Geht deutschen Tankstellen der Wasserstoff aus?
Zähneknirschend räumt der Betreiber von Wasserstoff-Tankstellen H2 Mobility auf seiner Website ein, dass es aktuell zu Lieferengpässen bei Wasserstoff kommt. Auf der Live-Karte auf der Website von H2 Mobility sind aktuell viele Tankstellen rot markiert – und es heißt zu den jeweiligen Standorten meist „leerer Wasserstofftank“.
Dazu kommt der Hinweis: „Auf Grund eines Unfalls an der Wasserstoffabfüllung in Leuna ist es uns derzeit nicht möglich Wasserstoff kontinuierlich und verlässlich an der Tankstelle bereit zu stellen. Ersatzlieferungen sind wegen der entstandenen Mengenverknappung im Markt und der großen Entfernungen zu anderen Quellen nur bedingt bis nicht möglich. Wir haben eine Force Majeure Situation. Wir bemühen uns nach Kräften um Lösungen an einzelnen Tankstellen. Wir bitten die Situation zu entschuldigen.“
Etwas ausführlicher heißt es dann noch an anderer Stelle auf der Website, dass „auch andere Lieferanten ihr Equipment zur Abfüllung und Belieferung von Wasserstoff weiteren Sicherheits-Checks unterziehen werden, was zu einer temporären Verknappung an Lieferfahrzeugen führen wird.“
Wir haben bei H2 Mobility nach mehr Details gefragt: „Den Tankstellen wird definitiv nicht der Wasserstoff ausgehen. Üblicherweise wird Wasserstoff mit sogenannten Trailern per Lkw an die Tankstellen geliefert. Ein solcher Trailer ist im Chemie-Park Leuna zu Schaden gekommen. Aus Sicherheitsgründen werden Trailer des gleichen Typs derzeit Sicherheitsprüfungen unterzogen. Dies führt beim Produkt hochreiner Wasserstoff und den dafür speziell notwendigen Trailern gerade immer noch zu einer reduzierten Füllraumkapazität. Wir bemühen uns seit dem Ereignis nach Kräften um alternative Liefermöglichkeiten und Priorisierungen. Mit Erfolg, denn einige Tankstellen werden mittlerweile wieder beliefert. Wir optimieren kontinuierlich unsere Ersatzbelieferungen sowie die zugrunde liegende Organisation und sind froh, dass nach einem derartigen Vorfall so zügig und entschlossen gehandelt wird, um die höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Leerstände lassen sich weiterhin leider nicht vollständig ausschließen, dies bedauern wir. Wir arbeiten laufend daran, den Normalzustand so schnell wie möglich wieder herzustellen. Leider ist derzeit noch nicht absehbar, wie lange die Situation andauern wird“, erläutert Frank Fronzke, Geschäftsführer und COO von H2 Mobility Deutschland.
Werfen wir einen Blick nach Leuna, um zu sehen, was dort genau passiert ist: Am 26. August kam es in dem Chemie-Park in Sachsen-Anhalt auf dem Gelände des Gase-Herstellers Linde zu einem folgenschweren Unfall. Auf dem Trailer-Parkplatz innerhalb des Linde-Geländes kam es bei einem Wasserstoff-Trailer vermutlich aufgrund einer Undichte zu einem Gasaustritt, wodurch eine Verpuffung entstand. Diese war in der näheren Umgebung deutlich als lauter Knall hörbar, dadurch wurden auch einige Fensterscheiben in der Nähe beschädigt. Aufgrund des darauf folgenden Brandes am Trailer bzw. dessen Reifen entstand eine große Rauchwolke. Das Feuer konnte zwar schnell gelöscht werden, der Wasserstoff-Tank auf dem Trailer brannte aber komplett aus.
Laut einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ habe es eine „Undichtheit“ an einem der Tanks gegeben. „Zum relevanten Zeitpunkt haben keine Arbeiten oder sonstige Aktivitäten an dem Trailer und in dessen Nähe stattgefunden“, heißt es dazu von Linde. „Der Wasserstoff-Trailer stand auf dem dafür vorgesehenem und genehmigten Stellplatz.“
Wie Linde ferner mitteilt, werde man weiter gemeinsam mit dem Hersteller des Trailers nach der genauen Ursache für die Undichtheit und die Verpuffung suchen. „Eine Fremdeinwirkung kann ausgeschlossen werden“, heißt es vom Unternehmen. Zur Unterstützung hat Linde auch Experten von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) sowie den TÜV Süd hinzugezogen, die das Ereignis genau analysieren sollen.
Als Sofortmaßnahme hat Linde die Wasserstoff-Trailer derselben Baureihe vorsichtshalber vorübergehend aus dem Verkehr gezogen. Erst wenn weitere verlässliche Informationen über die Schadensursache vorliegen, wolle man über ihren weiteren Einsatz entscheiden. Und das ist auch der Hauptgrund dafür, dass H2-Tankstellen von Linde aktuell nicht mit Wasserstoff beliefert werden können.
Gestern hatten wir bereits darüber berichtet, dass auf auf der Regionalbahn-Linie RB 33 in Niedersachen wegen des Wasserstoff-Engpasses aktuell wieder Diesel- statt Wasserstoff-Loks rollen.
h2.live, infraleuna.de (Unfall), lvz.de (Ermittlungsergebnisse)
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