KIT eröffnet weltweit erste „agile“ Batteriezellfertigung

Eine neue Anlage am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) kann Batteriezellen so flexibel bauen, wie es bisher nur mit manueller Fertigung möglich war. Die Initiative geht auf das Forschungsprojekt AgiloBat zurück – und bindet neben Wissenschaftlern auch mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer ein.

kit batteriezellfertigung exyte 2024
Bild: Amadeus Bramsiepe, KIT

Das Karlsruher Institut für Technologie gibt bekannt, dass auf seinem Gelände nun die „weltweit erste agile Batteriezellfertigung“ betriebsbereit ist. Bei der Anlage handelt es sich um ein roboterbasiertes, modulares Produktionssystem, das es künftig ermöglichen soll, kundenindividuelle Batteriezellen in der geforderten Stückzahl zu produzieren. Kern der Lösung sind von Forschenden des KIT gemeinsam mit der Firma Exyte konzipierte Roboterzellen. Mit im Boot waren beim Aufbau zudem weitere Wissenschaftler des Forschungsprojekts AgiloBat und mehrere Maschinenbaufirmen.

Die Idee hinter der Anlage ist es, trotz Automatisierung bei der Zellfertigung flexibel zu bleiben – oder andersherum: Trotz eines hohen Flexibilitätsbedarfs automatisch produzieren zu können. Dadurch sollen Unternehmen in die Lage versetzt werden, sich schneller an neue Technologien und volatile Märkte anzupassen. Das KIT gibt an, dass auf diese Weise die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland als Industriestandort gestärkt werde. Vor diesem Hintergrund haben Bund und Land den Aufbau mit insgesamt knapp 19 Millionen Euro bezuschusst.

Keine Alternative ist die neue Anlage explizit zur kostengetriebenen Massenfertigung, die aktuell durch Player in Asien und Nordamerika gedeckt wird. „Wir haben in Deutschland nicht die Voraussetzungen, um in der rein kostengetriebenen Massenfertigung von Zellen und dem dazugehörigen Maschinenbau wettbewerbsfähig zu sein“, sagt Professor Jürgen Fleischer, Leiter des wbk Institut für Produktionstechnik am KIT. „Die Eröffnung der weltweit ersten agilen Batteriezellfertigung in der Karlsruher Forschungsfabrik zeigt, wie wir uns mit einer hochflexiblen und ressourceneffizienten Produktion vom Weltmarkt differenzieren und gezielt das margenstarke Premiumsegment und Nischenmärkte adressieren können.“

Kern dieses Ansatzes sind spezielle Roboterzellen, die laut Fleischer als lokale Trockenräume („auch Microenvironments genannt“) zum Schutz der feuchtigkeitsempfindlichen Batteriematerialien dienen. Im Vergleich zu konventionellen Trockenräumen sei das zu entfeuchtende Raumvolumen deutlich kleiner. Daher biete diese Technologie ein besonders hohes Energieeinsparpotenzial, teilen die Initiatoren mit. Vier solcher Microenvironments stellen mit ihren zugehörigen Prozessmodulen den physischen Aufbau der agilen Batteriezellfertigung in der Karlsruher Forschungsfabrik des wbk dar.

Darüber hinaus bauten die Projektbeteiligten einen „digitalen Zwilling“, also ein virtuelles Abbild des Produktionssystems. So können die Wissenschaftler „softwarebasiert Skaleneffekte durch die Vervielfachung einzelner Microenvironments untersuchen und produktionstechnische Größen wie etwa die optimale Losgröße ermitteln“, wie es heißt. Diese Simulation lässt sich auch für die Produktionsplanung der agilen Batteriezellfertigung nutzen: Die reale Anlage ist an eine Datenbank angebunden, um zukünftig alle Prozesse KI-basiert anpassen und verbessern zu können. 

Von der Idee bis zur Umsetzung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungsprojekt AgiloBat eng mit Maschinen- und Anlagenbauern zusammengearbeitet. Dadurch sollen die beteiligten Unternehmen künftig Batteriezellen „variantenflexibel, ressourceneffizient und automatisiert fertigen sowie neue Materialsysteme durch industrienahe Fertigung mit kleinen Materialmengen erproben“ können.

Die entwickelte Infrastruktur ergänzt die seit 2011 am KIT aufgebaute Forschungsinfrastruktur im Bereich der Batteriezellfertigung. Neben sieben Instituten des KIT brachte das Projekt AgiloBat auch Forschende des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg und des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie zusammen. Aus dem Maschinen- und Anlagenbau machten die Coperion GmbH, Saueressig Group, Schunk Group, Herrmann Ultraschalltechnik GmbH & Co. KG, Siemens AG, DEHOF ingenieur+technik und die Exyte Technology GmbH mit.

Exyte ist übrigens schon gut im Geschäft. Der Stuttgarter Anlagenbauer hatte 2023 von Volkswagen den Auftrag erhalten, den Trockenraum für die erste Batteriezellen-Gigafabrik des Konzerns in Salzgitter zu errichten.

kit.edu

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