerd
12.09.2024 um 17:48
das am meisten vorkommende Element ....
Stefan
12.09.2024 um 18:54
Am meisten kommt es in anderen Molekülen vor und nicht als H2 für den Wasserstofftank.
Birne
12.09.2024 um 19:07
Auf der h2 App ist schon länger zu sehen, wie ganze Bundesländer und Regionen keine funktionierende Wasserstofftankstelle mehr besitzen. Alle rot, die Verknappung ist da nur das i Tüpfelchen. Weckruf weg vom sinnlosen Wasserstoffantrieb im Auto/LKW/Bus/Van
Herbert Wertig
12.09.2024 um 21:30
Aber BMW will Wasserstoffimmobile in Serie bauen....Nun ja, mein BEV lädt vom Dach oder einer beliebigen Steckdose. Ob Schuko, Drehstrom oder Ladesäule.
Gregor
12.09.2024 um 22:27
zu sehen bei YouTube im Kanal Mirai Owner Club. Echt zum Lachen wie Toyota den armseligen Besitzern einen Abschleppdienst bietet, damit die leer zur Tanke geschleppt werden. Wäre ja zu doof nen Mirai an nem Schuko laden zu können :D
Robert
13.09.2024 um 07:03
na toll wie soll es dann erst mal werden wenn Millionen PKWs & Hunderttausende LKWs mit Wasserstoff betrieben werden soll? wenn es schon bei dieser geringen Menge die derzeit benötigt es schon zu Engpässen kommt?. Man sieht jedenfalls das Wasserstoff nicht die Lösung ist. Ich habe jedenfalls noch nicht von irgendwelchen Ladeparks für E-Autos gehört, das aufgrund von Strommangel nicht geladen werden konnte. Und es sollen ja schon rund 1,5 Millionen Stromer auf Deutschlands Straßen unterwegs sein
erFahrer
13.09.2024 um 08:46
Was für ein riesiges Glück, das es im Werksgelände passiert ist und nicht auf den Großteil der deutschen Deutschen Versorgung mit Diesel, Kerosin und Benzin übergegriffen hat. Das hätte fatale Folgen gehabt. Ebenso wie wenn es dem Trailer unterwegs in einem Tunnel oder einer Ortschaft passiert wäre. …das Ganze wie ein Warnschuss im wahrsten Sinne.
Christian Trutz
13.09.2024 um 09:09
Warum gibt es eigentlich keine öffentlichen H2-Tankstellen in der Umgebung von Leuna (A 38)? - Frage für einen Freund.BTW jeder EV-Fahrer so... haha, ich lade unabhängig an der Schuko und E-Autos brennen ja nicht öfter.
Jörg
13.09.2024 um 09:28
Das ist doch genau DER Treibstoff, den man im Verkehr mit sich führen möchte....
Richard
13.09.2024 um 11:30
Ach dann fahrt doch mit efuels:) Hauptsache Technologieoffen:)
Schaunwirmal
13.09.2024 um 15:51
Eigentlich ne gute Nachricht : es kam NICHT zu einer Explosion.... Die Kommentare erinnern mich an die Geschichten von damals als man glaubte dass das Automobil deswegen scheitern werde, weil es nicht soviele Chauffeure gibt Schauen wir mal... Wenn Millionen ihre E-Autos laden wollen, wies dann aussieht Wie der Mercedes NFZ Chef gesagt hat: es ist schwierig und teuer ein H2 Fzg zu betanken.es ist einfach einen Bev zu laden. Bei tausenden sieht es genau umgekehrt aus... Wir brauchen beides Sowie wir heute diesel und Benzin haben
Mark Müller
13.09.2024 um 22:07
Da haben mehrere Leute in sehr kurzes Gedächtnis. Reklamationen über nicht funktionierende Ladestationen und den daraus entstehenden Problemen waren in der Anfangsphase der Elektromobilität eher die Regel als die Ausnahme.
Axel
14.09.2024 um 08:47
Nur das dieses Problem heute quasi keins mehr ist und eher an der SW lag als an der Energieart. Der Stromanschluss war damals vermutlich immer iO. Wasserstoff hat ein Problem und das ist die Tatsache das es aufwändig durch die Gegend gefahren werden muss.

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