Italien zieht Förderzusage für ACC-Zellenwerk in Termoli zurück

Italiens Regierung macht ihre Drohung wahr, EU-Fördergelder für die Fabrik des Batteriezellen-Joint-Venture Automotive Cells Company (ACC) von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies in Termoli umzuleiten. Sie hält sich aber eine Hintertür auf und schließt spätere „inländische Gelder“ nicht aus.

Bild: ACC

Konkret wird Italiens Regierung rund 200 Millionen Euro an EU-Geldern, die für die ACC-Fabrik vorgesehen waren, für andere Zwecke umverteilen. Das berichtet unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters. Industrieminister Adolfo Urso erklärte aber, dass separate inländische staatliche Gelder bereitgestellt werden könnten, sollte ACC zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Industrieplan für Termoli vorlegen können.

ACC ist das Batteriezellen-Joint-Venture von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies. Es pausiert aktuell die Bauarbeiten an zwei seiner drei geplanten Batteriezellenwerken. Getroffen hat es die Standorte in Kaiserslautern und im italienischen Termoli. Dort liegen die Arbeiten offiziell auf Eis, um noch in der frühen Bauphase von einer Nickel-basierten Zellchemie auf kostengünstigere Batterietechnologien umzusatteln.

Autobauer Stellantis ist der größte Anteilseigner an ACC und bekam bereits im August erheblichen Druck seitens der italienischen Regierung zu spüren. Urso drohte bereits zu diesem Zeitpunkt, dass die Regierung öffentliche Gelder für das Projekt anderweitig verwenden werde, sollte es nicht „innerhalb von Stunden“ eine Bekenntnis von Stellantis zu dem Standort geben. Laut Medien gab Stellantis seinerzeit eine umgehende Stellungnahme ab. Darin hieß es, dass ACC derzeit den Plan für die Fabriken in Italien und Deutschland verbessere, „um eine neue Technologie für die Produktion von Zellen und Modulen einzuführen, die mit der Entwicklung des Marktes Schritt hält“. Damit blieb Stellantis bei seiner Argumentationslinie: Schon bei Bekanntgabe des Einschnitts im Juni wurde als Grund die nachlassende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen genannt – und, dass man daher kostengünstigere Batterien erforschen und entwickeln wolle, um billigere Elektrofahrzeuge zu liefern.

Der ursprüngliche Plan von ACC sah vor, für das italienische Werk ein Stellantis-Motorenwerk in Termoli umzurüsten. Dafür wurde ein Investitionsvolumen von rund 2 Milliarden Euro genannt – einschließlich Millionenbeträgen an öffentlichen EU-Geldern aus dem Corona-Wiederaufbaufonds („Aufbau- und Resilienzfazilität“).Die Mittel sind allerdings bis Ende 2026 befristet. Diese Deadline macht die italienische Regierung nervös, die den Verfall der Summe befürchtet. Ursprünglich sollte die ACC-Gigafactory in Termoli 2026 in Betrieb genommen werden und in einer späteren Endausbaustufe jährlich bis zu 40 GWh Zellen liefern.

Wie es genau in Kaiserslautern und Termoli weitergeht, will ACC Ende 2024 oder Anfang 2025 präzisieren. Allerdings spricht die von der italienischen Regierung nun publik gemachte Umleitung der EU-Fördergelder nicht dafür, dass in Italien mit einem kurz- bis mittelfristigen Produktionsstart zu rechnen ist. Trotz der Hintertür, die sich Rom offenhält. Inwiefern die Reorientierungsphase bei ACC auch die dritte Fabrik in Frankreich betrifft, ist bisher unbekannt. Dort wird aktuell der erste Produktionsblock mit 13,4 GWh hochgefahren. Weitere zwei Blöcke sind bisher geplant gewesen, um auf 40 GWh zu kommen.

Zurzeit setzt das Joint Venture allein auf NMC-Batteriezellen (Nickel-Mangan-Cobalt). Auch Konkurrent Renault verfolgte bisher eine NMC-only-Strategie, öffnet sich inzwischen aber ebenfalls der günstigeren LFP-Technologie gegenüber. Stellantis gibt sich in dieser Phase der Neuorientierung aktuell Mühe, nicht den Eindruck von Tatenlosigkeit aufkommen zu lassen: Anfang Juli gab der Konzern bekannt, mit der staatlichen französischen Forschungseinrichtung CEA eine fünfjährige Zusammenarbeit zur Entwicklung von Batteriezellen der nächsten Generation vereinbart zu haben. Welche Zellchemie bei der Stellantis-CEA-Kooperation im Fokus steht, ist allerdings nicht bekannt. Die Rede ist nur von „disruptive Zellchemien“, was nicht unbedingt für die bereits recht geläufige LFP-Technologie sprechen dürfte.

reuters.com

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