Schweden: Northvolt streicht 1.600 Jobs und Ausbaupläne für Zellwerk
Der Sparzwang nimmt zu: Northvolt gab bereits vor zwei Wochen bekannt, sowohl Personal abbauen als auch Fabriken zur Herstellung von Kathodenmaterial in Schweden und zum Bau von Batteriespeichern in Polen depriorisieren zu wollen. Beides eher Nebengeschäfte. Das Kerngeschäft – also die Produktion von Batteriezellen – galt als von diesem Kurs zunächst unberührt. Doch nun zeigt sich: Die „harten Entscheidungen“ des Northvolt-Managements – so der O-Ton vor zwei Wochen – touchieren auch diesen Bereich.
Laut einer neuen Unternehmensmitteilung werden insgesamt rund 1.600 Stellen in Schweden abgebaut – 1.000 in Skellefteå, 400 in Västerås und 200 Jobs in Stockholm. In ersterer Kommune sitzt Northvolts angehende Großserienproduktion und eine gerade pausierende Kathodenmaterial-Fabrik. In Västerås bündelt das Unternehmen seine Forschung und Entwicklung. In Stockholm ist u.a. die Verwaltung ansässig. Um aus der aktuellen Krise zu kommen, müssten in Schweden 25 Prozent und global 20 Prozent des Personals abgebaut werden, teilt Northvolt mit. Alle Entlassungen unterliegen dabei laufenden Gewerkschaftsverhandlungen. Aktuell kommt Northvolt auf rund 7.000 Angestellte.
Auch die Ambitionen des Unternehmens werden in diesem Zuge geschrumpft. War bisher die Rede davon, in der Zellenfabrik Northvolt Ett in Skellefteå schnell zu skalieren, will sich Northvolt nun darauf beschränken, die anfänglichen 16 GWh zu realisieren, um „seinen Verpflichtungen gegenüber den derzeitigen Automobilkunden Priorität einzuräumen“. Die spätere Erweiterung um 30 GWh legt das Unternehmen auf Eis. Der Ausbau und die Programme des F&E-Zentrums namens Northvolt Labs in Västerås werden parallel „verlangsamt“, wie es heißt. Begleitend wird auch die Verwaltung in Stockholm verkleinert.
Northvolt konnte Produktion bereits steigern
Peter Carlsson, CEO und Mitbegründer von Northvolt, kommentiert: „Wir müssen sicherstellen, dass wir die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit ergreifen, um auf den Gegenwind auf dem Automobilmarkt und das allgemeine industrielle Klima zu reagieren. Wir müssen jetzt alle Energie und Investitionen auf unser Kerngeschäft konzentrieren.“
Den erfolgreichen Hochlauf der Produktion bei Northvolt Ett bezeichnet Carlsson als entscheidend. Durch den seit einigen Monaten anhaltenden Fokus auf diese Kernaktivität soll es bereits gelungen sein, die Zellproduktion vor Ort seit Anfang des Jahres zu verdreifachen. „Die jüngsten Produktionsrekorde bei Northvolt Ett zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber die Entscheidungen, die wir heute treffen, sind, so hart sie auch sein mögen, für die Zukunft von Northvolt erforderlich“, betont Carlsson.
Schon Anfang Juli hatte Northvolt eine Überprüfung seiner Expansionspläne angekündigt. Der Grund: Northvolt fertigt zwar in Skellefteå seit Ende 2022 Batteriezellen. Aber selbst nach anderthalb Jahren war der Produktionsausschuss zuletzt zu hoch, was nicht nur enorme Kosten verursacht, sondern auch die Produktionsmenge der auslieferungsfähigen Zellen weit unter dem Plan hält. Das hatte sogar schon zur Folge, dass Northvolt-Anteilseigner BMW im Sommer einen Milliarden-Auftrag storniert hat. Und: Auch die abflauende Nachfrage nach E-Autos trifft Northvolt natürlich indirekt.
Bereits Anfang des Monats nahm der schwedische Batteriezellhersteller zur Konsolidierung erste größere Kurskorrekturen im laufenden Geschäft vor. So pausiert die Produktion in einem neuen Kathodenmaterial-Werk in Skellefteå bis auf Weiteres (was mit für den hohen Jobbau in Skellefteå beitragen dürfte) und der Bau einer zweiten Kathodenfabrik im schwedischen Borlänge wird gänzlich abgeblasen. Der Standort soll verkauft werden. Darüber hinaus sucht Northvolt auch einen Investor für seine Fabrik für Batteriespeichersysteme im polnischen Danzig.
Zu Northvolts geplanten Zellfabriken in Deutschland und Kanada gibt es weiterhin keine Aussagen. Allerdings könnte der Ausbau der Fabriken in beiden Ländern später als geplant erfolgen, hieß es jüngst im „Handelsblatt“. Bekannt ist bereits, dass sich der Bau der kanadischen Batteriezellenfabrik nach Einschätzung der Provinzregierung von Quebec bis zu 18 Monate länger hinziehen könnte.
In Heide wird derzeit weiter gebaut
Mit Blick auf das Northvolt-Projekt in Heide/Schleswig-Holstein reichen die Spekulationen nach jüngsten Angaben der „Automobilwoche“ von einer Verschiebung des geplanten Werksbaus bis hin zu einem generellen Rückzug. Nach dem Verlust des BMW-Auftrags hatte Northvolt-CEO Peter Carlsson eingeräumt, dass man bei der internationalen Expansion zu aggressiv vorgegangen sei – und daher die Pläne für weitere Werke neu bewertet werden. Ein weiteres Update zur Strategie ist Northvolt zufolge für den Herbst geplant. Dann dürfte es auch offizielle Neuigkeiten zu Heide geben. Der Spatenstich war im März 2024 erfolgt. Die Inbetriebnahme soll nach dem letzten Stand 2028 erfolgen.
Northvolt ist unterdessen nicht der erste Batteriezellenhersteller, der seine Pläne anpasst. Im Juni gab das Joint Venture Automotive Cells Company (ACC) von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies bekannt, die Bauarbeiten an seinen Batteriezellenwerken in Kaiserslautern und im italienischen Termoli zu pausieren, um noch auf eine andere Zellchemie umzuschwenken. Ebenfalls im Frühsommer machte der chinesische Batteriespezialist SVOLT publik, sein im September 2022 angekündigtes Werk im brandenburgischen Lauchhammer nicht umzusetzen. Der Bau der SVOLT-Fabrik im Saarland verzögert sich parallel weiter.
Ein weiteres Beispiel ist Ford: Die Pläne für ein türkisches Batteriezellenwerk in Regie von LG Energy Solution und Koç – neben Ford Gesellschafter des Joint Ventures Ford Otosan – liegen schon länger auf Eis. Hintergrund ist ein vom Ford-Konzern eingeschlagener Sparkurs als Reaktion auf Milliarden-Verluste bei der Ford-Elektrosparte Model e und auf die sich abschwächende Nachfrage.
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