Nissan kündigt bidirektionalen Onboard-Charger für 2026 an
Beim bidirektionalen Laden stand bisher technisch immer eine Frage im Raum: AC oder DC? Eine Wechselstrom-Lösung hat den Vorteil, dass das E-Auto Strom direkt an das Netz abgeben könnte, ohne einen externen Wechselrichter. Wird das bidirektional ladende Fahrzeug aber eher im Eigenheim eingesetzt, wäre eine Gleichstrom-Lösung besser: Die Fahrzeug-Batterie, der Heimspeicher und die PV-Anlage auf dem Dach arbeiten alle mit Gleichstrom. Nur für den Transfer auf Wechselstrom zu gehen, würde unnötige Wandlungsvorgänge samt Verlusten bedeuten. Andererseits wäre eine bidirektionale DC-Lösung auf einen externen Wechselrichter angewiesen, wenn der Strom aus der Fahrzeugbatterie auch von anderen Verbrauchern im Haus oder dem Netz genutzt werden soll. Da Nissan aber ausdrücklich auf einen Vehicle-to-Grid-Einsatz (V2G) abzielt, liegt der Fokus auf Wechselstrom nahe.
Wie die Japaner ankündigen, hat man nun als erste Automarke die nötige Netz-Zertifizierung in Großbritannien erhalten und will dort ab 2026 eine entsprechende Lösung in seinen Fahrzeugen anbieten. Eine Ausweitung auf weitere Märkte in Europa ist geplant. „Unter dem Namen ‚Nissan Energy‘ will das Unternehmen die V2G-Technologie in ganz Europa und weiteren Märkten einführen. Je nach lokaler Infrastruktur und gesetzlichen Vorgaben sollen Kundinnen und Kunden hierfür V2G-Lösungen auf Wechsel- (AC) oder Gleichstrom-Basis (DC) angeboten werden“, heißt es in der Mitteilung. Wie genau die DC-Lösung aussieht, gibt Nissan aber nicht an.
In Großbritannien handelt es sich um eine AC-Lösung: Dort hat Nissan nach einer einjährigen Erprobung in Nottingham die vom TÜV Rheinland vergebene „G99 Grid Code“-Zertifizierung erhalten, die für die Stromeinspeisung ins öffentliche Netz Großbritanniens erforderlich ist. Details zu dem neuen Onboard-Charger oder den Services, die Nissan rund um das bidirektionale Laden in Großbritannien, sind aber noch nicht bekannt. Es heißt nur allgemein, dass sich das Projekt „auf die umfassende Erfahrung von Nissan“ stütze – die Japaner haben in den vergangenen zehn Jahren rund 40 V2G-Projekte durchgeführt, auch in Deutschland.
Klar ist: Die im Fahrzeug verbaute Onboard-Lösung senkt die Einstiegskosten. Konkret strebt das Unternehmen „einen Preis auf dem Niveau heutiger monodirektionaler Ladegeräte“ an. So will Nissan die Einstiegshürde senken, V2G zu nutzen und die Technologie für mehr Menschen zugänglicher machen. Aber: Das System funktioniert derzeit nur in Kombination mit einer speziellen Wallbox, die von Enovates entwickelt wurde. „Die Wallbox fungiert als Knotenpunkt des Systems: Sie sendet und empfängt Informationen über den Energiebedarf und das Energieangebot aus der Dreev-Cloud und weist das E-Auto an, zu laden oder Energie an das Haus bzw. öffentliche Netz abzugeben“, schreibt Nissan. Was diese Wallbox kostet, wird nicht erwähnt.
Mit dem Einsatz der integrierten bidirektionalen V2G-Technologie von Nissan können Kundinnen und Kunden ihre jährlichen Stromkosten, die mit einem Elektroauto anfallen, bis zu fünfzig Prozent senken – bei dieser Sage beruft sich Nissan auf eine Simulation auf der Grundlage einer typischen Stromrechnung britischer Kundinnen und Kunden von Kooperationspartner EDF Dreev. Auch die Netto-CO2-Emissionen, die durch das Aufladen in einem durchschnittlichen Haushalt in Großbritannien entstehen, sollen sich bis zu dreißig Prozent pro Jahr und Elektrofahrzeug verringern lassen.
„Nissan ist stolz darauf, die Technologie zum Nutzen der Gesellschaft zu demokratisieren“, sagt Hugues Desmarchelier, Nissan Vice President Global Electrification Ecosystem & EV Programs. „Eine On-Board-Lösung für das wechselseitige Aufladen wird die Kosten für die Integration eines Elektroautos in die Energieversorgung erheblich senken und die Möglichkeit bieten, das Fahrzeug über seinen Lebenszyklus hinweg als Einnahmequelle zu nutzen.“
Das V2G-Pilotprojekt in Großbritannien wurde zum Teil vom „Advanced Propulsion Centre“ (APC) der britischen Regierung finanziert. Zudem hat Nissan mit verschiedenen Partnern zusammengearbeitet, etwa Dreev und Enovates. Dreev, ein Joint Venture zwischen EDF und NUVVEF, war für die Datenerfassung, die Erstellung von Kundenprofilen und die Festlegung eines Lade- bzw. Entladeplans verantwortlich, der auf der Analyse der Wallbox-Daten beruhte. Enovates, ein in Belgien ansässiges Unternehmen für Mobilitätstechnologie, entwickelte die Wallbox und das Electric Vehicle Supply Equipment (EVSE) inklusive entsprechendem Aufbau und Testzertifizierung.
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