Verbände warnen: „Abbau der Batterieforschung hat begonnen“

Zum zweiten Mal in diesem Jahr streicht der Bund den Stichtag zum Einreichen neuer Vorschläge zur Batterieforschung. Und auch bei den deutschen Kompetenzclustern poltert es jetzt. Die Ampel schwingt den Rotstift in der Batterieforschung also wie befürchtet zunehmend flächendeckender.

Bild: CustomCells

Die neuen Einschnitte werden von mehreren Industrie- und Forschungsverbänden scharf kritisiert. Sie sind Symptome einer von der Ampel-Regierung jüngst bestätigten Ausschleichung der Fördermittel in weiten Teilen der Batterieforschung: Das Ministerium für Bildung und Forschung (BMFB) von Bettina Stark-Watzinger hatte electrive im September bestätigt, was Batterieforscher in Deutschland mit Blick auf den kommenden Haushalt schon befürchtet hatten: Ab 2025 werden voraussichtlich keine neuen Batterieforschungsprojekte mehr gefördert, sondern nur noch laufende Projekte ausfinanziert.

Vier Verbände skizzieren nun, wie sich dieses künftige Förder-Aus bereits jetzt manifestiert. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Verband Deutscher Maschinen – und Anlagenbau (VDMA), das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen Batterien (KLiB) und der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) berichten von einer massiven Verunsicherungen und einem bereits einsetzenden Abbau der Batterieforschung. Fakt ist: Das BMBF will aktuell keine neuen Forschungsvorhaben vorgelegt bekommen: Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr streicht das Ministerium den Stichtag zum Einreichen neuer Forschungsvorschläge. Projektskizzen zum entsprechenden BMBF-Programm („Forschung und Entwicklung an Batterietechnologien für technologisch souveräne, wettbewerbsfähige und nachhaltige Batteriewertschöpfungsketten“) können also gegenwärtig gar nicht eingereicht werden.

Parallel dazu werden den vier Verbänden zufolge Forschungseinrichtungen momentan darüber informiert, dass bereits ausgearbeitete Rahmenpläne für Kompetenzcluster unter anderem in der Produktions- und Materialforschung sowie die darauf eingereichten Skizzen neuer Forschungsvorhaben nicht mehr gefördert werden. Die Cluster gelten als Pfeiler des BMBF-Dachkonzepts zur Batterieforschung. Sie bauen auf vorhandenen Strukturen der deutschen Batterieforschungslandschaft auf, stellen Synergien her und bringen Wissenschaftler interdisziplinär zusammen, um an bestimmten Forschungsschwerpunkten zu arbeiten. Doch auch hier setzt nun der Rotstift an. Obwohl das Ministerium die Kompetenzcluster stets als „wichtige Grundelemente für andere BMBF-Batteriefördermaßnahmen“ bezeichnet, „die insgesamt mit den Maßnahmen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz – insbesondere den IPCEI-Projekten – das kaskadenartige Innovationssystem für Batterietechnologien in Deutschland darstellen“.

Als Sprachrohr der von den Förder-Streichungen betroffenen Unternehmen und Forschungseinrichtungen warnen die Verbände, dass das BMBF damit die Quelle der Forschungs- und Innovationspipeline verschließt, die in der industriellen Umsetzung, aber auch in der weiterhin geförderten „Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB)“ in Münster mündet. Dies sei umso unverständlicher, da andere globale Wirtschaftsregionen ihre F&E massiv in dieser Zukunftstechnologie verstärken.

Die Empörung der deutschen Batterieforscher – sie kondensierte bereits vor einigen Wochen in alarmierenden Statements, die das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen Batterien (KLiB) äußerte. Eine neue Dimension erhält der Protest nun durch den Schulterschluss mit den großen Industrieverbänden VCI, VDMA und ZVEI, die in Deutschland starken Rückhalt haben. Unisono fordern sie, dass die Bundesregierung „klare Signale sendet, die Batterieforschung fortzusetzen und sogar weiter auszubauen, um den Verunsicherungen und dem bereits erfolgenden Abbau der Batterieforschung zu begegnen“.

Das Ministerium prüft nach eigenen Bekunden aktuell in der Tat „weitere, pragmatische Möglichkeiten zur Stärkung der Batterieforschungsaktivitäten“ – so der O-Ton einer Sprecherin des Ministeriums im September. Bisher gibt es allerdings keine sichtbaren Aktivitäten. Wegen der ungewissen Zukunft könnten schon heute Arbeitsverträge nicht verlängert oder jungen Talenten keine Perspektive geboten werden, so die Kritiker. Und: „Damit beginnt jetzt der Abbau von Arbeitskreisen und dem Dachkonzept. Dies verschärft den Fachkräftemangel und es besteht Gefahr, dass Forschende mit hohem internationalem Ruf abwandern.“ Damit einhergehe bereits jetzt ein immenser Reputationsverlust des Forschungsstandortes Deutschland. In eigenen Worten der vier Verbände klingt das so:

  • Ulrike Zimmer, VCI-Bereichsleiterin Wissenschaft, Technik und Umwelt: „Das ist ein herber Schlag. Erneut werden Forschende auf diese Weise vor den Kopf gestoßen. Gerade die chemische Industrie ist eine zentrale Quelle neuer Materialien auch für die Batterietechnologie. Die Branche hat durch ihre Forschung wesentliche Fortschritte bei der Erhöhung der Energiedichte und der Performance von Batterien erzielt. Neue Batteriegenerationen stehen vor dem Durchbruch, der in Deutschland nun immer unwahrscheinlicher wird.“
  • Dr. Sarah Michaelis, Leiterin VDMA Batterieproduktion: „Ohne verlässliche Förderung und pragmatische Lösungen seitens des Ministeriums droht der massive Abbau von Forschungskapazitäten im Bereich Batterie. Arbeitsverträge laufen aus, Nachwuchstalente finden keine Perspektiven – wir riskieren damit den Fachkräftemangel zu verschärfen und uns Perspektiven für die Zukunft zu verbauen.“
  • Dr. Peter Lamp, Vorsitzender des KLiB-Vorstandes: „Während alle globalen Wirtschaftsstandorte in die Batterietechnologie investieren, kappt Deutschland die Batterieforschung. […]. Nur eine starke Batterieforschung ist der Garant für technologische Souveränität und Unabhängigkeit sowie für die Wettbewerbsfähigkeit aller am Ökosystem Batterien beteiligter und von allen Industrien, deren Produkte auf Batterien basieren.“
  • Gunther Kellermann, Geschäftsführer des ZVEI-Fachverbandes Batterien: „Diese Entscheidung des BMBF steht in jeder Hinsicht im starken Widerspruch zu den von der Bundesregierung formulierten Zielen und führt sie quasi ad absurdum. Wir müssen bei den Batterietechnologien weitere Fortschritte machen, sonst wird die Energie- und Mobilitätswende kaum gelingen. Dazu braucht es aber eine wettbewerbsfähige, einheimische Forschung, die wir mit angemessenen Mitteln ausstatten müssen. Andernfalls erzeugen wir neue Abhängigkeiten in einer der wichtigsten Zukunftstechnologie.“

 zvei.org

14 Kommentare

zu „Verbände warnen: „Abbau der Batterieforschung hat begonnen““
Musicman
04.10.2024 um 14:39
#Deutschland schafft sich ab Evtl. gehören wir bald zu den Billiglohnländern wo man dann wieder produzieren wird wenn man schon nichts mehr entwickelt und forscht. Vorsicht Sarkasmus.
Axel
05.10.2024 um 23:04
Bitte bei Hr Lindner bedanken!
Prof. Hans-Jürgen Pfisterer
07.10.2024 um 07:15
Ich musste gerade 18 Forscher/innen entlassen die seit 10-15 Jahren im Bereich E-Mobilität forschen. Wir waren die ersten die bi-direktionales Laden (2012 CCS) ermöglicht haben und waren vor allem im Bereich der elektrischen Antriebstechnik und Ladetechnologie stark. Wir haben in den letzten 15 Jahren aus 36 Forschungsprojekten 226 Industrieprojekte mit den jeweiligen Innovationen/Produkte entwickelt. Die ganze Anstrengung die entsprechenden Kompetenzen der Mitarbeiter/innen aufzubauen über 15 Jahre zerstört. Besten Dank an die CDU/CSU die diesen beispiellosen Kahlschlag der Forschung und Entwicklung in Deutschland initiiert haben und die FDP die aus parteipolitischen Gründen eine alternative Finanzierung nicht mehr ermöglicht haben.
Alexander
07.10.2024 um 10:20
Ich würde gerne verstehen, inwiefern CDU/CSU diesen Kahlschlag verantworten bzw. Ursache des Problems sind. Im Artikel konnte ich nichts dazu finden. Können Sie hierzu einen Artikel/Informationen empfehlen?
Christian
07.10.2024 um 15:49
Hintergrund ist die Klage der Union beim Bundesverfassungsgericht. Ja die Klage war berechtigt, aber trotzdem hat Deutschland durch die fehlenden Gelder einen Schaden dadurch. Genau solche Dinge wie Akkuforschung wird aus dem Klima- und Transformationsfond bezahlt und dem fehlt nun das Geld.Auch die Union hätte sich die Frage stellen sollen, was schlimmer für Deutschland ist: Die Umwidmung der Coronaschulden, oder die fehlenden Gelder im Klima- und Transformationsfond?Und die FDP verhindert durch eine strickte Schuldenbremse neue Gelder.
Markus
08.10.2024 um 10:43
Am Ende angelastet wird es von den Wählerinnen und Wählern am Ende dann natürlich Rot/Grün und somit das nächste Mal die Verursacher wieder dran. Rein parteipolitisch alles richtig gemacht, für den Standort natürlich katastrophal. Land über Partei wird aktuell in den USA ausgerufen, sollten sich hier einige auch mal überlegen.
Peter
07.10.2024 um 10:11
Das ist die grüne Wirtschaftspolitik: Industrie und Forschung zerschlagen und damit CO2 Emissionen reduzieren. Und ja, es funktioniert.
Robert
08.10.2024 um 11:17
Wie kommen Sie denn auf diesen Unsinn ? Lesen Sie mal die Antwort von Christian 07.10.2024 um 15:49 nach, da steht der wahre Grund.
Lüder Fritz
08.10.2024 um 12:47
Ach so, ein verfassungsgemäßer Haushalt ist Unsinn. Da muss man auch erstmal drauf kommen. Mit der richtigen Ideologie aber offensichtlich kein Problem. Aber wenn man der Union schon an die Karre pinkeln möchte, ist es doch problemlos fundiert möglich, wenn man sich das Desaster, das eineinhalb Jahrzehnte Merkel Demokratur hinterlassen haben, ansieht . Und die Nachwirkungen spürt auch die Ampel, verstärkt durch den Einsatz der eigenen Kreuzritter vom Orden der Dekarbonisierer. Schauen wir mal, was Olaf uns so hinterlässt...
Gregor
07.10.2024 um 11:10
sagen wir mal gelbe Wirtschaftspolitik und dann passt das. FDP Jucheeee..
Hoppe 63
08.10.2024 um 07:04
Es steht und fällt mit den aktuellen Zellpreisen die aus China zu uns herüber schwappen ( minus 40%im letzten Jahr...) Danach ist klar, daß sich in der westlichen Welt eine Produktion niemals lohnen wird, ergo macht auch F&E keinen Sinn mehr
Martin Seiler
08.10.2024 um 11:08
Gar nichts steht und fällt mit den Zellpreisen aus China. Diese Diskussion hatten wir bereits unter Merkel und sie wurde überwunden mit der Feststellung, dass Batterien strategische Schlüsseltechnologie sind und man sich nicht erpressbar machen darf. Scholz fällt weit hinter diesen Horizont zurück. Was wir erleben ist Gesellschaftszerstörung.
Markus
08.10.2024 um 10:45
Wenn man danach geht rentiert sich hier so gut wie gar keine Produktion. Wenn das Land richtig runter gewirtschaftet wird lohnt es sich somit wieder wenn man nach der Logik geht. Kann aber auch nicht das Ziel sein oder?
H.Ebel
08.10.2024 um 09:03
Nicht umsonst kommen im Fernsehen diverse Serien über Überlebensstrategien. Mit überleben in der "Wildnis ohne Industrie" sollten wir uns langsam beschäftigen, wenn das so weiter geht. Schlimm, schlimm...

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