Tesla kopiert den VW XL1: Cybercab soll 2026 starten
Das Event auf dem Gelände eines Filmstudios begann mit fast einer Stunde Verspätung, angeblich aufgrund eines medizinischen Notfalls im Publikum. Als sich Elon Musk dann in einem fahrerlosen Cybercab ohne Lenkrad vorfahren ließ, war das Erstaunen groß – vor allem aufgrund der Optik des Fahrzeugs. Denn auf dem Privatgelände war keine Genehmigung für die Fahrt in einem Auto ohne Lenkrad nötig. Da das Filmstudio einer realen Umgebung nachempfunden ist, konnte Musk dennoch die Leistungsfähigkeit des autonomen Fahrsystems demonstrieren.
Bei dem Cybercab handelt es sich um ein aerodynamisch geformtes Coupé mit Flügeltüren – Kritiker sehen eine gewisse Ähnlichkeit zum VW XL1, und tatsächlich zeigt das Cybercab: Die Grundregeln der Aerodynamik sind für alle gleich. Wenn ein Auto aerodynamisch sein soll, führt an dieser Grundform kein Weg vorbei. Mit der Edelstahl-Karosserie (hier mit goldenem Touch) und durchgängigem Leuchtenband an der Front werden Erinnerungen an den Cybertruck wach, wenn auch – aus aerodynamischen Gründen – nicht so kantig wie der Pickup.
Zur Plattform und Antriebstechnik des Cybercabs schweigt Tesla zur Premiere noch – auch auf der Tesla-Website gibt es derzeit keine ausführlichen Informationen. Dafür kündigt Musk an, dass auch Privatkunden das selbstfahrende Auto für unter 30.000 Dollar kaufen können sollen – eine Preisgrenze, an der viele Autobauer mit deutlich konventionelleren E-Autos scheitern. Auch der günstigste Tesla kostet in den USA derzeit über 40.000 Dollar, nachdem das Model 3 mit dem kleinen LFP-Akku (aufgrund der Zölle auf die aus China importierte Batterie) vom Markt genommen wurde.
Anders als beim Model 3 handelt es sich beim Cybercab nur um einen Zweisitzer – die Flügeltüren geben den Zugang zu einem recht kleinen Innenraum frei, hinter den beiden Sitzen gibt es eine massive Trennwand. Daher hat Tesla auch auf eine Rückscheibe verzichtet. Unter der goldenen Abdeckung ist dennoch ein erstaunlich großer Kofferraum verbaut.
Mit der Produktion will Tesla 2026 beginnen – zumindest laut Musk. Er räumte aber auch ein, dass er dazu neige, „zu optimistisch bei Zeitplänen zu sein“. Ob das Modell also wirklich in zwei Jahren auf dem Markt ist, bleibt abzuwarten. Um das wohl krasseste Beispiel heranzuziehen: Die zweite Generation des Tesla Roadsters hatte Musk im November 2017 gezeigt und die Produktion für 2020 angekündigt – das Fahrzeug ist aber bis heute nicht erhältlich.
Autonomes Fahren nur mit Kameras
Bis zur tatsächlichen Premiere des Cybercabs (Musk hat auch die Jahreszahl 2027 erwähnt) will Tesla das autonome Fahrsystem im Model 3 und Model Y weiterentwickeln. Das Model 3 und das Model Y sollen voraussichtlich bis Ende nächsten Jahres in Kalifornien und Texas autonom fahren können, abhängig von den behördlichen Genehmigungen – danach sollen auch der Cybertruck, das Model S und Model X folgen. Das Cybercab scheint also ein vergleichbares System zu nutzen – also rein Kamera-basiert. Teure Lidar-Sensoren hat Elon Musk in der Vergangenheit mehrfach abgelehnt und scheint auch beim Cybercab dabei zu bleiben.
Die Cybercabs sollen zudem besonders günstig im Betrieb sein, verspricht Tesla. Musk sprach bei der Veranstaltung davon, dass das Cybercab rund 20 Cent pro Meile kosten würde, eine durchschnittliche Busfahrt in den USA hingegen rund einen Dollar pro Meile – also fünfmal so viel. Überprüfen lässt sich das derzeit natürlich nicht.
Neben dem Pkw-artigen Cybercab hat Tesla auch den Robovan präsentiert – eine äußerst futuristisch gestaltete Interpretation eines mittelgroßen E-Busses. Im Zentrum des „We, Robot“-Event“ stand klar die Präsentation des Cybercabs als lange angekündigtes Robotaxi von Tesla. Zwar hat Musk schon in einem seiner Masterpläne über autonom fahrende Busse und Shuttles geschrieben, ein Tesla-Bus ist seitdem aber in den Hintergrund geraten. Auch „InsideEVs“ schreibt, dass es sich beim Robovan um „eine überraschende Last-Minute-Ergänzung“ handle.
Für die „Last-Minute-Ergänzung“ spricht auch, dass es derzeit keinerlei Daten zum Antrieb, autonomen Fahrsystem und Erscheinungsdatum gibt, auch zum Preis schweigt Tesla bisher. Autonom fahrende Kleinbus-Studien, die mal als Großraum-Taxi, Gütertransporter oder mit austauschbaren Modulen auch für weitere Zwecke genutzt werden können, gab es in der Vergangenheit bereits zuhauf. Auch Tesla zeigt in Renderings neben dem Personentransporter auch eine Art Food-Truck als rollendes Diner, Camping-Mobil, ein Flughafen-Shuttle, einen Schulbus, einen Werkstattwagen (der in Kombination mit dem humanoiden Roboter Optimus etwa auch Reifen nach einer Panne wechseln kann) und ein barrierefreies Taxi mit Rollstuhlrampe.
Blicken wir also auf die bekannten Fakten: Ohne Fahrer, der eine klare Sicht nach vorne benötigt, hat der Robovan keine Frontscheibe mehr. Sein Äußeres wird durch goldene Elemente und gläserne Flächen an den Seiten dominiert. Die Räder liegen innen unter der goldenen Verkleidung. Daher wirkt der Robovan wie ein Zug, der wenige Zentimeter über der Fahrbahn schwebt. Die seitlich angebrachten Glas-Schiebetüren geben den Weg in den Innenraum frei – oder an den Verkaufsstand des Foodtrucks.
Auch wenn das Premierendatum noch nicht bekannt ist, gibt Musk an, dass das Fahrzeug kommen und auch so aussehen wird. „Eines der Dinge, die wir tun wollen, und das haben Sie beim Cybertruck gesehen, ist, dass wir das Aussehen der Straßen verändern wollen“, sagte Musk über den Robovan. „Die Zukunft soll wie die Zukunft aussehen.“
Was bei der Doppel-Premiere schon fast mehr überrascht als das Design der neuen Teslas, ist die massive Kritik, die in US-Medien unmittelbar nach dem Event laut wird. „InsideEVs“ betont, dass Tesla nicht nur den angekündigten Marktstart, sondern auch die versprochenen Basispreise oft nicht einhält: „Der Cybertruck sollte weniger als 50.000 US-Dollar kosten, beginnt jetzt aber bei 80.000 US-Dollar.“
Auch bei „Electrek“ wird kritisiert, dass seit vielen Jahren versprochen werde, dass das autonome Fahren bei Tesla kommt. „Die einzigen verfügbaren Daten zeigen, dass Tesla die Meilen zwischen den Abschaltungen um etwa das 500- bis 100-fache verbessern muss, bevor dies Wirklichkeit werden kann, und in diesem Jahr war bisher nur eine Verbesserung um das etwa Zweifache möglich“, heißt es dort.
Schon fast bekannt ist die Kritik zahlreicher Experten, sich beim autonomen Fahren rein auf Kameras zu verlassen. Waymo nutzt zusätzlich auch Radar- und Lidar-Systeme, kann aber heute bereits 100.000 autonome Fahrten pro Woche in vier US-Städten verzeichnen.
Ein User bei „Electrek“ stört sich daran, dass das Cybercab nur zwei Sitze (und dafür einen großen Kofferraum) hat: „Konnten sie nicht mindestens 4 Sitze einbauen? Das Fahrzeug nimmt auf der Straße so viel Platz ein wie ein normales Auto, und es hat nur zwei Sitze … das scheint mir ein massiver Fehlschlag zu sein.“
insideevs.com, electrek.co (beide Cybercab), insideevs.com, electrek.co, theverge.com (alle drei Robovan)
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