Was die angehende EU-Kommission für die Elektromobilität bedeutet

Ursula von der Leyen hat am Dienstag im EU-Parlament ihr neues Team für die EU-Kommission vorgestellt. Wir haben uns die Schlüsselposten genauer angeschaut: Insbesondere drei Personalien sprechen dafür, dass der Kurs pro Elektromobilität und Green Deal fortgesetzt wird – und der Verbrenner schlechte Karten hat.

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Bild: Screenshot/EU-Kommission

Die Lobby-Schlacht um die CO2-Flottengrenzwerte (und eine mögliche Abmilderung der drohenden Strafen für Hersteller) tobt – vor allem in Deutschland. Doch das Führungspersonal, das EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel dem Parlament vorgestellt hat, dürfte der Versuchung, vom beschlossenen Pfad abzuweichen, wohl widerstehen. Dafür sprechen einige ausgewählte Personalien, die wir Ihnen hier näher vorstellen:

Teresa Ribera soll Wettbewerbskommissarin werden

Da wäre zum Beispiel Teresa Ribera. Die Spanierin und Sozialistin soll nicht nur Wettbewerbskommissarin werden, sondern wurde von Ursula von der Leyen auch als Vizepräsidentin für eine saubere, gerechte und wettbewerbsfähige Energiewende nominiert. In Spanien wirkt Ribera seit 2018 als Ministerin für ökologischen Wandel und gilt als ehrgeizige Klimapolitikerin. Offenkundig soll sie für Ursula von der Leyen dafür sorgen, dass der Green Deal Wirklichkeit wirkt. Was die Personalie so spannend macht? Teresa Ribera hat zuletzt die Verschärfung der Emissionsgrenzwerte für Lastwagen und Busse ausgehandelt. Die Neuregelung sieht vor, dass alle neuen Stadtbusse ab 2035 und fast alle neuen Lkw ab 2040 emissionsfrei sein müssen. Kaum vorstellbar, dass Ribera zulässt, dass dieser Kompromiss bei Nutzfahrzeugen wieder einkassiert wird. Zudem hat sich Teresa Ribera gegen die Atomkraft positioniert und sich stattdessen auf EU-Ebene für den Ausbau der erneuerbarer Energien eingesetzt. Außerdem entsteht in Spanien gerade ein Produktionscluster für Elektromobilität – von der Batteriezelle bis zum Elektroauto. Das passt.

Stéphane Séjourné könnte Industriekommissar werden

Eine interessante Last-Minute-Personalie ist die von Stéphane Séjourné. Er ist erst seit Jahresanfang französischer Außenminister und wurde nach dem plötzlichen Rückzug von Thierry Breton aus der EU-Kommission von Präsident Emmanuel Macron als Kandidat für die EU-Kommission nominiert. Er soll nun zum Exekutiv-Vizepräsident für Wohlstand und Industriestrategie und Kommissar für Industrie, KMU und den Binnenmarkt ernannt werden. Das bringt viel Macht mit sich. Dass Séjourné diese für eine fossile Industrie und ein „weiter so“ beim Verbrennungsmotor einsetzt, ist unwahrscheinlich. Dafür spricht nicht nur sein junges Alter von 39 Jahren, sondern auch der Pro-Elektroauto-Kurs in Frankreich. Das Land steht für die Transformation, vollzieht in Paris eine sichtbare Verkehrswende. Und zuletzt hat sich auch PSA-Chef Carlos Tavares – der auch die französischen Marken Peugeot , Citroën und DS verantwortet – gegen eine Änderung bei den EU-Flottengrenzwerten für Pkw ausgesprochen. Unrealistisch, dass ein französicher Industriekommissar hier eine andere Position einnimmt.

Kommissar für nachhaltigen Verkehr aus Griechenland

Und dann wäre da noch Apostolos Tzitzikostas. Der Grieche gehört der Partei Nea Dimokratia an und ist seit 2014 Gouverneur der Region Zentralmakedonien und seit 2019 Vorsitzender des Verbands griechischer Regionen. Ursula von der Leyen will ihn zum Kommissar für nachhaltigen Verkehr und Tourismus machen. Tzitzikostas wäre damit verantwortlich für die Mobilität von Menschen und Gütern. Da er als Grieche aus einem Land ohne nennenswerte Autoindustrie kommt, dürfte er gegen automobile Lobby-Einflüsse weitgehend immun sein.

Ausblick

Ursula von der Leyen hat also auf den ersten Blick eine Kommission aufgestellt, die den Green Deal in der EU weiter vorantrieben soll. In einer Presseerklärung heißt es zu den Prioritäten ihrer zweiten Amtszeit: „Es geht um den Aufbau einer wettbewerbsfähigen, dekarbonisierten Kreislaufwirtschaft – und einem fairen Übergang für alle. Es geht um die Entwicklung einer mutigen Industriestrategie, bei der Innovation und Investitionen im Mittelpunkt stehen.“ Mit diesem Ansatz will Ursula von der Leyen eine Führungsrolle in der Welt einnehmen. Das klingt nach Zukunft, moderner Mobilität und eben nicht nach Verbrennungsmotoren.

Man darf gespannt sein, wie sich die Nationalstaaten angesichts dieses Personals auf die zweite Amtszeit von der Leyens einstellen. Für die Elektromobilität, so viel kann man festhalten, ist die neue EU-Kommission – sofern die genannten Personen vom Europäische Parlament bestätigt werden – wohl eine gute Wahl.

europa.eu

5 Kommentare

zu „Was die angehende EU-Kommission für die Elektromobilität bedeutet“
Quacksalber
18.09.2024 um 08:59
bleibt spannend! bin nicht gegen die E-Mobilität, muss sich aber vieles grundlegend ändern. hoffentlich schaffen wir den Wandel in Deutschland und ganz Europa.
Spock
19.09.2024 um 07:14
Dein Name ist Programm, was soll sich denn "grundlegend" ändern. Hört sich stark nach Stammtisch an. Also ich fahre seit 4 Jahren Europaweit ausschlißlich mit dem E-Auto und kann keine Negativen Veränderungen zu meinen vorherigen Verbrennerfahrten feststellen. Abgesehen davon, dass ich wesentlich entspannter Reise.
Wang Mingxing
19.09.2024 um 13:00
Kann mich nur anschließen. Alles eine Jammerei auf hohem Niveau. Erzählt das dann mal euren Nachfahren, die nach Grönland umziehen müssen.
Northbuddy
19.09.2024 um 08:21
Man muss sich schon ehrlich machen. Ich fahre auch seit über 6 Jahren rein elektrisch und bin auch sehr zufrieden damit. Es hat definitiv seine Vorteile, elektrisch zu fahren. Aber es ist zum Verbrenner schon eine Umstellung, zu der man schlicht bereit sein muss. Allem voran, wenn man *nicht* zuhause laden kann. Die Ladeinfrastruktur ist, insbesondere in Ballungsräumen, oder auf dem flachen Land nicht für z.B. viele Mieter ausgelegt. Und auch in der Fläche gibt es gehörige Lücken, die ein Um- bzw. Vorausplanen notwendig machen. Die Fahrzeuge selbst sind mittlerweile technisch dort angekommen, wo sie für die allermeisten hingehören. Aber WLTP im Bereich >=600km und 800V System haben längst noch nicht alle Anbieter/Fahrzeuge und vor allem gibt es das nicht zu einem Preis, den sich die allermeisten für einen Fahrzeugkauf (insbesondere beim Gebrauchtfahrzeug) erlauben können oder wollen. Warum wohl hat die deutsche Autoindustrie Angst vor den chinesischen Anbietern, die gerade auch im unteren Preissegment Fahrzeuge (durch staatliche Subventionen) anbieten (können).Also ja, die Elektromobilität funktioniert grundsätzlich. Aber es eben noch vieles (vor allem bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur (und auch dem dahinter liegenden Stromnetz)) zu erledigen, damit sie auch für jeden funktioniert.
erFahrer
19.09.2024 um 08:54
Hört sich äußerlich nach weißer Weste, oder Fell an. Wenn es dann un die entsprechenden Entscheidung geht, zeigt sich wer im Fell steckt. Bei den Leyen ist der Öl-Einfluss jenseits des Atlantiks sehr ausgeprägt—> Zölle auf CN-Fahrzeuge bedeutet auch dass BEV Preise in der EU zu langsam sinken. Diese Legislaturperiode ist jetzt die Chance Vertrauen zurück zu gewinnen um wieder Rückhalt bei den Bürgern zu erlangen.

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