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Dr. Frederik Zohm, CTO von MAN Truck & Bus, über die Elektrifizierung des Güterverkehrs

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Mit Dr. Frederik Zohm, CTO von MAN Truck & Bus, haben wir auf der IAA Transportation über die Fortschritte bei elektrischen Lkw gesprochen. Auch wenn MAN mittlerweile alle Größenklassen elektrifiziert anbietet: Eine Herausforderung sieht Zohm noch in der Ladeinfrastruktur und treibt deshalb das Megawatt-Laden (MCS) voran.

Weiter geht’s mit unseren Interviews von der IAA Transportation in Hannover: Nach Dr. Andreas Gorbach, CTO der Daimler Truck AG, kommt nun MAN-Entwicklungsvorstand Dr. Frederik Zohm zu Gast. Er sieht die IAA Transportation als „Fest für die Kunden, weil wirklich alle Hersteller in der Breite da sind und wir als MAN heute zeigen, was im Straßengüterverkehr mit batterieelektrischen Antrieben möglich ist.“ Gefragt von unserem Chefredakteur Peter Schwierz, wo MAN auf dem Pfad der Transformation zur Elektromobilität steht, sagt Zohm, dass gerade ein neuer 4×2-Truck in Serie gegangen sei: „Erste Kundenauslieferungen beginnen jetzt im Oktober und dann geht das im nächsten Jahr richtig los.“ MAN könne aber nicht nur 4×2-Anwendungen bedienen, sondern einen breiten Baukasten, so Zohm weiter.

E-Trucks für die Langstrecke

Und mit diesen Trucks sei die Langstrecke elektrisch möglich: „Mit 480 Kilowattstunden nutzbarer Batteriekapazität kommen unsere Kunden je nach Anwendungsfall auf 200 bis 300 Kilometer, mit einer Nachladung sogar auf 400 bis 600 Kilometer,“ erklärt Zohm. Obwohl dies nicht für jede Strecke ausreiche, sei es dennoch für einen Großteil der Kunden eine attraktive Lösung. 

MAN hat sich zudem das Ziel gesetzt, Kunden einen modularen Baukasten anzubieten, der Fahrzeuge in allen Größenklassen umfasst. Besonders hervorzuheben ist die Weltpremiere des elektrischen 7,5-Tonners TGL, der neue Maßstäbe für kleinere Nutzfahrzeuge setzt.

Die größten Herausforderungen auf dem Weg zur Elektrifizierung

Die Umstellung auf Elektromobilität stellt MAN und die gesamte Branche vor zahlreiche Herausforderungen. „Das Gesamtpackage war die größte Herausforderung,“ so Zohm. MAN profitierte zwar von seinen frühen Erfahrungen mit Hybrid- und Stadtbussen, dennoch war die Elektrifizierung der Lkw-Anwendungen deutlich komplexer. „Was wir versucht haben, war, dass wir in unserem bestehenden Layout bleiben können, sodass wir auch in unserer Produktion optimiert batterieelektrische Fahrzeuge aufbauen können“, sagt der MAN-Vorstand.

Ein wichtige Herausforderung für den Erfolg von E-Lkw sieht Frederik Zohm in der Ladeinfrastruktur und dabei speziell auch in der Ladegeschwindigkeit: „Es ist gut mit CCS, aber unsere Kunden erwarten MCS und wir sind dran.“ Mit MCS gemeint ist das sogenannte Megawatt-Laden, also Ladegeschwindigkeiten von einem Megawatt und mehr. Ein entsprechender Ladestandard wird gerade geschaffen – und zum Beispiel der Lkw-Ladeservice Milence, an dem MAN indirekt über seine Muttergesellschaft Traton Group beteiligt ist, will zeitnah erste MCS-Lademöglichkeiten schaffen. Zohm ist daher auch davon überzeugt, dass man auf der nächsten IAA Transportation in zwei Jahren gar nicht mehr darüber reden werde, denn die MCS-Lader sollen bereits in den nächsten Monaten verfügbar sein.

Unabhängigkeit gewinnen

Angesprochen darauf, ob sich Kunden heute ohne die eingestellte E-Lkw-Förderung des Bundes die elektrischen Trucks überhaupt noch leisten können, macht Zohm eine andere Rechnung auf: „Ein Drittel der Kosten für unsere Kunden sind heute Kosten für Diesel. Und da hat der E-Truck ein paar Vorteile. Der eine ist zum Beispiel die Rekuperation, die immens ist. Wir reden da von 20 bis 30 Prozent, vielleicht sogar je nach Anwendungsfall 50 Prozent Rekuperation. Zweitens, der Spediteur kann selbst aktiv werden, weil man über Photovoltaik, über Wind oder andere Möglichkeiten sich selbst auch einen großen Kostenblock erschließen kann. Mit dem batterieelektrischen Fahrzeug kann man so eigene Unabhängigkeit gewinnen.“

Gefragt nach politischen Rahmenbedingungen, die sich Zohm wünscht, antwortet er: „Unsere Kunden brauchen Konstanz im politischen Szenario, damit sich ihre Berechnungen rentieren,“ erklärt Zohm. Der Wandel hin zu batterieelektrischen Fahrzeugen erfordert langfristige Planungssicherheit, da die Investitionen in Nutzfahrzeuge auf Zeiträume von vier bis zehn Jahren angelegt sind. Zohm nennt drei zentrale Punkte, um die Elektromobilität im Truck-Sektor voranzubringen: Planbare Rahmenbedingungen, Unterstützung beim Ausbau der Ladeinfrastruktur und klare politische Ziele, die den Fokus auf emissionsfreie Technologien legen.

Mehr im Video

Was Dr. Frederik Zohm zur Diskussion um den Wettstreit der Batteriechemien NMC und LFP sagt und wieso er Wasserstoff-Verbrennern in Einsatzszenarien über 40 Tonnen eine Chance einräumt, das erfahren Sie oben in unserem Videointerview.

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