Bund verzichtet auf Markttransparenzstelle für Ladestrom

Das Bundeskartellamt hat jüngst Vorsicht bei staatlichen Initiativen zur Preistransparenz im Lademarkt angemahnt. Von einer Markttransparenzstelle für Ladestrom will das Amt also nichts wissen. Offenbar zum Verdruss der Monopolkommission der Regierung. Das Tauziehen ist nun vorerst entschieden.

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Seit 2013 gibt es eine beim Bundeskartellamt angesiedelte Markttransparenzstelle für Benzin und Diesel. Über die dort gebündelten und von Tank-Apps verbreiteten Daten erhalten Verbraucher Infos zu den aktuellen Marktpreisen. Wie „Tagesspiegel Background Mobility“ berichtet, wird es solch eine Stelle analog für Ladestrom nicht geben – zumindest nicht beim Kartellamt. Die Bundesregierung belässt es dem Bericht zufolge bei einer Datensammlung über die sogenannte Mobilithek. Die Monopolkommission der Regierung soll diese Entscheidung jedoch für falsch halten.

Zur Einordnung: Das Bundeskartellamt hat in einer mehrjährigen Sektoruntersuchung fehlenden Wettbewerb im Ladestrommarkt festgestellt. Die Resultate und daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen präsentierte die Behörde Anfang des Monats. In dem Report äußerten sich die Wettbewerbshüter auch zum oft vernehmbaren Ruf nach mehr Preistransparenz an der Ladesäule. Das Amt tritt jedoch nicht etwa für staatliche Preistransparenz-Initiativen ein, sondern warnt davor. Warum? Die gestiegene Transparenz käme laut dem Bundeskartellamt nicht nur den Kunden, sondern unweigerlich auch den Anbietern zugute. Dies könnte einem koordinierten Preissetzungsverhalten Vorschub leisten und den Preiswettbewerb damit schwächen.

Genau diese Argumentation ist laut „Tagesspiegel Background Mobility“ umstritten. Das Bundeswirtschaftsministerium trägt zwar den Verzicht auf eine Markttransparenzstelle mit und hat das Tauziehen nun auch in diese Richtung entschieden, hätte der Stelle aber positive Effekte abgewinnen können (Erhöhung der Preistransparenz für die Verbraucher; Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit; Wettbewerb bei den Ad-hoc-Tarifen). Noch klarer positioniert sich laut der Tagesspiegel-Recherche die Monopolkommission, das wichtigste Beratungsgremium der Bundesregierung in Wettbewerbsfragen. Diese soll die Entscheidung gegen eine Markttransparenzstelle für falsch halten und verweist dazu unter anderem auf die steigende Anzahl wissenschaftlicher Studien, die sich für Transparenz aussprechen. Die kollidieren Sichtweisen gibt es wohl schon länger: Bereits bei der Einführung einer solchen Stelle für Benzin und Diesel im Jahr 2013 soll sich das Kartellamt im Vorfeld gesträubt haben.

Die aktuell verfolgte Alternative zur Markttransparenzstelle ist eine Datensammlung per Mobilithek des Bundesverkehrsministeriums – was auch AFIR-konform ist. Ob darüber hinaus „ein gesonderter Bedarf für eine staatliche Markttransparenzstelle besteht“, will der Bund prüfen, sobald es „belastbare und aussagekräftige Erkenntnisse“ aus der Datensammlung gibt. So der in dem Bericht genannte O-Ton aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Das klingt nach Kompromiss, aber auch etwas nach Vakuum, in das privatwirtschaftliche Datensammler vorstoßen könnten. Laut „Tagesspiegel Background Mobility“ verkauften Unternehmen wie beispielsweise Charging Radar bereits heute Preisdaten für viel Geld.

Eine Folge der fehlenden Transparenz ist derweil, dass sich der Ad-hoc-Lademarkt nicht richtig entfaltet, denn E-Auto-Fahrer vermeiden das spontane Laden aus der Furcht heraus, übermäßig viel zahlen zu müssen. Befürworter einer Markttransparenzstelle argumentieren vor diesem Hintergrund, dass sich ein Wettbewerb um Ad-hoc-Lader nur entwickeln könnte, wenn die Nutzer die Preise vergleichen können.

background.tagesspiegel.de (Paywall)

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